Das Motto des 17. Kongress Armut und Gesundheit am 09./10. März in der Technischen Universität Berlin lautete „Prävention wirkt!“. In vielen Foren und Workshops setzten sich die vielen überwiegend jungen TeilnehmerInnen mit unterschiedlichen Aspekten der (fehlenden) Wirksamkeit von Strategien der Prävention und Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten auseinander.
Rege diskutierten PraktikerInnen im Workshop „Kinderarmut - hilflos gegen den Skandal?“ mit Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbund, Carola Schmidt, Geschäftsführerin der Nationalen Armutskonferenz, einem Zusammenschluss der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, bundesweit tätiger Fachverbände und Selbsthilfeorganisationen sowie des Deutschen Gewerkschaftsbundes und mir über die Frage, warum es noch keine wirksamen bevölkerungsbezogenen Initiativen gäbe, um gesellschaftliche Armut, insbesondere Kinderarmt, zu bekämpfen. Moderiert wurde die Runde von Gisela Holz, Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V..
Kein Erkenntnis- sondern ein Handlungsproblem
Es gibt zahlreiche Studien über die Zusammenhänge von Bildung, Einkommen und Gesundheit sowie über soziale Lebenslagen. Es gibt Reichtums- und Armutsberichte und die unterschiedlichsten politischen Ansätze auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene. Und trotzdem: Kinderarmut wächst an, wie Stadtentwicklungsforscher aus Dortmund, ebenso wie SozialarbeiterInnen aus Brandenburg und Bayern berichteten. Insbesondere Alleinerziehende seien betroffen.
Sie stellten die Fragen: „Warum ändert das Wissen, warum ändern die bekannten Fakten nichts? Was sind die Beharrungskräfte?“ Heinz Hilgers stellte fest, dass Armut, dass Kinder- und Elternarmut dieses Ausmaßes längst nicht mehr mit „unten oder oben“ beschrieben werden könne, sondern mit „drinnen oder draußen“. Sie sei deshalb mit Inklusion oder Exklusion zu charakterisieren.
Ich habe betont, dass Politik mit der Gießkanne nichts nützt, sondern dass es zielgerichteter Programm zugunsten spezieller Lebenslagen z.B. für Alleinerziehende oder für spezifische Regionen und Kommunen bedarf. Ich habe erneut die Zusammenkürzung des Programms „Soziale Stadt“ kritisiert und darauf hingewiesen, dass die staatliche Handlungsfähigkeit zu sichern ist. Es ist daher auch nicht nur über staatliche Ausgaben, sondern dringendst auch über die Einnahmeseite zu diskutieren.
Auch Carola Schmitt forderte mehr Zielgenauigkeit in den Programmen und eine verstärkte Netzwerkarbeit über viele Organisationen und Institutionen hinweg.
Menschenbild und politische Haltung
Rege debattiert wurde darüber, ob Gesellschaft und Politik Armut überhaupt ernsthaft bekämpfen wollen, Ob Gesellschaft und Politik das Recht aller Bürgerinnen und Bürger auf Chancengleichheit, auf Teilhabe und Partizipation, auf sozialen Aufstieg tatsächlich unterstützen. Es gäbe viele Menschen wie Thilo Sarrazin, die soziale Lebenslagen biologistisch sähen und damit das Recht eines jeden auf Veränderung seiner sozialen Lebenslage bestritten.
Wege aus der Kinderarmut
Auch die SPD-Bundestagsfraktion strebt „Wege aus der Kinderarmut“ an. Als Mitglied der Arbeitsgruppe Verteilungsgerechtigkeit und soziale Inklusion möchte ich noch auf die Dokumentation unseres Fachgespräches hinweisen, in dem politische Vorhaben aufgezeigt werden.
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,15725,00.pdf