Rechtsextremes Denken ist keine Randerscheinung und nicht nur bei AnhängerInnen von NPD, Republikanern und DVU anzutreffen. Stattdessen haben knapp neun Prozent der Bevölkerung ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild, so das alarmierende Ergebnis einer Studie im Auftrag der Friedrich- Ebert- Stiftung (FES). Bei der Diskussionsveranstaltung „Vom Rand zur Mitte - Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft“ hat Dr. Dietmar Molthagen von der FES klar herausgestellt, dass rechtsextremes Denken sich überall im Bundesgebiet findet und dass SeniorInnen überdurchschnittlich oft fremdenfeindliche und chauvinistische Einstellungen pflegen. Zu der Veranstaltung am 27. September im Rathaus Tempelhof hatten die Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert, die Bezirksjugendstadträtin Angelika Schöttler und die SPD- Projektgruppe Rechtsextremismus in Tempelhof eingeladen.
Demokratie muss erfahrbar sein
Molthagen zufolge ist eine der wichtigsten Ursachen für rechtsextreme Einstellungen das Gefühl, politisch ohnmächtig zu sein. Demokratie müsse deshalb für alle Menschen erfahrbar sein. Angelika Schöttler sprach sich deshalb dafür aus, dass bereits in der Schule und in Jugendeinrichtungen junge Menschen an den demokratischen Strukturen ernsthaft beteiligt werden.
Ed Koch vom Verein paperpress e.V. forderte außerdem, beispielsweise durch gut vorbereitete Gedenkstättenfahrten gezielte Präventionsarbeit zu leisten. Die Schule hätten dafür viele Möglichkeiten, die besser genutzt werden könnten. Wenn die Jugendlichen mit den Schrecken des Nationalsozialismus konfrontiert werden, seien sie auch weniger anfällig gegen die Propaganda der Neonazis.
Belastbares Netzwerk gegen Rechts
In der Podiumsdiskussion unterstrich Lars Rauchfuß von der Projektgruppe die Notwendigkeit eines „belastbaren Netzwerks“ der bereits bestehenden Initiativen gegen Rechts. Denn nur so sei es möglich, dem aggressiven Auftreten rechtsextremer Organisationen kontinuierlich Paroli zu bieten. Es dürfe nicht passieren, so auch Tessa Mollenhauer vom Mobilen Beratungsteam Ostkreuz, dass die NPD regelmäßig vor einem Einkaufszentrum einen Stand hat, ohne dass die demokratischen Parteien oder zivilgesellschaftliche Organisationen ebenfalls mit einem Stand vertreten sind.
Alexander Freier von der Bezirksverordnetenversammlung Treptow- Köpenick schlug vor, das Modell „Schule mit Courage – Schule ohne Rassismus“ auch auf den Bezirk zu übertragen. In Treptow- Köpenick werde mittlerweile eine Agenda erarbeitet, wie man aktiv gegen fremdenfeindliche Übergriffe vorgehen und sich mit solchen Vorfällen im Nachhinein auseinandersetzen kann.
„Wir sind alle Nachbarn“
Einigkeit herrschte auch darüber, dass vor allem im lebendigen Miteinander von Menschen deutscher und ausländischer Herkunft Vorurteile abgebaut werden. Mechthild Rawert betonte, dass der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund sich nicht in den demokratischen Parteien widerspiegele. Deshalb sollten diese sich auch von innen heraus gegenüber MigrantInnen öffnen. Darüber hinaus verwies die Bundestagsabgeordnete auf den Tag der offenen Moschee, der zeitgleich mit dem Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober stattfindet. Die Moscheegemeinden wollen an diesem bewusst gewählten Datum das Gespräch mit ihren MitbürgerInnen suchen und ihre Verbundenheit mit der deutschen Gesellschaft zum Ausdruck bringen. Auch Rawert wird eine Moschee besuchen. „Wir sind alle Nachbarn“, so ihr Schlusssatz bei der Diskussionsrunde.