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„Auf ein Wort mit Mechthild Rawert“: Gute Pflege braucht hochmotivierte und gut entlohnte Beschäftigte

2011 ist kein „Jahr der Pflege“ sondern zusehends ein „Jahr des Wartens“. Zur Verbesserung der Lebenssituation der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sowie der Beschäftigten in der Pflege wurde von Seiten der Bundesregierung auch zwei Jahre nach der Wahl nichts getan. Dabei ist der Reformdruck groß, die Finanzierung nur bis 2014 gesichert. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff muss endlich eingeführt werden, damit auch die an psychischen Erkrankungen oder an Demenz leidenden Menschen ausreichende Leistungen erhalten. Die Beschäftigten im Gesundheitsbereich und in der Pflege verdienen eine höhere gesellschaftliche Anerkennung, verdienen eine höhere Entlohnung. Die unterschiedlichen Ausbildungen in den Pflegeberufen sind zusammenzuführen und müssen künftig mehr generalisiert angeboten werden. Der Pflegeberuf ist ein innovativer Beruf mit hohen und vielfältigen Qualifikationsanforderungen. Das Gesundheitswesen und die Pflege sind - obgleich hier schon mehr als sechs Millionen Menschen arbeiten - ein zukunftssicheres Arbeitsfeld, nur leider sehen die meisten jungen Menschen hier ihre berufliche Zukunft nicht.

Auf ein Wort mit Mechthild Rawert
Deswegen habe ich in meiner jährlich stattfindenden Sommerfrühstücke-Reihe „Auf ein Wort mit Mechthild Rawert“ VertreterInnen von Pflegeeinrichtungen, ambulanten Trägern, dem Betreuten Wohnen, von Selbsthilfeorganisationen, der Tempelhof-Schöneberger Seniorenvertretung sowie Orkan Özdemir, Friedenauer SPD-Kandidat für die Bezirksverordnetenversammlung, zum Thema Pflege und SeniorInnen eingeladen. Unser diesjähriges Treffen fand in der Seniorenbegegnungsstätte Huzur in der Bülowstraße im Schöneberger Norden statt. Die Seniorenfreizeitstätte Huzur wird besonders von Migrantinnen der ersten Generation besucht. In dieser Einrichtung werden Selbsthilfepotentiale gefördert, der interkulturelle Dialog zwischen unterschiedlichen Ethnien jeden Alters verwirklicht und die Integration durch Bildung und Freizeitaktivitäten organisiert.

Ambulant vor stationär
Es wurden vielfältige Aspekte der Pflege diskutiert, durchaus auch kontrovers. Um dem Wunsch der allermeisten Menschen nach einer Pflege im häuslichen Umfeld auch nachkommen zu können, bedarf es alternsgerechte und barrierefreie Strukturen in den Kiezen. Das sich Tempelhof-Schöneberg am Projekt „Demographischer Wandel - Strategien für Berliner Bezirke“ beteiligte, hat zu einer stärkeren trägerübergreifenden Zusammenarbeit geführt. Das war auch notwendig, zumal sich der Bezirk durch die demographischen Entwicklungen tiefgreifend verändern werden. Leider setzen sich noch zu wenige Menschen mit diesen erwartbaren Prozessen auseinander.  
Der Beratungs- und Hilfebedarf von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen ist sehr groß und vielschichtig, beginnt bei alternsgerechten Wohnungen und endet nicht bei der Auswahl einer geeigneten stationären Senioreneinrichtung. Hier leisten die speziell geschulten BeraterInnen in den zwei Pflegestützpunkte in Tempelhof-Schöneberg bereits gute Arbeit. Leider sind die Pflegestützpunkte viel zu wenig bekannt. Notwendig sind auch mehr mehrsprachige Informationsflyer. Immer mehr MigrantInnen kommen in ein Alter, in dem sie pflegebedürftig werden und auf Unterstützung angewiesen sind. Viele Pflegeeinrichtungen sind auf diese multiethnischen Herausforderungen noch nicht zufriedenstellend vorbereitet.

Die Situation der Beschäftigten verbessern
Die Pflegeeinrichtungen und die Träger ambulanter Pflegestationen bekommen die Auswirkungen des in Teilbereichen bereits existierenden Fachkräftemangels bereits zu spüren. Krisitiert wurde, dass die Pflegepersonen zunehmend unter einem massiven Zeitdruck stehen. Für persönliche Gespräche mit den Pflegebedürftigen bleibt immer weniger Zeit. Das demotiviert viele Beschäftigten.
Gefordert wurde eine Verbesserung der Ausbildungsstrukturen insbesondere im Bereich der Altenpflege. Von Nöten ist auch eine stärkere Akademisierung der Pflege(aus)bildung. Eine höhere Anerkennung, mehr Aufstiegschancen und bessere Entlohnung sind dringend erforderlich. Dabei kann Deutschland sich ruhig etwas von seinen EU-Nachbarländern abschauen.

Mein Fazit:
Gute Pflege braucht unabhängig von ihrem Anwendungsort hochmotiviertes, aber auch gut bezahltes Personal. Das bedeutet aber: Es gehört auch mehr Geld ins Pflegesystem. Meiner Ansicht nach könnte ein moderater Anstieg der Beiträge für die Pflegeversicherung auf Verständnis stoßen, wenn als Gegenleistung die Pflege qualitativ verbessert werden wird. In der SPD-Bundestagsfraktion erarbeiten wir ein Konzept, um Lösungen aufzuzeigen, damit Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen und umgesetzt werden kann.