Die Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert, Mitglied des Gesundheitsausschuss, nahm den Skandal über die kriminellen Machenschaften des französischen Brustimplantatehersteller PIP zum Anlass für eine Veranstaltung zum Thema Schönheitsoperationen. Im Frauenkulturzentrum BEGINE (www.begine.de) in der Schöneberger Potsdamer Str. fanden sich deshalb zahlreiche Frauen ein, um sich zu informieren und mit Mechthild Rawert und den weiteren Expertinnen zu diskutieren: Susanne Mauersberg, Gesundheitsreferentin vom Verbraucherzentrale Bundesverband (www.vzbv.de) und Andrea Fabris von der Unabhängigen Patientenberatung (www.unabhaengige-patientenberatung.de). Das Feld der Schönheitsoperationen ist ein weites, wie die Diskussion zeigte.
Machbar scheint heutzutage alles zu sein. Nasenkorrektur, Lidstraffung, Brustvergrößerung, Fettabsaugung. Bei der Werbung im Internet gibt es offenbar keine Grenzen. Es wird vermittelt, mit Korrekturen am Körper schafft man Selbstbewusstsein. Mit operativen Eingriffen verbundene Risiken hingegen werden, wenn überhaupt, nur minimal thematisiert.
Angesichts von über 700 000 Eingriffen jährlich ist es zwingend notwendig, das Thema Schönheitsoperationen immer wieder anzusprechen. Schönheitsoperationen, die nicht medizinisch indiziert sind, sind vom Leistungsspektrum der Gesetzlichen Krankenkasse ausgeschlossen, müssen privat bezahlt werden. Nicht erst der PIP-Skandal macht deutlich, dass der Wunsch nach Schönheit, nach dauerhaftem jugendlichem und vitalem Aussehen schnell in einem gesundheitlichen und finanziellen Fiasko enden kann.
Mechthild Rawert betonte, dass sich der Deutsche Bundestag bereits seit Jahren mit diesem Thema beschäftigt. So ist das Verbot der „Vorher-Nachher-Fotowerbung“ erlassen worden und Minderjährige können nur mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten Operationen anstreben. Sie bedauerte, dass ein umfangreiches Maßnahmepaket in der letzten Legislaturperiode seitens der CDU/CSU-Fraktion in aller letzter Minute verhindert wurde, der schon in 1. Lesung beratene Antrag somit der Diskontinuität zum Opfer fiel.
Schönheitschirurgie ist ein in die Irre führender und verwirrender Begriff - der Markt dafür ist allerdings ein Millionengeschäft! Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass viele Mediziner auf diesem Markt agieren, die keine Weiterbildung zum Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie absolviert haben. Der Rat der Expertin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Susanne Mauersberg, lautete deshalb, die Qualifikationen seine/n Operateur/in im Vorfeld genauestens zu überprüfen. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat in einer Nachstudie niederschmetternde Ergebnisse der Beratungsleistung von Schönheitsoperateuren festgestellt. Mangelhafte und unzureichende Beratung ist ihres Erachtens die Folge davon, dass die wirtschaftlichen Interessen der Ärzte und Kliniken im Vordergrund stehen würden. Aus diesem Grund plädiert sie für eine verpflichtende unabhängige Beratung mit angemessenen Fristen. Frauen und Männer, die einen operativen Eingriff machen lassen wollen, sollen die Gelegenheit haben, in Ruhe über Risiken und Auswirkungen der gewünschten Schönheitsoperation nachdenken können.
Nach der Haftpflichtversicherung der Ärzte zu fragen, war ein weiterer praktischer Tipp! Denn Ärzte müssen der Ärztekammer nicht anzeigen, wenn sie ihre Haftpflichtversicherung verloren haben. Im Falle eines Schadens könne so auf die Frauen zusätzlich zum gesundheitlichem Schaden auch ganz schnell noch ein finanzieller hinzukommen!
Andrea Fabris von der Unabhängigen Patientenberatung (upd), kennt das Leid der Betroffenen. In die Beratungsstellen kommen immer wieder Patient/in/en, die vor der Operation nicht ausreichend informiert worden waren, die diese angesichts unverständlicher Fachtermini und erlebtem großem Zeitdruck vor der schriftlichen Einwilligung auch nicht eingefordert haben. Häufige Fragen seien auch, ob eine gewünschte Operation medizinisch indiziert und damit von der Gesetzlichen Krankenkasse zu finanzieren sei oder nicht. Am Beispiel von Hautlappen, die entstehen, wenn viel Gewicht in kurzer Zeit abgenommen wird, machte sie deutlich, dass diese Frage nur im Einzelfall zu klären sei. Wird eine OP lediglich aus ästhetischen Gründen angestrebt, sei diese sicherlich eine reine Schönheitsoperation, bilden sich jedoch Entzündungen in den Falten unter den Hautlappen, könne unter Umständen auch eine medizinische Indikation durch einen Arzt festgestellt werden.
Der PIP-Skandal hat nicht nur die Frauen mit Brustimplantaten verunsichert sondern auch die vielen, die andere Medizinprodukt wie z.B. künstliche Gelenke operiert bekommen haben und im Nachhinein festgestellt wird, dass diese Medizinprodukte fehlerhaft sind. Aus diesem Grunde begrüße sie den Vorstoß der SPD-Bundestagsfraktion zu einem Antrag, der die Verbesserung der Sicherheit von Medizinprodukten in den Mittelpunkt stelle, sehr.
Die Expertinnen äußerten an die Anwesenden zum Schluss eine Bitte: „Bewerten Sie Ihren Arzt/ Ärztin auf www.weisse-liste.de .“ Die Weiße Liste hat das Ziel, PatientInnen und Versicherte bei der Suche nach einem Krankenhaus, Arzt oder Pflegeheim zu unterstützen - mit verständlichen und unabhängigen Informationen. Das Internetportal ist ein gemeinsames Projekt der Bertelsmann Stiftung und der Dachverbände der größten Patienten- und Verbraucherorganisationen.