Aufgrund des demographischen Wandels muss das umlagefinanzierte Rentensystem zukunftsfest gemacht werden. Diese politische Herausforderung war Thema der Veranstaltung "Zukunft der Altersvorsorge und flexible Übergänge in den Ruhestand" am 17. Juli im Schöneberger Rathaus, zu der Mechthild Rawert eingeladen hatte.
Angesicht der zunehmenden Überalterung ändert sich das Verhältnis zwischen BeitragszahlerInnen und RentenempfängerInnen in immer stärkerem Maße. Die Verbesserung der Arbeits-
und Lebensverhältnisse sowie der medizinische Fortschritt tragen dazu bei, dass das umlagefinanzierte Rentensystem zukunftsfest gemacht werden muss. Zwischen der Beendigung des Erwerbslebens und dem Todeszeitpunkt liegt individuell eine unbekannte Zeitspanne. Statistisch gesehen waren es Ende der 1950er Jahre lediglich 9,9 Jahre, inzwischen sind es 17,4 Jahre. „Handeln ist angesichts dieser Entwicklung unumgänglich“ betonte Anton Schaaf, MdB (SPD), Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales
Die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) ist augenblicklich mit ca. 80 Prozent die wichtigste Einnahmequelle für Menschen über 65 Jahre. Wesentliche Ergänzungen liegen in der betrieblichen Altersversorgung sowie in einer Reihe von privaten Vorsorgemöglichkeiten wie z.B. private RV, weiteres Erwerbseinkommen oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Mindestlöhne gegen AltersarmutDie gesetzliche Rentenversicherung sei nicht dazu geeignet, betonte Schaaf, eine Umverteilung vorzunehmen. Dezidiert habe das Bundesverfassungsgericht beschieden: Die Höhe des Versorgungsniveaus der gesetzlichen Rente beruhe auf der erworbenen Lebensleistung (Äquivalenzprinzip).
Auch die von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gewollte Weiterentwicklung der Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung mache die GRV vor allem für Menschen mit unterbrochener Erwerbstätigkeit, mit „Solo-
Selbständigkeit“, mit geringem Einkommen nicht armutsfest. Bei der unter Rot-
Grün eingeführten Grundsicherung handele es sich um eine politisch festgelegte Sozialleistung, nicht um einen durch Beiträge erworbenen Anspruch. Armutsfestigkeit ist eine der wesentlichen sozialdemokratischen Zielstellungen. Steuern können umverteilt werden, Beiträge nicht. Sowohl Anton Schaaf als auch Mechthild Rawert betonten deshalb, dass die beitragsfinanzierte Rentenversicherung nicht dazu herangezogen werden könne, vorherige Ungerechtigkeiten im Erwerbsleben auszugleichen. Die von der SPD angestrebte gesetzliche flächendeckende Einführung eines Mindestlohns ist daher neben der zwischen den Tarifparteien auszuhandelnden Lohnentwicklung auch ein bedeutsamer Beitrag zu einer weniger ungleichen Altersversorgung, die auf dem Prinzip Lebensleistung beruht.
Höherbewertung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten in der Rentenversicherung Rawert stellt heraus, dass es nach wie vor gravierende Unterschiede in der Altersversorgung zwischen den Geschlechtern gebe. So seien Frauenbiographien vielschichtiger und häufiger unterbrochen als Männerbiographien. Diese Ungleichheit verlangt nach Meinung der Abgeordneten dringend nach einer aktiven politischen Steuerung.
Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen fordert im Interesse aller Frauen eine Überprüfung mit dem Ziel der Höherbewertungen von Kindererziehungs-
und Pflegezeiten sowie Zeiten langer Arbeitslosigkeit. Nur so sei es möglich, die eigenständige Alterssicherung von Frauen im Nachhinein zu erhöhen. Die SPD-
Frauen fordern darüber hinaus: Solange die Erwerbsverläufe von Frauen und Männern und die daraus abgeleiteten Rentenansprüche noch so unterschiedlich sind, muss an der Hinterbliebenenversorgung festgehalten werden.
Der augenblicklich zu beobachtende Strukturwandel ist besorgniserregend. Vor allem Frauen arbeiten in Teilzeit und in so genannten prekären Beschäftigungsverhältnissen, die keiner bzw. nur einer sehr geringen Sozialversicherungspflicht unterliegen. Zusätzlich zu den damit verbundenen geringeren Anwartschaften haben sie aufgrund des geringeren Einkommens auch weniger Chancen, an der betrieblichen bzw. privaten Vorsorge teilzuhaben. Das gilt aufgrund der zu zahlenden Festbeträge auch bei der ansonsten geschlechterneutralen Ausgestaltung der sog. Riester-
Renten.
Fakt ist also: Die sozialen Risiken sind für ältere Frauen größer. Das belegt auch die aktuelle repräsentative Studie „Alterssicherung in Deutschland (ASID)“ auf der Grundlage der ausgewerteten Daten von 2003. Danach gibt es den Gender Gap beim Alterseinkommen durch die gesetzliche Rentenversicherung: Am 01. Juli 2006 haben Männer monatlich rund 966 Euro ausbezahlt bekommen. Frauen haben rund ein Drittel weniger, nämlich 690 Euro, monatlich erhalten. Angesichts einer immer höheren Lebenserwartung vor allem der Frauen zeichnet sich eine Entwicklung zur erneuten Frauenaltersarmut ab.
Fazit: Grundsätzlich ist eine eigenständige Existenzsicherung auch im Rentenalter anzustreben. Der Schlüssel zur Bekämpfung von Frauenarmut und für eine höhere Alterssicherung ist eine stärkere Erwerbsbeteiligung unter Wahrung aller tarifrechtlichen Regelungen und dem Abbau von frauendiskriminierenden Strukturen.
Lesen Sie auch den Beschluss des SPD- Präsidiums vom 16. Juni 2008 "Flexible Übergänge in den Ruhestand noch in dieser Wahlperiode beschließen.