Der von einem breiten Bündnis zivilgesellschaftlicher Kräfte getragene Protest gegen die rassistische Partei "pro Deutschland" am 17. Juli war erfolgreich. Rechtpopulismus als ein weit in die Mitte der Gesellschaft reichendes Phänomen gefährdet unseren Rechtsstaat mit dem grundgesetzlich verankerten Freiheits- und Minderheitenschutz.
Berlin ist eine Einwanderungsstadt. Die damit verbundene kulturelle Vielfalt ist ebenso Anziehungsmagnet wie die Vielfalt der Lebensstile. Zuwanderung und kulturelle Vielfalt sind die Voraussetzungen für eine wirtschaftlich starke Region Berlin-Brandenburg. Gleichberechtigte politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Teilhabe ist ein erklärtes Ziel demokratischer Politik.
Das Anwachsen rechtspopulistischer Bewegungen und Parteien in der Europäischen Union ist besorgniserregend. Demokratie- und rechtsstaatsfeindliche Parteien treten mittlerweile in Regierungsverantwortung auf und fungieren als „Stützparteien“ für konservative Regierungen. Die Folge ist eine Verschiebung des politischen Systems nach rechts. Eine verstärkte Repressionspolitik gegenüber Minderheiten, MigrantInnen und sozial Schwachen ist die Konsequenz.
Faschistische, rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien und Bewegungen greifen unseren demokratischen Rechtsstaat mit seinem Freiheits- und Minderheitenschutz zentral an. Unter dem Deckmantel der Islamkritik zündeln "pro Deutschland" und seine regionalen Ableger vor allem gegen Menschen islamischen Glaubens, stärken Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass. Mit ihrer Ausgrenzungspolitik stellt "pro Deutschland" die Grundlagen unseres gesellschaftlichen Miteinanders in Frage und agiert gegen ein friedliches Zusammenleben von Nachbarinnen und Nachbarn.
Rechtspopulisten kommen als vermeintliche Bürgerbewegung daher. Sie agitieren mit Sündenbock-Schablonen und Ausgrenzungsparolen. Ihre rassistische Ausgrenzungspolitik begründen sie mit der drohenden Gefahr der Islamisierung. RechtspopulistInnen setzen auf einen ethnisch begrenzten Wohlfahrtsstaat. Sie nutzen und schüren dabei die Angst vieler Menschen vor dem sozialem Abstieg oder einem schwachen Sozialstaat.
Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten ist es, der rechtsextremen und rechtspopulistischen Szene ihre Grenzen aufzuzeigen und aktiv für Emanzipation und Gleichstellung, für Toleranz und Vielfalt einzutreten. Gute Beispiele für eine Politik des toleranten und friedlichen Miteinanders sind die Einführung des Ethikunterrichtes in Berlin und auch das geplante Berliner Partizipationsgesetz.
Auf Initiative einiger SPD- und ver.di-Gliederungen fand am 27. Juli im Rathaus Schöneberge eine zeitnahe „Nachbetrachtung“ des Bundesparteitages von "pro Deutschland" am 17. Juli und zur Gründung von "pro Berlin" statt. Über 100 TeilnehmerInnen brachten zum Ausdruck, dass sie es nicht zulassen wollen, dass Ausgrenzung und Diskriminierung den Zusammenhalt und das Miteinander unserer Gesellschaft gefährden.
Für Mechthild Rawert (SPD, ver.di), Bundestagabgeordnete für Tempelhof-Schöneberg, und eine der Referierenden der „Nachbetrachtung“ ist höchste Bürgerpflicht: die Geschlossenheit aller Demokratinnen und Demokraten als bestes Bollwerk gegen Faschismus und weichgespülten Rechtsextremismus! Breit getragene zivilgesellschaftliche, gewaltfreie Proteste sind politisch notwendig. Sie sind Ausdruck einer wehrhaften Demokratie.
Als aktive Frauen- und Gleichstellungspolitikerin sprach Mechthild Rawert das in den Diskussionen über Rechtsextremismus oft ausgesparte und verharmloste Thema „rechtsextreme Frauen“ an. Die rechtsextreme Szene hat sich in den letzten 20 Jahren stark gewandelt. Immer mehr Frauen werden Mitglieder und Funktionärinnen in rechtsextremen Parteien und Organisationen. Als ideologiefeste „Hüterinnen der weißen Rasse“ haben diese sich dem Erhalt der „deutschen Volksgemeinschaft“ mit ihrem auf Ungleichwertigkeit basierenden Menschenbild und ihrem kruden Familien-, Mutter- und Geschlechterbild ebenso verschrieben wie die rechtsextremen Männer. Es ist kein Zufall, dass rechtsextreme Frauen vor allem Themen wie Bildung und Erziehung, Gesundheit und Kultur aufgreifen und dabei als „nette“ Nachbarinnen, Elternsprecherinnen oder Erzieherinnen politische Anschlussfähigkeit in der Mitter der Gesellschaft suchen. Richtigerweise fordert die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) diese politische Debatte im Kampf gegen Rechtsextremismus immer wieder aktiv ein.
Mechthild Rawert dankte allen, die im Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“ am Protest gegen den Bundesparteitag von Pro Deutschland teilgenommen haben. Ebenso dankte sie allen, die durch ihre kontinuierliche Arbeit beispielsweise bei Gedenkstättenfahrten und ZeitzeugInnenarbeit, durch die Verlegung von Stolpersteinen an den Faschismus und seine Opfer erinnern und uns mahnen. Sie alle tragen dazu bei, dass in Deutschland eine besondere Wachsamkeit gegenüber faschistischen, rechtsextremen und rechtspopulistischen Strömungen, gegen Antisemitismus, Islamophobie, gegen Homophobie und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit existiert.
Wehret den Anfängen!
Für Toleranz und Vielfalt!
Lesen Sie hierzu den Beitrag auf vorwärts.de: „Pro Deutschland“ – Kontra Demokratie.
Mechthild Rawert im Interview auf dem türkischen Newsportal "haberler.com" am Berliner Protesttag gegen "pro Deutschland" vor dem Rathaus Schöneberg, 17.07.2010:
Im Anhang finden Sie das Impulsreferat von Mechthild Rawert im pdf-Format.