„Hatun Sürücü wäre heute 28 Jahre alt geworden. Sie wollte für sich und ihren Sohn ein selbstbestimmtes Leben. Dafür wurde sie auf offener Straße durch ihren Bruder erschossen. Ihr Tod hat viele von uns aufgerüttelt und Zwangsehen, Mord im Namen der sogenannten Familienehre, die Herrschaft der Väter und Brüder über ihre Töchter, Frauen und Schwestern ins Bewusstsein gerufen. Mord ist Mord - Mord der Ehre wegen gibt es nicht!“ erklärt Mechthild Rawert, Bundestagsabgeordnete aus Tempelhof-Schöneberg und Stellv. Sprecherin der Arbeitsgruppe Integration/Migration der SPD-Bundestagsfraktion, im Anschluss an die vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg organisierte Gedenkfeier anlässlich des 5. Todestages von Hatun Sürücü. am 07. Februar.
Bezirksbürgermeister Ekkehard Band verwies in seiner Gedenkrede darauf, dass Hatun Sürücü ein selbstbestimmtes Leben führen wollte. Sie war als 16jährige zwangsverheiratet worden und schwanger nach Berlin zurückgekehrt. Die Deutsch-Türkin machte ihren Hauptschulabschluss nach und hatte eine Ausbildung begonnen. Ekkehard Band verwies darauf, dass der Wille und die Möglichkeit ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, weniger unter ethnischen Gesichtspunkten zu diskutieren sei. Wichtiger als dieser Aspekt der Integrationsdebatte sei es, den sozialen Status und die damit verbundenen Chancen und Grenzen in den Mittelpunkt zu stellen. Durch die Schulstrukturreform sei es ihrem Sohn, der in einer Pflegefamilie lebt, vergönnt, sich durch Bildung zu emanzipieren und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Viele nahmen an der Gedenkveranstaltung für Hatün Sürücu am Gedenkstein Oberlandgarten / Ecke Oberlandstraße in Tempelhof teil, u.a. Dilek Kolat, Kreisvorsitzende der SPD, Gisela von der Aue, Justizsenatorin, Almut Nehring-Venus, Staatssekretärin für Frauen, Günter Pinding, der Berliner Integrationsbeauftragte, Eren Ünsal, Leiterin der Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung" (LADS), Ursula Hasecke, Frauenbeauftragte des Bezirks ebenso wie Gabriele Gün Tank, Integrationsbeauftragte des Bezirks Tempelhof-Schöneberg, Vertreterinnen von Frauenorganisationen wie Terre des Femmes, ParteienvertreterInnen der Bezirksverordnetenversammlung und aus dem Abgeordnetenhaus, VertreterInnen von MigrantInnenorganisationen. Anwesend waren aber auch Bürgerinnen und Bürger, die ihrer Haltung „ein selbstbestimmtes Leben für jede Frau“ Nachdruck verleihen wollten.
„Seit der Ermordung von Hatun Sürücü ist viel geschehen. Wir gedenken auch der anderen Mädchen und Frauen, deren Biographien nicht so bekannt geworden sind. Wir haben lange für die Selbstbestimmung von Frauen gekämpft - und werden dieses auch weiterhin tun. Wir stehen für ein eindeutiges NEIN zu Zwangsehen und Ehrenmorden. Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht“, erklärt Mechthild Rawert.