Am 01. Juli ist das Pflege- Weiterentwicklungsgesetz in Kraft getreten. Die Einführung der Pflegeberatung und die Einrichtung von Pflegestützpunkten sind erfolgreich durchgesetzte Kernelemente des gesamten Gesetzes, um flächendeckend allen Bürgerinnen und Bürgern qualitätsbasierte Beratungs- und Koordinierungsangebote zur Verfügung stellen zu können
Ab dem 1. Juli 2008 werden die einzelnen Bundesländer die Entscheidung über die flächendeckende Versorgung mit Pflegestützpunkten zu treffen haben. Die Pflegeversicherung gewährt ihnen eine Anschubfinanzierung in Höhe von 45.000 € bzw. 50.000 € bei nachhaltiger Einbindung des Ehrenamtes. Insgesamt stehen 60 Mio. zur Verfügung.
Auch in Berlin fördert das Bundesministerium Pilot-
Pflegestützpunkte. Im Rahmen ihrer
„SommerPFLEGEtour 2008“ besuchte Mechthild Rawert, Mitglied des Gesundheitsausschusses, am 09. Juli den in der Wilhelmstr. 115 bei der „Koordinierungsstelle Rund ums Alter“ in Kreuzberg angesiedelten Pilot-
Pflegestützpunkt. Ziel des Besuches war es, sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen und eine erste Stellungnahme aus der Praxis zu einigen im Vorfeld in der Koalition strittigen Punkte zu bekommen.
Rawerts politische Fazit nach dem Gespräch:
- Die Gefahr von Doppelstrukturen ist für mich nicht erkennbar. Vielmehr stellen sich verstärkt Fragen nach der dauerhaften Finanzierung der Pflegestützpunkte: Die augenblicklich modellhaft agierenden Pflegestützpunkte haben ein befristete Anschubfinanzierung erhalten. Das Land Berlin hat zwar bereits eine grundsätzlich positive Haltung zur Einrichtung von Pflegestützpunkten signalisiert. Weitgehend ungeklärt ist jedoch noch, wie viele Pflegestützpunkte eingerichtet werden sollen, welche Verträge und Vereinbarungen u.a. mit den Kranken- und Pflegekassen geschlossen und welche Qualitätsstandards festgelegt werden.
- Ratsuchende erwarten eine neutrale Beratung, die ihre individuellen Interessen und Bedürfnisse und nicht die von Trägerstrukturen in den Mittelpunkt stellt. Das ist gesetzlich auch so vorgesehen. Mir erscheint es sinnvoll, dass zahlreiche unterschiedliche Akteure im Pflegestützpunkt agieren sollen. Damit sind verschiedene Perspektiven der beruflichen Arbeit integriert. Es wird zudem so möglich, dass das System sich selber kontrollieren kann. Neu stellt sich mir die Frage, ob die in der Szene intensiv diskutierte schwierige „Trägerneutralität“ nicht auch als Abwehrargument dient, um über den Tellerrand der bisher erbrachten Arbeitsstruktur hinauszuschauen. Erfolgreich agierende Pflegestützpunkte brauchen zur Bewältigung ihrer sehr komplexen und vielschichtigen Aufgaben eine neue Kultur der kooperativen Zusammenarbeit der Leistungsanbieter.
- Im Wohnquartier eingerichtete Pflegestützpunkte können leichter den Zugang aller Menschen unabhängig u.a. vom sozialen Status und von der ethnischen Herkunft gewährleisten. Gegenwärtig muss noch eine soziale Ungleichheit beim Zugang zur Beratung konstatiert werden. Für zahlreiche Akteure u.a. der Altershilfe, des Gesundheitswesen, etc. ist noch eine interkulturelle Öffnung zu erwarten. Aber auch die Vertreter von z.B. MigrantInnen- und Integrationsverbänden müssen sich angesichts der generell älter werdenden Bevölkerungsstruktur intensiver der Organisationsstruktur und den Institutionen des deutschen Sozialstaates zuwenden und Aufklärungsarbeit leisten. Pflege gehört in die Mitte der Gesellschaft, Pflege ist ein gesellschaftspolitisches Thema.
- Unklarheiten scheint es noch beim System der Datenerfassung aber auch des Datenschutzes zu geben. Die bisherigen manuellen aber auch computergestützten Formen erfassen die Komplexität und den ggf. jahrelang andauernde Versorgungssteuerung noch nicht zufrieden stellend.
- Die Schnittstelle Krankenhaus – Pilot- Pflegestützpunkt scheint trotz des in einigen Krankenhäusern vorhandenen Entlastungsmanagement noch eine Knackstelle zu sein.
Die Koordinierungsstelle Rund ums Alter arbeitet mit neun Ehrenamtlichen zusammen und bietet Ratsuchenden einen PC- Zugang zur gemeinsamen Datenbank Hilfelotse (Pflegeheime, ambulante Pflegedienste, Haushaltsdienste, Seniorentreffpunkte...) aller Berliner Koordinierungsstellen. Die Räumlichkeiten halte ich für die Arbeit eines Pflegestützpunktes sehr geeignet: So gibt es neben hellen Beratungsräumen auch einen großen Café- bzw. Versammlungsraum. Die Einrichtung ist fußläufig gut erreichbar und barrierefrei.
Das „Modellprogramm zur Verbesserung der Versorgung Pflegebedürftiger“ des Bundesministerium für Gesundheit dient in allen Bundesländern dazu, Pflegestützpunkte und Pflegeberatung zu erproben. Ziel der Pilot- Pflegestützpunkte ist es darzustellen, dass eine wohnortnahe gute Beratung mit guter Betreuung die Gewähr dafür ist, ein Leben in Würde in der eigenen Häuslichkeit im Alter führen zu können. Der Aufbau der Pilot- Pflegestützpunkte wird mit einer Projektförderung von 30.000 Euro je Stützpunkt unterstützt. Die Begleitung und Koordinierung erfolgt durch das Kuratorium Deutsche Altenhilfe. Ein erster Zwischenbericht ist am 30. Juni durch das BMG veröffentlicht worden.