Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat hat 2021 das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts abschließend beraten. Dieses tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Damit wird nach jahrelanger Vorarbeit und einem sehr partizipativen Dialogverfahren das Vormundschafts- und Betreuungsrecht endlich grundlegend reformiert.
Damit die guten Erneuerungen im für unsere Gesellschaft so wichtigen Betreuungsrecht bekannter werden, wurde am 10. Mai 2021 die digitale Veranstaltung "Selbstbestimmung laut Betreuungsrecht" organisiert. Besonderen Wert wurde einerseits auf grundlegende Informationen und andererseits auf weitergehende Vorstellungen aus der Community gelegt. Diese Veranstaltung kann auf meinem YouTube-Kanal, unter: SelbstbestimmungLautBetreuungsrecht.mechthild-rawert.de angeschaut werden. Außerdem gibt es eine ausführliche schriftliche Zusammenfassung, die hier nachgelesen werden kann.
Selbstbestimmung als Maßstab auch in der rechtlichen Betreuung
Frau Dr. Lydia Hajasch, Referentin für Sozial- und Zivilrecht bei der Bundesvereinigung Lebenshilfe erläutert anhand einer Präsentation einige der wichtigen Neuerungen. Sie begrüßt außerordentlich, dass die Leitprinzipien der Selbstbestimmung und des Wunsch- und Wahlrechtes in diesem Gesetz zum Tragen kommen. In ihren Ausführungen nimmt sie Bezug auf die Aufgaben, den Umfang und die Zeitdauer der Tätigkeiten rechtlicher Betreuer:innen - sowohl der ehrenamtlichen und Angehörigenbetreuer:innen als auch der Berufsbetreuer:innen - auf die Wunschbeachtungspflicht, die verstärkte Rolle der Betreuungsvereine sowie auf die Neuregelung zur Sterilisation, zum Bestehenbleiben der Prozessfähigkeit und der Verpflichtung der Bundesländer zur Einrichtung von unabhängigen Beratungs- und Beschwerdestellen.
Stärkung der Peers in allen Beteiligungsprozessen
Herr Thomas Künneke ist Mitglied des Vorstandes des Vereins Kellerkinder e.V., einer Selbstvertretungsorganisation für Menschen mit geistiger Behinderung. Der Verein kämpft gegen die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, von denen einige auch den Unterstützungsbedarf einer rechtlichen Betreuung haben. Zu Beginn lobt er den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) im Vorfeld gut gelungenen Dialogprozess, in dem das Erfahrungswissen der Betroffenen eine große Rolle gespielt hat. Dieser damit gesetzte Standard müsse auch während der Umsetzungsphase des Gesetzes eingehalten werden.
Zu kurz kommt ihm im Gesetz der wichtige Aspekt der Bewusstseinsbildung. Gemeint ist die Stärkung des Bewusstseins von Menschenrechten und der UN-Behindertenrechtskonvention bei den Betreuungsgerichten und -behörden, den gerichtlich bestellten Betreuer:innen, den rechtlich Betreuten selbst aber auch in der Gesamtgesellschaft. Notwendig sei auch das Wissen, dass es zahlreiche soziale und sozialrechtliche Hilfen und auch Beratungs- und Beschwerdestellen gibt, die es zu nutzen gilt, bevor es zu einer rechtlichen Betreuung, die immer das allerletzte Mittel der Wahl sein sollte, kommt. Dafür ist die Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes notwendig.
Herr Künneke plädiert dafür, dass die Unterstützte Entscheidungsfindung noch einen stärkeren Einzug in die Praxis halten muss. Er entwickelt derzeit für Menschen mit Lernschwierigkeiten eine Broschüre, um darzulegen, wie der Prozess der Unterstützten Entscheidungsfindung durchlaufen werden kann mit wichtigen von der betreuten Person selbst getroffenen Entscheidungen. Er hofft, dass es mit den Aufgabenbereichen funktioniert und betont abschließend, dass das Ehegattennotvertretungsrecht das Selbstbestimmungsrecht gefährde.
Lob für den gesetzlichen Rahmen für Beschwerdestellen zum Betreuungsrecht
Der dritte Input erfolgt durch Wolfgang Theede von der Unabhängigen sozialpsychiatrische Beschwerdestelle Kiel. Er freut sich sehr, dass im Kontext des Betreuungsrechtes ein gesetzlicher Rahmen für unabhängige Beschwerdestellen geschaffen wurde. Dies haben die schon seit langem existierenden „Beschwerdestellen“ auf der Grundlage der Psychisch-Kranken-Gesetze der Bundesländer (PsychKG) nicht. Heterogen ist die Zusammensetzung der Tätigen in der UsB Kiel: von ausschließlich ehrenamtlichen bis hin zu hauptberuflichen Berater:innen. In Schleswig-Holstein wird auf der Grundlage von § 26 „Anliegenvertretung“ gearbeitet. Seiner Recherche nach beträgt der Anteil der Personen mit rechtlicher Betreuung unter den psychisch Erkranken ein knappes Drittel. Auch er plädiert für die stärkere Einbeziehung des Erfahrungswissen von Betroffenen in die Entscheidungsprozesse.
Die Veranstaltung endet mit einer regen Diskussionsrunde zu Fragen und Anregungen aus dem Publikum. Vielen Dank an die Referent:innen Frau Hajasch, Herrn Künneke und Herrn Theede, meinen unterstützenden Mitarbeiter:innen Sarah Friedeberg und Reik Högner sowie den zahlreichen Teilnehmer:innen. Es war eine runde Veranstaltung zum Betreuungsrecht – machen wir alle weiter so!
Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat hat 2021 das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts
https://www.mechthild-rawert.de/sites/default/files/2021-03-05%20LFB%20Betreuungsrecht%20Fechner-Rawert,%20MdB.pdf
abschließend beraten. Dieses tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Damit wird nach jahrelanger Vorarbeit und einem sehr partizipativen Dialogverfahren das Vormundschafts- und Betreuungsrecht endlich grundlegend reformiert.
Damit die guten Erneuerungen im für unsere Gesellschaft so wichtigen Betreuungsrecht bekannter werden, wurde am 10. Mai 2021 die digitale Veranstaltung "Selbstbestimmung laut Betreuungsrecht" organisiert. Besonderen Wert wurde einerseits auf grundlegende Informationen und andererseits auf weitergehende Vorstellungen aus der Community gelegt. Diese Veranstaltung kann auf Youtube hier
SelbstbestimmungLautBetreuungsrecht.mechthild-rawert.de
angeschaut werden. Außerdem gibt es eine ausführliche schriftliche Zusammenfassung, die hier
Hier die schriftliche zugesandte Sinnzusammenstellung
nachgelesen werden kann.
Selbstbestimmung als Maßstab auch in der rechtlichen Betreuung
Frau Dr. Lydia Hajasch, Referentin für Sozial- und Zivilrecht bei der Bundesvereinigung Lebenshilfe
https://www.lebenshilfe.de/
erläutert anhand einer Präsentation
Hier verlinken
einige der wichtigen Neuerungen. Sie begrüßt außerordentlich, dass die Leitprinzipien der Selbstbestimmung und des Wunsch- und Wahlrechtes in diesem Gesetz zum Tragen kommen. In ihren Ausführungen nimmt sie Bezug auf die Aufgaben, den Umfang und die Zeitdauer der Tätigkeiten rechtlicher Betreuer:innen - sowohl der ehrenamtlichen und Angehörigenbetreuer:innen als auch der Berufsbetreuer:innen -, auf die Wunschbeachtungspflicht, die verstärkte Rolle der Betreuungsvereine sowie auf die Neuregelung zur Sterilisation, zum Bestehenbleiben der Prozessfähigkeit und der Verpflichtung der Bundesländer zur Einrichtung von unabhängigen Beratungs- und Beschwerdestellen.
Stärkung der Peers in allen Beteiligungsprozessen
Herr Thomas Künneke ist Mitglied des Vorstandes des Vereins Kellerkinder e.V.
https://seeletrifftwelt.de/
, einer Selbstvertretungsorganisation für Menschen mit geistiger Behinderung. Der Verein kämpft gegen die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, von denen einige auch den Unterstützungsbedarf einer rechtlichen Betreuung haben. Zu Beginn lobt er den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) im Vorfeld gut gelungenen Dialogprozess, in dem das Erfahrungswissen der Betroffenen eine große Rolle gespielt hat. Dieser damit gesetzte Standard müsse auch während der Umsetzungsphase des Gesetzes eingehalten werden.
Zu kurz kommt ihm im Gesetz der wichtige Aspekt der Bewusstseinsbildung. Gemeint ist die Stärkung des Bewusstseins von Menschenrechten und der UN-Behindertenrechtskonvention bei den Betreuungsgerichten und -behörden, den gerichtlich bestellten Betreuer:innen, den rechtlich Betreuten selbst aber auch in der Gesamtgesellschaft. Notwendig sei auch das Wissen, dass es zahlreiche soziale und sozialrechtliche Hilfen und auch Beratungs- und Beschwerdestellen gibt, die es zu nutzen gilt, bevor es zu einer rechtlichen Betreuung, die immer das allerletzte Mittel der Wahl sein sollte, kommt. Dafür ist die Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes notwendig.
Herr Künneke plädiert dafür, dass die Unterstützte Entscheidungsfindung noch einen stärkeren Einzug in die Praxis halten muss. Er entwickelt derzeit für Menschen mit Lernschwierigkeiten eine Broschüre, um darzulegen, wie der Prozess der Unterstützten Entscheidungsfindung durchlaufen werden kann mit wichtigen von der betreuten Person selbst getroffenen Entscheidungen. Er hofft, dass es mit den Aufgabenbereichen funktioniert und betont abschließend, dass das Ehegattennotvertretungsrecht das Selbstbestimmungsrecht gefährde.
Lob für den gesetzlichen Rahmen für Beschwerdestellen zum Betreuungsrecht
Der dritte Input erfolgt durch Wolfgang Theede von der Unabhängigen sozialpsychiatrische Beschwerdestelle Kiel
http://www.usb-kiel.de/
. Er freut sich sehr, dass im Kontext des Betreuungsrechtes ein gesetzlicher Rahmen für unabhängige Beschwerdestellen geschaffen wurde. Dies haben die schon seit langem existierenden „Beschwerdestellen“ auf der Grundlage der Psychisch-Kranken-Gesetze der Bundesländer (PsychKG) nicht. Heterogen ist die Zusammensetzung der Tätigen in der UsB Kiel: von ausschließlich ehrenamtlichen bis hin zu hauptberuflichen Berater:innen. In Schleswig-Holstein wird auf der Grundlage von § 26 „Anliegenvertretung“ gearbeitet. Seiner Recherche nach beträgt der Anteil der Personen mit rechtlicher Betreuung unter den psychisch Erkranken ein knappes Drittel. Auch er plädiert für die stärkere Einbeziehung des Erfahrungswissen von Betroffenen in die Entscheidungsprozesse.
Die Veranstaltung endet mit einer regen Diskussionsrunde zu Fragen und Anregungen aus dem Publikum. Vielen Dank an die Referent:innen Frau Hajasch, Herrn Künneke und Herrn Theede, meinen unterstützenden Mitarbeiter:innen Sarah Friedeberg und Reik Högner sowie den zahlreichen Teilnehmer:innen. Es war eine runde Veranstaltung zum Betreuungsrecht – machen wir alle weiter so!
(Grafik: Mechthild Rawert, MdB; Foto: Stella von Saldern / DBT)