Am 13. April fand die von mir initiierte Diskussionsveranstaltung „Pflege: Zukunftsorientierte Ausbildung - attraktives Berufsfeld“ im Pestalozzi-Fröbel-Haus in Schöneberg statt. Wie die Pflegeausbildung und Pflegeberufe attraktiver gestaltet werden kann, wurde anhand der folgenden Vorträge der geladenen ExpertInnen diskutiert:
Die knapp 100 TeilnehmerInnen, darunter viele VertreterInnen aus Krankenhäusern und Senioreneinrichtungen, Ausbildungsstätten und Hochschulen, von Selbsthilfegruppen, Vereinen und berufspolitischen Fachverbänden sowie Betriebsräten, Personalvertretungen und Gewerkschaften, forderten in einer engagierten Diskussion unter Leitung von Boris Velter, Vorsitzender der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Gesundheitswesen (ASG), schnellstens politische Entscheidungen. Eine Reform der Ausbildung ist nötig, um neue qualifizierte Fachkräfte für die Pflegebranche zu gewinnen. Außerdem sind die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in der Pflege zu verbessern, damit Fachkräfte diese personenorientierte Dienstleistungsbranche nicht zunehmend Richtung Ausland verlassen.
Ich bin der Überzeugung, dass die gemeinsame Neugestaltung der getrennten Ausbildungen der AltenpflegerInnen, der Gesundheits- und KrankenpflegerInnen und der Gesundheits- und KinderkrankenpflegerInnen sowie die Entwicklung von wirksamen Maßnahmen zur gesellschaftlichen Aufwertung der Profession Pflege gehören sofort auf die erste Seite der politischen Agenda von Bundesgesundheitsminister Rösler und Bundesfamilienministerin Schröder. Beide tragen hierfür auf Bundesebene die politische Verantwortung.
Pflege neu denken
Der Präsident des Deutschen Pflegerates Andreas Westerfellhaus forderte ein neues Berufsgesetz für die Pflege. Er monierte, dass die von der Bundesregierung Anfang 2010 eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Neuorganisation der Pflegeausbildungen noch keine Ergebnisse vorgelegt habe; die Probleme und auch Lösungsansätze seien schließlich seit langem bekannt. Er beklagte, dass hier über die Zukunft der PflegexpertInnen beraten und entschieden werde, ohne die Expertise der Berufsexpertinnen und –experten aktiv einzuholen und diese in den Ausgestaltungsprozess einzubeziehen.
Gerd Dielmann, ver.di-Vertreter für den Bereich Berufsbildung/Berufspolitik Gesundheitsberufe, forderte u.a. im Interesse der Auszubildenden die Gewährleistung einer generellen Kostenfreiheit der Pflegeausbildungen. Er wolle künftig die Finanzierung der Ausbildungsvergütungen über ein Umlageverfahren bzw. einen Ausbildungsfonds abgesichert wissen.
Es existieren vielfältige Verwerfungen in der Pflege durch den Einsatz von Mini- und Midijobs. Darauf verwies Mechthild Kopel, Geschäftsführerin der Wert.Arbeit GmbH. Sie forderte „Gute Arbeit“, forderte die „Pflege der Pflegenden“ sowie ein flächendeckendes betriebliches Gesundheitsmanagement gerade auch in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens.
Die leidenschaftlich geführte Diskussion zeigte eindrucksvoll, dass viele in der Pflege Tätigen an der Grenze der physischen und psychischen Belastbarkeit angekommen sind. Sie alle lieben ihren Beruf, aber so könne es nicht weitergehen! Beschäftigte fordern von der Politik zügige Reformen, fordern aber auch von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ganz konkret z.B. verlässliche Dienstpläne, eine stärker präventiv wirkende Gesundheitsförderung, eine höhere Wertschätzung und eine bessere Entlohnung.
Männer folgen dem Geld
Diese Forderungen habe ich in meinem Schlusswort mit Nachdruck unterstützt. Die vor allem von Familienministerin Schröder immer wieder erhobene Forderung nach mehr Männern in Gesundheits- und Sozialberufen wäre „einfach“ zu erfüllen: Männer würden den Weg in die Pflegeberufe automatisch finden, wenn die Rahmenbedingungen, u.a. eine bessere Entlohnung, stimmten.
Ich plädiere für eine Aufgabe der Langmut und die Erzeugung von stärkerem politischem Druck auf die Bundesregierung von CDU/CSU und FDP.
(v.l.n.r.: Andreas Westerfellhaus, Mechthild Rawert, Boris Velter, Mechthild Kopel, Gerd Dielmann)