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15.09.2009 | Mechthild Rawert: Demokratie braucht Vertrauen

Prof. Dr. Gesine Schwan, Mechthild Rawert, Antje Schwarzer

„Wir müssen Demokratie zu einer Angelegenheit des Vertrauens machen. Es muss deutlich gemacht werden, wo sie unser Leben tagtäglich betrifft und wie wir wir etwas gestalten können“ forderte Gesine Schwan gleich zu Beginn ihres lebendigen Vortrags zum Vertrauen in der Demokratie. Das BürgerInnenforum „Prof. Dr. Gesine Schwan und Mechthild Rawert stellen sich Ihren Fragen“, zu dem Mechthild Rawert am 15. September ins Nachbarschaftsheim Schöneberg eingeladen hatte, zeigte, dass Diskurse dieser Art viel häufiger geführt werden müssen.Viele der ZuhörerInnen mögen noch einmal bedauert haben, dass  Gesine Schwan nicht Bundespräsidentin geworden ist. Sicher hätte sie einen gesellschaftlichen Diskurs angestoßen und moderiert, der über Parteigrenzen und „Schubladendenken“ hinaus drängende Zukunftsfragen aufgegriffen hätte.

 An diesem Abend im Nachbarschaftsheim Schöneberg ging es um Vertrauen in die Demokratie. Schwan  umriss die Vorzüge der repräsentativen Demokratie, in der Politikerinnen und Politiker aufgefordert und verpflichtet seien, neben den jeweiligen Einzelinteressen das Gemeinwohl zu berücksichtigen. Demokratie ist für Gesine Schwan aber nicht nur ein politisches System,  sondern auch eine „Lebensform“. Bürgerinnen und Bürger müssten sich in alle Bereiche einmischen, forderte sie, und gemeinsam für einen Konsens zu streiten. „Demokratie und das Vertrauen in sie ist ein aktiver Prozess, der von uns allen getragen werden muss“, so Schwan.

 Ein wichtiger Ansatzpunkt für aktive Demokratie seien Bürgerinitiativen. Untersuchungen zufolge äußerten sich Mitglieder von Bürgerinitiativen weniger kritisch dem Politikbetrieb und der Demokratie gegenüber. Diese Aktiven wüssten um den Einsatz und die Mühen, Ideen zu entwickeln und um einen Konsens zu streiten. Die SPD sollte sich noch stärker in der Förderung von Bürgerinitiativen engagieren, und habe hier die Chance, sich weiter zu öffnen und Demokratie zu wagen. Eines müsse aber allen klar sein, so Schwan weiter: Bürgerinitiativen vertreten jeweils nur einen Teilaspekt und nicht die Gesamtheit des Gemeinwohls, das unterscheide sie von den Zielen und Aufgaben repräsentativer Demokratie. Politikerinnen und Politiker müssten aber die Balance zwischen Einzelinteressen und dem Gemeinwohl herstellen und müssten diese auch immer wieder vermitteln. Die Politik müsse darüber hinaus auch Nachhaltigkeit über die jeweiligen Wahltermine hinaus gewährleisten.

In der von Antje Schwarzer, Vorsitzende der SPD-Abteilung Friedenau, moderierten Diskussion stellten sich Gesine Schwan und Mechthild Rawert einer ganzen Bandbreite von Fragen: Unterhöhlt der Lobbyismus die Demokratie? Wie kann Korruption abgeschafft und Transparenz gefördert werden? Welche Erwartungen werden durch Instrumente der direkten Demokratie bei den BürgerInnen geweckt und wie verhält sich die Politik dazu? Wie verhalten sich Partikularinteressen und das Gemeinwohl zueinander?
Breiten Raum nahm die Debatte zur Sicherstellung der öffentlichen Daseinsvorsorge und die Abwehr weiterer Privatisierungen von öffentlichen Güter wie z.B. der Deutschen Bahn ein. Es sei nichts einzuwenden gegen Wettbewerb auch bei öffentlichen Gütern, doch komme es auf die Rahmenbedingungen an. Privatisierung im Sinne von Rentabilisierung widerspreche dem Gemeinwohl.

Abschließend betonte Gesine Schwan, wie wichtig und richtig die Grundbotschaft der SPD, „Soziale Demokratie“, sei. Notwendig aber wäre eine Weiterentwicklung der Konzepte der politischen Ökonomie und eine neuen Debatte über die Rolle des Staates durch die SPD.