Der Internationale Frauentag feierte am 08. März 2011 seinen 100. Geburtstag. Die deutsche Sozialdemokratin Clara Zetkin, eine der bekanntesten Kämpferinnen der Arbeiterbewegung und Aktivistin für Frauenrechte, regte bei der internationalen Frauenkonferenz 1910 in Kopenhagen an, einen Frauentag zu organisieren, um für Frauenrechte zu kämpfen. Damit folgte sie dem Beispiel amerikanischer Frauen. Ihre Initiative wurde Wirklichkeit und am 19. März 1911 gingen in Deutschland, Österreich-Ungarn, in der Schweiz und in Dänemark Millionen von Frauen auf die Straßen, u.a. um für heute Selbstverständliches zu kämpfen: das Frauenwahlrecht. Die SPD setzte dieses 1919 durch, Marie Juchacz wurde die erste Parlamentsrednerin.
„Her mit dem ganzen Leben Brot und Rosen“
„Brot und Rosen“ stammt aus einem Gedicht von James Oppenheim, war 1912 dann die Streik-Parole von mehr als 20.000 amerikanischen Textilarbeiterinnen und ist seitdem ein Lied der Internationalen Frauen- und Gewerkschaftsbewegung. Auf diese Tradition ist zurückzuführen, dass viele PolitikerInnen - auch ich - am 08. März Rosen verteilen.
In der Frauen- und Gleichstellungspolitik wurde in den letzten Jahrzehnten viel erreicht: die Ersetzung des Schuldprinzip durch das Zerrüttungsprinzip im Scheidungsfall, die Einführung der Straffreiheit beim Schwangerschaftsabbruch, die Förderung von Ganztagsbetreuung für Kinder aller Altersstufen, die Einführung von Frauenförderplänen und des Gender Mainstreaming-Prinzips, das Bundesgleichstellungs- und das Gewaltschutzgesetz, das Teilzeit- und Befristungsgesetz und die rentenrechtliche Anerkennung von Erziehungszeiten sowie die rechtliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, die Einführung des Elterngeldes und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
Das „ganze Leben“ wollen Frauen auch heute. Vieles ist noch zu tun:
- Unerträglich ist die Lohndiskrepanz von bis zu 23 Prozent zwischen Frauen und Männern bei gleich(wertig)er Arbeit. Höchste Zeit für ein Gesetz zur Entgeltgleichheit, für „Gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit“.
- Ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft muss her. Freiwillige Selbstverpflichtungen bringen nichts, die Wirtschaft hatte 10 Jahre lang ihre Chance. Wir Frauen wollen eine 40-Prozent-Beteiligung von Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen. Nachgewiesen ist, dass Unternehmen mit Frauen an der Spitze stabiler und erfolgreicher sind.
- Die „Gute Arbeit“ in den zumeist von Frauen ausgeübten Sozial- und Gesundheitsberufen muss gestärkt und für bessere Bezahlung und eine höhere Wertschätzung gesorgt werden.
- Der Niedriglohnsektor muss eingedämmt, Minijobs abgebaut werden. In diesem Sektor arbeiten zu 70 % Frauen. Ihre Erwerbstätigkeit muss existenzsichernd sein, damit sie nicht Altersarmut fürchten müssen.
Kolumne von Mechthild Rawert im Tempelhofer Journal, Ausgabe März/April 2011