Das am 11. Juni 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossene „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, LkSG) gehört zu den in der Zivilgesellschaft am stärksten diskutierte Gesetzesvorhaben dieser Legislatur.
Sein Ziel ist es, Menschenrechte und Umwelt in der globalen Wirtschaft besser zu schützen.
Angesichts der Bedeutung dieses Gesetzes habe ich zusammen mit Dr. Bärbel Kofler, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, und den Referent:innen Steffen Vogel, Referent für zukunftsfähiges Wirtschaften in globalen Lieferketten bei Germanwatch und mit Lisi Maier, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, am 30. Juli 2021 dazu eine digitale Fraktion vor Ort-Veranstaltung durchgeführt.
Die Videokonferenz wurde aufgezeichnet und steht für Sie jederzeit auf dem YouTube- Kanal, Mechthild Rawert, MdB, unter: lieferketten.mechthild-rawert.de bereit. Für Schnellleser*innen gibt es auch eine schriftliche Zusammenfassung.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
Das Gesetz ist deswegen so bedeutungsvoll, weil es um Menschen- und Frauenrechte weltweit geht. Es ist ein Meilenstein, auch wenn wir Sozialdemokrat:innen – stellvertretend für Gewerkschaften, Initiativen, verantwortungsbewussten Unternehmern, Kirchen, Wohlfahrts- und Sozialverbänden, Menschenrechts-, Umwelt-, Frauen- und Entwicklungsorganisationen, Betriebsräten und nicht zuletzt den vielen engagierten Bürger:innen – zahlreiche Kompromisse eingehen mussten – ansonsten wäre es am Widerstand von Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gescheitert.
Worum geht es?
Das zum 01. 01.2023 in Kraft tretende LkSG verpflichtet deutsche Unternehmen (ab 2023: ab 3.000 und ab 2024: ab 1.000 Mitarbeiter:innen) dafür einzustehen, dass es in ihrer gesamten Lieferkette von der Gewinnung der Rohstoffe über die Herstellung und Verarbeitung bis zur Lieferung des Produktes an die Endkund:innen nicht zu Menschenrechtsverletzungen und nicht zu Umweltschäden bei der Herstellung ihrer Produkte kommt.
Worauf geht die Verpflichtung der Unternehmer zur Sorgfalt zurück?
Schon 2011 formulierten die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (VNLP). Damit wurden weltweit anerkannte internationale Standards der Unternehmensverantwortung für die Menschenrechte festgelegt (Schutz, Achtung, Abhilfe). Die Bundesregierung hat 2016 unter Bezugnahme auf die VNLP einen Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet.
Wie dringend notwendig es ist, Unternehmen in Deutschland, aber auch EU- und weltweit in die Pflicht und Verantwortung zu nehmen, zeigen beispielhaft nur wenige Zahlen:
- 152 Mio. Kinder - fast jedes 10. Kind - müssen weltweit Kinderarbeit leisten
- 40 Mio. Menschen leben derzeit weltweit in modernen Formen von Sklaverei
- davon 25 Mio. Menschen in Zwangsarbeit
- rund 71 % der Versklavten sind weiblich
- 80% des weltweiten Handels läuft in Lieferketten-Netzwerken transnationaler Unternehmen
Da erwiesen ist, dass sich bisher allenfalls 17% der Unternehmen freiwillig um Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards bemühen, musste eine gesetzliche Regelung geschaffen werden.
Kernelemente im LkSG
Dr. Bärbel Kofler betonte in ihren Ausführungen als erstes, dass ihr das Gesetz eine Herzensangelegenheit sie. Noch heute ist sie schockiert, wenn sie an einen Besuch in Äthiopien denke. Dort habe sie Kinder gesehen, die ab einem Alter von 7 Jahren ohne Sicherheitsschutz in Kohleminen arbeiten mussten.
Die nachfolgende Kernelemente sich schon die VNLP-Grundelemente:
- Es müssen Menschenrechtsstandards etabliert werden. Die Verantwortung für Menschenrechte muss in der Führung eines Unternehmens verankert sein.
- Die Gewährung von umfassenden Schutzrechten muss entlang der gesamten Lieferkette erfolgen, dazu hat eine unternehmerische Risikoanalyse stattzufinden. Das bedeutet auch Organisations- und Dokumentationspflichten.
- Es müssen Abhilfemaßnahmen entwickelt werden.
- Wie können die Abhilfemaßnahmen umgesetzt werden: Durch Kontrolle und Durchsetzung durch Behörden.
- Es gibt Beschwerdemechanismen für Betroffene: Es muss die prozessuale Durchsetzung der Rechte durch Betroffene und Gewerkschaften/NGO’s etabliert werden.
Für die Kontrolle der Einhaltung ist das BAFA - Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – zuständig. Die BAFA hat extra dafür Eingriffs- und Sanktionssmöglichkeiten, u.a. bis zum Ausschluss der Unternehmen von öffentlichen Vergabeverfahren, erhalten. Lange wurde über die Frage der zivilrechtlichen Haftung der Unternehmen gestritten – leider musste diese auf Druck wieder aus dem Gesetz-Entwurf wieder entfernt. CDU/CSU haben blockiert.
Auch die EU-Kommission plant demnächst ein Lieferkettengesetz einzuführen. Zu erwarten ist, dass auch auf EU-Ebene die vergleichbaren Auseinandersetzungen geführt werden: die Wirtschaftslobby versus zahlreiche zivilgesellschaftliche Kräfte. Wir müssen die EU-Gremien dabei unterstützen, ein progressives Gesetz auf den Weg zu bringen.
Gegen Gewinne ohne Gewissen hilft nur noch ein gesetzlicher Rahmen
Steffen Vogel, Referent für zukunftsfähiges Wirtschaften in globalen Lieferketten bei Germanwatch e.V. hat besonders intensiv im letzten Jahr in der Initiative Lieferkettengesetz mitgewirkt. Dieser Initiative gehörten in der heißen Phase über 125 Organisationen und Akteur:innen an. Der Bundeskanzlerin wurden ca. 222.000 Unterschriften für ein wirkungsvolles Lieferkettengesetz übergeben. Die Forderung der Initiative sei richtig und wichtig gewesen: Gegen Gewinne ohne Gewissen hilft nur noch ein gesetzlicher Rahmen. Herzlichen Dank auch für seine Präsentation.
Germanwatch sieht - wie auch viele andere - noch erhebliche Kritikpunkte, Defizite und Nachbesserungsbedarfe im Gesetz. So regele das Gesetz nur wenig umweltbezogene Pflichten und es müsste auch für Unternehmen mit einer geringeren Mitarbeiter:innenzahl gelten. Gehofft wird auf weitreichendere gesetzliche Regelungen auf EU-Ebene, u.a. indem sich dieses auf alle Unternehmen bezieht, für die gesamten Wertschöpfungsketten gilt und klare Bestimmungen zur zivilrechtlichen Haftung enthält.
Auch Steffen Vogel geht davon aus, dass sich die Diskussionen und Widerstände auf EU - Ebene in größerem Umfang wiederholen und die Wirtschaftsverbände u.a. versuchen werden, das EU-Gesetz zu verhindern. Dabei sei der im Lieferkettengesetz angelegte Paradigmenwechsel enorm wichtig: Es bedeutet eine Abkehr vom nicht funktionierenden Prinzip der Freiwilligkeit.
Menschenrechte sind Frauenrechte - Erwartungen der weiblichen Zivilgesellschaft an ein Lieferkettengesetz
Lisi Maier, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrates fordert, dass bei einer künftigen Novellierung des LkSG unbedingt geschlechtsspezifische Aspekte aufzunehmen sind. In den Empfehlungen des Europäischen Parlaments an die Kommission wird den Unternehmen empfohlen, die Geschlechterperspektive in ihre Sorgfaltspflichtverfahren zu integrieren. Auch die VNLP weisen auf die geschlechtsspezifischen Dimensionen in den Sorgfaltspflichten hin. Geschäftstätigkeiten wirken sich auf unterschiedliche Weise und unverhältnismäßig stark auf die Rechte von Frauen und Mädchen aus.
Einziger Hinweis im LkSG auf geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung in der Beschäftigung ist das Verbot der Zahlung ungleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit (§ 2 Abs.2 Nr.7 LkSG). Das sei aber zu wenig. Entlang den Lieferketten sei die Situation von Frauen von gravierenden Problemen geprägt, die bisher zu wenig Berücksichtigung gefunden hätten: Frauen und Mädchen arbeiten besonders häufig für Löhne unterhalb des Existenzminimums; sie arbeiten unter äußerst gesundheitsschädlichen Bedingungen; sie erfahren oft sexuelle Gewalt und Übergriffe am Arbeitsplatz - ein weltweites Problem; sie brauchen besonderen Schutz bei Schwangerschaft und Geburt; sie verlieren in Krisen meist als erste den Arbeitsplatz oder sind häufiger informell oder befristet beschäftigt. Auch Lisi Maier hofft auf wirkungsvollere EU-Regelungen und ein grundsätzliches Bekenntnis von Unternehmen zu den in der UN - Frauenrechtskonvention (CEDAW) genannten Rechten. Auch die ILO-Konvention 190 müsse stärker zur Anwendung kommen. Lisi Maier sei für ihre Präsentation gedankt.
Europa progressiv??
Die Erwartungen richten sich jetzt auf ein Europäisches Lieferkettengesetz und es wird die Haltung anderer europäischer Staaten debattiert. Bärbel Kofler hofft auf ein noch stärkeres zivilgesellschaftliches Engagement EU-weit, zumal sich die Wirtschaftsverbände in Brüssel bereits in Stellung gebracht haben. Sie setzt aber auch auf parlamentarische Anstrengungen aus den Mitgliedsländern – einige Staaten hätten das Thema Lieferkettengesetz noch gar nicht auf dem Schirm.
Gegen Ende der gut besuchten digitalen Veranstaltung bedankt sich Mechthild Rawert für das starke Engagement für Frauen-, Menschen- und Umweltrechte. Ein Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz betrifft uns alle, mittelbar oder unmittelbar, in unserem Verbraucher:innen- und Konsument:innenverhalten. Es dürfe nicht sein, dass unser Wohlstand auf der Ausbeutung von Frauen und Kindern beruht. Wir brauchen mehr globale Gerechtigkeit und nicht nur einen freien sondern auch einen fairen Handel.
(Grafik: www.lieferkette.de)
Das am 11. Juni 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossene „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, LkSG) gehört zu den in der Zivilgesellschaft am stärksten diskutierte Gesetzesvorhaben dieser Legislatur. Ziel ist es, Menschenrechte und Umwelt in der globalen Wirtschaft besser zu schützen.
Angesichts der Bedeutung dieses Gesetzes habe ich zusammen mit Dr. Bärbel Kofler, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, und den Referent:innen Steffen Vogel, Referent für zukunftsfähiges Wirtschaften in globalen Lieferketten bei Germanwatch und mit Lisi Maier, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, am 30. Juli 2021 dazu eine digitale Fraktion vor Ort-Veranstaltung durchgeführt.
Die Videokonferenz wurde aufgezeichnet und steht für Sie jederzeit auf dem YouTube- Kanal, Mechthild Rawert, MdB, unter lieferketten.mechthild-rawert.de bereit. Für Schnellleser*innen gibt es auch eine schriftliche Zusammenfassung.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
Das Gesetz ist deswegen so bedeutungsvoll, weil es um Menschen- und Frauenrechte weltweit geht. Es ist ein Meilenstein, auch wenn wir Sozialdemokrat:innen – stellvertretend für Gewerkschaften, Initiativen, verantwortungsbewussten Unternehmern, Kirchen, Wohlfahrts- und Sozialverbänden, Menschenrechts-, Umwelt-, Frauen- und Entwicklungsorganisationen, Betriebsräten und nicht zuletzt den vielen engagierten Bürger:innen – zahlreiche Kompromisse eingehen mussten – ansonsten wäre es am Widerstand von Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gescheitert.
Worum geht es?
Das zum 01. 01.2023 in Kraft tretende LkSG verpflichtet deutsche Unternehmen (ab 2023: ab 3.000 und ab 2024: ab 1.000 Mitarbeiter:innen) dafür einzustehen, dass es in ihrer gesamten Lieferkette von der Gewinnung der Rohstoffe über die Herstellung und Verarbeitung bis zur Lieferung des Produktes an die Endkund:innen nicht zu Menschenrechtsverletzungen und nicht zu Umweltschäden bei der Herstellung ihrer Produkte kommt.
Worauf geht die Verpflichtung der Unternehmer zur Sorgfalt zurück?
Schon 2011 formulierten die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (VNLP). Damit wurden weltweit anerkannte internationale Standards der Unternehmensverantwortung für die Menschenrechte festgelegt (Schutz, Achtung, Abhilfe). Die Bundesregierung hat 2016 unter Bezugnahme auf die VNLP einen Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet.
Wie dringend notwendig es ist, Unternehmen in Deutschland, aber auch EU- und weltweit in die Pflicht und Verantwortung zu nehmen, zeigen beispielhaft nur wenige Zahlen:
152 Mio. Kinder - fast jedes 10. Kind - müssen weltweit Kinderarbeit leisten.
40 Mio. Menschen leben derzeit weltweit in modernen Formen von Sklaverei und davon 25 Mio. Menschen in Zwangsarbeit. Rd. 71 % der Versklavten sind weiblich.
80% des weltweiten Handels läuft in Lieferketten-Netzwerken transnationaler Unternehmen.
Da erwiesen ist, dass sich bisher allenfalls 17% der Unternehmen freiwillig um Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards bemühen, musste eine gesetzliche Regelung geschaffen werden.
Kernelemente im LkSG
Dr. Bärbel Kofler betonte in ihren Ausführungen als erstes, dass ihr das Gesetz eine Herzensangelegenheit sie. Noch heute ist sie schockiert, wenn sie an einen Besuch in Äthiopien denke. Dort habe sie Kinder gesehen, die ab einem Alter von 7 Jahren ohne Sicherheitsschutz in Kohleminen arbeiten mussten.
Die nachfolgende Kernelemente sich schon die VNLP-Grundelemente:
• Es müssen Menschenrechtsstandards etabliert werden. Die Verantwortung für Menschenrechte muss in der Führung eines Unternehmens verankert sein.
• Die Gewährung von umfassenden Schutzrechten muss entlang der gesamten Lieferkette erfolgen, dazu hat eine unternehmerische Risikoanalyse stattzufinden. Das bedeutet auch Organisations- und Dokumentationspflichten.
• Es müssen Abhilfemaßnahmen entwickelt werden.
• Wie können die Abhilfemaßnahmen umgesetzt werden: Durch Kontrolle und Durchsetzung durch Behörden.
• Es gibt Beschwerdemechanismen für Betroffene: Es muss die prozessuale Durchsetzung der Rechte durch Betroffene und Gewerkschaften/NGO’s etabliert werden.
Für die Kontrolle der Einhaltung ist das BAFA - Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – zuständig. Die BAFA hat extra dafür Eingriffs- und Sanktionssmöglichkeiten, u.a. bis zum Ausschluss der Unternehmen von öffentlichen Vergabeverfahren, erhalten. Lange wurde über die Frage der zivilrechtlichen Haftung der Unternehmen gestritten – leider musste diese auf Druck wieder aus dem Gesetz-Entwurf wieder entfernt. CDU/CSU haben blockiert.
Auch die EU-Kommission plant demnächst ein Lieferkettengesetz einzuführen. Zu erwarten ist, dass auch auf EU-Ebene die vergleichbaren Auseinandersetzungen geführt werden: die Wirtschaftslobby versus zahlreiche zivilgesellschaftliche Kräfte. Wir müssen die EU-Gremien dabei unterstützen, ein progressives Gesetz auf den Weg zu bringen.
Gegen Gewinne ohne Gewissen hilft nur noch ein gesetzlicher Rahmen
Steffen Vogel, Referent für zukunftsfähiges Wirtschaften in globalen Lieferketten bei Germanwatch e.V. hat besonders intensiv im letzten Jahr in der Initiative Lieferkettengesetz mitgewirkt. Dieser Initiative gehörten in der heißen Phase über 125 Organisationen und Akteur:innen an. Der Bundeskanzlerin wurden ca. 222.000 Unterschriften für ein wirkungsvolles Lieferkettengesetz übergeben. Die Forderung der Initiative sei richtig und wichtig gewesen: Gegen Gewinne ohne Gewissen hilft nur noch ein gesetzlicher Rahmen. Herzlichen Dank auch für seine Präsentation.
Germanwatch sieht - wie auch viele andere - noch erhebliche Kritikpunkte, Defizite und Nachbesserungsbedarfe im Gesetz. So regele das Gesetz nur wenig umweltbezogene Pflichten und es müsste auch für Unternehmen mit einer geringeren Mitarbeiter:innenzahl gelten. Gehofft wird auf weitreichendere gesetzliche Regelungen auf EU-Ebene, u.a. indem sich dieses auf alle Unternehmen bezieht, für die gesamten Wertschöpfungsketten gilt und klare Bestimmungen zur zivilrechtlichen Haftung enthält.
Auch Steffen Vogel geht davon aus, dass sich die Diskussionen und Widerstände auf EU - Ebene in größerem Umfang wiederholen und die Wirtschaftsverbände u.a. versuchen werden, das EU-Gesetz zu verhindern. Dabei sei der im Lieferkettengesetz angelegte Paradigmenwechsel enorm wichtig: Es bedeutet eine Abkehr vom nicht funktionierenden Prinzip der Freiwilligkeit.
Menschenrechte sind Frauenrechte
Erwartungen der weiblichen Zivilgesellschaft an ein Lieferkettengesetz
Lisi Maier, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrates fordert, dass bei einer künftigen Novellierung des LkSG unbedingt geschlechtsspezifische Aspekte aufzunehmen sind. In den Empfehlungen des Europäischen Parlaments an die Kommission wird den Unternehmen empfohlen, die Geschlechterperspektive in ihre Sorgfaltspflichtverfahren zu integrieren. Auch die VNLP weisen auf die geschlechtsspezifischen Dimensionen in den Sorgfaltspflichten hin. Geschäftstätigkeiten wirken sich auf unterschiedliche Weise und unverhältnismäßig stark auf die Rechte von Frauen und Mädchen aus.
Einziger Hinweis im LkSG auf geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung in der Beschäftigung ist das Verbot der Zahlung ungleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit (§ 2 Abs.2 Nr.7 LkSG). Das sei aber zu wenig. Entlang den Lieferketten sei die Situation von Frauen von gravierenden Problemen geprägt, die bisher zu wenig Berücksichtigung gefunden hätten: Frauen und Mädchen arbeiten besonders häufig für Löhne unterhalb des Existenzminimums; sie arbeiten unter äußerst gesundheitsschädlichen Bedingungen; sie erfahren oft sexuelle Gewalt und Übergriffe am Arbeitsplatz - ein weltweites Problem; sie brauchen besonderen Schutz bei Schwangerschaft und Geburt; sie verlieren in Krisen meist als erste den Arbeitsplatz oder sind häufiger informell oder befristet beschäftigt. Auch Lisi Maier hofft auf wirkungsvollere EU-Regelungen und ein grundsätzliches Bekenntnis von Unternehmen zu den in der UN - Frauenrechtskonvention (CEDAW) genannten Rechten. Auch die ILO-Konvention 190 müsse stärker zur Anwendung kommen. Auch Lisi Maier sei für ihre Präsentation gedankt.
Europa progressiv??
Die Erwartungen richten sich jetzt auf ein Europäisches Lieferkettengesetz und es wird die Haltung anderer europäischer Staaten debattiert. Bärbel Kofler hofft auf ein noch stärkeres zivilgesellschaftliches Engagement EU-weit, zumal sich die Wirtschaftsverbände in Brüssel bereits in Stellung gebracht haben. Sie setzt aber auch auf parlamentarische Anstrengungen aus den Mitgliedsländern – einige Staaten hätten das Thema Lieferkettengesetz noch gar nicht auf dem Schirm.
Gegen Ende der gut besuchten digitalen Veranstaltung bedankt sich Mechthild Rawert für das starke Engagement für Frauen-, Menschen- und Umweltrechte. Ein Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz betrifft uns alle, mittelbar oder unmittelbar, in unserem Verbraucher:innen- und Konsument:innenverhalten. Es dürfe nicht sein, dass unser Wohlstand auf der Ausbeutung von Frauen und Kindern beruht. Wir brauchen mehr globale Gerechtigkeit und nicht nur einen freien sondern auch einen fairen Handel.