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Gegen pauschale Kriminalisierung der Berliner ambulanten Pflegedienste

Ich kritisiere die pauschale Verunglimpfung und Kriminalisierung der ambulanten Pflegebranche in Berlin durch Michael Büge (CDU), Staatssekretär für Soziales in der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, aufs Schärfste. Ich halte die unbewiesenen Vorwürfe von „systematischem Betrug“ in dieser Form für ungeheuerlich und fordere Herrn Büge auf, sich bei den Trägern und vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ambulanten Pflegedienste öffentlich zu entschuldigen.

Zum zweiten Mal - das erste Mal noch als Neuköllner Stadtrat in der Woche vor den Berliner Abgeordnetenhauswahlen - überzieht Michael Büge (CDU), mittlerweile Staatssekretär für Soziales in der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, die 560 ambulanten Pflegedienste mit ungeheuren durch Fakten nicht belegten Vorwürfen. Wie schon vor einem halben Jahr wirft Michael Büge den ambulanten Pflegediensten in Berlin vor, sie seien an Betrug im großen Stil beteiligt und verweist auf „mafiöse Strukturen“. Ein Drittel der 560 ambulanten Pflegedienste allein in Berlin würden systematisch betrügen und nicht erbrachte Leistungen abrechnen. Die Benennung konkreter Fälle bleibt er ebenso schuldig wie eine Begründung zur Größenabschätzung. Seinen Aussagen zu Folge beläuft sich der durch zu Unrecht von Pflegekassen und Sozialamt ausgezahlten Betrag entstehende Schaden alleine in Berlin auf 100 Millionen Euro. Eine nachträgliche Strafverfolgung dieses Abrechnungsbetruges sei häufig schwierig, da im Nachhinein bewiesen werden müsste, dass bestimmte Pflegeleistungen nicht erbracht worden wären.

Ich bedauere diese Entgleisungen sehr. Bedauere sie umso mehr, weil sich alle Beschäftigten in ambulanten Diensten von Herrn Büge unter Generalverdacht gestellt sehen, was wahrlich keine Form der Motivation ist, eine Beschäftigung in der Pflege auszuführen. Herr Büge sät auf diese Weise auch Misstrauen in die notwendige Vertrauensbeziehung zwischen Pflegebedürftigen und Angehörigen und den Beschäftigten, die ihre Arbeit häufig in der Häuslichkeit des/der zu Pflegenden ausüben. Nun gibt es sicherlich auch bei den Pflegediensten schwarze Schafe, und hier ist mit allen rechtsstaatlichen Mitteln durchzugreifen.

Die Unangemessenheit der pauschalen Vorwürfe ist groß - der Kenntnistand über die Rechtslage aber wohl nicht. Herr Staatssekretär Büge fordert unangemeldete Kontrollen für ambulante Pflegedienste und übersieht dabei, dass durch das 2009 in Kraft getretene Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PfWG) PrüferInnen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) schon jetzt jederzeit unangekündigt zu einem Prüfbesuch kommen. Pflegedienste sind auch bei unangemeldeten MDK-Kontrollbesuchen zur Kooperation verpflichtet und müssen Auskunft erteilen. Viele Pflegebedürftige erhalten über die Leistungen der Kranken- oder Pflegeversicherung hinaus noch weitere staatliche Unterstützung. In Berlin wurden schon vor Jahren in Rahmenverträgen zur Finanzierung ambulanter Pflegeleistungen Vereinbarungen festgehalten, die den Bezirksämtern und Pflegekassen umfängliche Prüfmöglichkeiten einräumen. Allerdings wird von diesen Möglichkeiten nicht häufig Gebrauch gemacht, weil der zeitliche und personelle Aufwand als nicht sinnvoll erachtet wird.

Es steht der CDU-geführten Senatsverwaltung Gesundheit und Soziales nicht gut zu Gesicht, mögliche Versäumnisse von Bezirksämtern, die von ihrem Prüfrecht keinen Gebrauch machen, nun den ambulanten Pflegediensten pauschal zur Last zu legen. Schlecht gebrüllt, Herr Büge.