Anlässlich der Debatte um die geschlechtsparitätische Besetzung von Leitungsfunktionen und Organen landeseigener Unternehmen erklärt Mechthild Rawert, Bundestagsabgeordnete für Tempelhof- Schöneberg, von 2000 bis 2007 Berliner Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, und Sprecherin der Berliner Linken:
Ein Schlag ins Gesicht von Frauensenator Harald Wolf (Die Linke). Als verantwortlicher Senator weigert er sich, den gesetzlichen Vorgaben des Landesgleichstellungsgesetzes und des Betriebegesetzes nachzukommen. Er wird seine Aufgabe als Frauensenator mehr als ernsthaft überdenken müssen. Als Frauensenator ist es seine Aufgabe, dezidiert gegen Diskriminierungen einzuschreiten - und mehr noch: Er hat hier für Ursachenbekämpfung einzustehen. Außerdem gilt selbstverständlich: Auch ein Senator hat sich an Recht und Gesetz zu halten.
Auf dem Landesparteitag der SPD am 17. Mai 2009 haben sich die Delegierten für Gleichstellung und für das Leistungs- und Fähigkeitsprinzip entschieden: Bei der Besetzung von Führungspositionen gilt Transparenz und Qualifikation, männliche Geschlechtszugehörigkeit ist kein Vorfahrtsschein. Damit stärkt die Berliner SPD ihre erfolgreiche Frauen- und Gleichstellungspolitik und bekräftigt auch ihre grundsätzliche Forderung nach einem Gleichstellungsgesetz in der Privatwirtschaft.
Geschlechtsparitätische Besetzung von Leitungsfunktionen und Organen landeseigener Unternehmen
1. Die sozialdemokratischen und die von der SPD benannten Mitglieder des Senats von Berlin werden aufgefordert, bei der Besetzung von Leitungsfunktionen und Organen (Vorstände, Beiräte, Aufsichtsgremien, etc.) landeseigener Unternehmen und von Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Landes Berlin die rechtlichen Vorgaben für die Gleichstellung von Männern und Frauen uneingeschränkt umzusetzen. Oberstes Ziel ist die Beseitigung der Unterrepräsentanz von Frauen. In Unternehmen, in denen das Land Berlin eine Minderheitsbeteiligung inne hat, wird sich das Land Berlin mit Nachdruck für eine geschlechterparitätische Besetzung stark machen.
2. Die zuletzt erfolgte Besetzung des BVG- Finanzvorstands stellt eine Nichtbeachtung gesetzlicher Vorgaben dar. Die sozialdemokratischen und die von der SPD benannten Mitglieder des Senats von Berlin werden aufgefordert, umgehend rechtlich zu prüfen, wie die schweren Verfahrensfehler geheilt werden können (Rückabwicklung, Vertragsauflösung) und die dafür notwendigen Schritte einzuleiten.
3. Die geschlechterparitätische Besetzung von Vorständen, Aufsichtsräten, Beiräten und anderen Aufsichtsgremien muss ohne Ausnahme betrieben werden. Hinsichtlich der künftigen Besetzungspolitik sind insbesondere folgende Aspekte zu beachten:
a) Öffentliche Ausschreibungen: Neu zu besetzende Positionen in Vorständen und Geschäftsführungen der landeseigenen Unternehmen und der Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Landes Berlin sind öffentlich auszuschreiben, ggf. unter Einbeziehung von Personalberatungsunternehmen. In den Ausschreibungen ist auf die Zielsetzung der geschlechterparitätischen Besetzung von Leitungsgremien hinzuweisen. Die Bewerbung von Frauen ist aktiv zu fördern; bei dem Bewerbungsverfahren werden Frauen gezielt angesprochen.
b) Verpflichtung Organmitglieder: Die Mitglieder der beteiligten Organe der Unternehmen werden auf die rechtlichen Vorgaben für die Gleichstellung von Frauen und Männern durch Weisung des Eigentümers hingewiesen und auf deren Einhaltung und die Teilnahme an entsprechenden Schulungen verpflichtet.
c) Übertragung Gleichstellungsparagraph: Der Beschluss des Senats vom 17. Februar 2009 wird uneingeschränkt umgesetzt. Dieser sieht mit § 17 der neuen Muster- Satzung vor, dass alle Satzungen von Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Landes Berlin entsprechend dem § 28 Betriebegesetz durch einen Gleichstellungsparagraphen ergänzt werden, der die Beachtung der Grundsätze des Landesgleichstellungsgesetzes insbesondere bei der Besetzung der Organe festschreibt. In die einschlägigen Einzelgesetze (Investitionsbankgesetz, Bäderanstaltsgesetz etc.) anderer Unternehmen des Landes Berlin wird ein Gleichstellungsparagraph analog §28 Betriebegesetz aufgenommen.
d) Änderung LGG: Das Landesgleichstellungsgesetz ist dahingehend zu ändern, dass das Gebot der öffentlichen Ausschreibung im Falle einer Unterpräsentation von Frauen insbesondere für die Besetzung von Positionen im Leitungsbereich, bei Organen und Vorgesetzten- und Leitungspositionen Anwendung finden.