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Einblick in das politische Berlin

Am 19. Januar 2013 habe ich zur ersten politischen Tagesfahrt in diesem Jahr eingeladen. Jeweils 50 Bürgerinnen und Bürger aus meinem Wahlkreis Tempelhof- Schöneberg können bei diesen Tagesfahrten Einblick in das „politische Berlin“ nehmen. Die Fahrten werden in Kooperation mit mir und meiner Mitarbeiterin im Wahlkreisbüro vom Bundespresseamt organisiert. Begleitet wurde die Fahrt von einer Betreuerin des Bundespresseamts und meiner Mitarbeiterin Manuela Harling.

Um 8.45 Uhr traf sich die Gruppe am Rathaus Tempelhof. Dort wartete der Reisebus, der die Gruppe den ganzen Tag von Station zu Station bringen sollte. Dass „Solidarität“ von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fahrt gelebt wird, machte sich schon zur frühen Stunde bemerkbar: Alle waren bei sehr kaltem Wetter pünktlich am Bus, auf niemanden muss gewartet werden.

Deutscher Bundestag
Erste Station war das Reichstagsgebäude. Auf der Besuchertribüne des Plenarsaals erwartete die Gruppe ein Informationsvortrag. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfuhren, wie der politische Alltag verläuft, dass der Plenarsaal bei Debatten nicht aufgrund unserer Uninteressiertheit so leer ist, sondern weil wir Abgeordnete zeitgleich zum Plenarprogramm auch unsere Facharbeitsgruppen und Ausschüsse absolvieren müssen und zudem noch viele andere Gespräche führen. Eine Besonderheit dieses Tribünenvortrages im Plenarsaal war das Erleben des Umbaus für die gemeinsame Sitzung des Deutschen Bundestages und der französischen Nationalversammlung (Assemblée nationale) zum 50.Jahrestag der Unterzeichnung des Elysée-Vertrags. Die gesamte Bestuhlung muss - wie bei einer Bundespräsidentenwahl auch - ausgebaut und mit einer entsprechenden Anzahl von Konferenzstühlen bestückt werden. Hier findet am 22. Januar eine gemeinsame Veranstaltung der deutschen und französischen Abgeordneten in Anwesenheit der beiden Regierungen, von Staatspräsident Hollande und Bundespräsident Gauck sowie VertreterInnen des Bundesrates und des französischen Senats statt.

Intensive Diskussion zum BER und zum Bundestagswahlkampf
An der Fahrt nahmen viele diskussionsfreudige Genossinnen und Genossen teil. Ein uns alle bewegendes Thema ist der Flughafen BER. Die erneute Verschiebung ist unbestreitbar ein politisches Debakel. Es ist eine Flughabenkrise und keine Regierungskrise. Dennoch Fragen über Fragen: Wie geht es weiter? Kann der Staat keine Großprojekte bauen? Welches Spiel spielt eigentlich der Bund? Ich habe mich als Sprecherin der Berliner Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion intensiv mit der Flughafenkrise auseinandergesetzt. Der Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ war Gegenstand der letzten Plenardebatte im alten Jahr und Gegenstand des ersten Debattentags im neuen Jahr. Zusammen mit den Mitgliedern des Verkehrsausschusses hatte ich im Herbst an der Baustellenbesichtigung teilgenommen. Wir alle hatten damals nicht das Gefühl auf einer Baustelle zu stehen, die so desatrös ist, wie die Medien sie nun darstellen. Niemals wäre ich davon ausgegangen, dass Firmen entgegen der Planungen zum Beispiel Kabeltrassen nicht getrennt verlegen. Niemals auf die Idee gekommen, dass renommierte und weltweit agierende Unternehmen eine Brandschutzanlage installieren, die bautechnisch nicht abnahmefähig ist. Ich zolle Klaus Wowereit dafür Respekt, dass er auch weiterhin Verantwortung übernimmt. Denn viel einfacher wäre ein Rückzug. Und ich wünsche Matthias Platzeck viel Erfolg für das übernommene Amt.

Die Frage, ob ein „Privater“ es besser gemacht hätte, kann nachträglich nicht beantwortet werden, aber mit dem Blick auf die Hamburger Elbphilharmonie ist zu Recht Skepsis angesagt, zumal ein Teil der Probleme des BER Gesetzesänderungen und erhöhte Sicherheitsanforderungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sind. Kostenerhöhungen durch Gerichtsurteile zum Beispiel wegen Lärmschutzes hätte auch ein Generalunternehmer nicht vermeiden können.

Ärgerlich bin ich allerdings über die Rolle, die Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU) in der Flughafenkrise spielt. Er gibt sich trotz 26 Prozent Anteilseignerschaft als unbeteiligter Dritter. Dabei sind alle Beschlüsse des Aufsichtsrates einstimmig - also auch mit den Stimmen des vom Bundesverkehrsministeriums in den Aufsichtsrat entsandten Staatssekretärs - gefallen! Bundesverkehrsminister Ramsauer meint mit dieser Strategie Vorwahlkampf für die bayerische Landtagswahl machen und so von eigenen Problemen ablenken zu können. So ist für den Regierungsflughafen noch nicht einmal der Grundstein gelegt, aber die Kosten sind bereits gestiegen, eine Eröffnung findet nicht vor 2016/2017 statt.

Zweites großes Diskussionsthema war die anstehende Richtungswahl in Niedersachsen am kommenden Tag sowie der bevorstehende gemeinsame Bundestagswahlkampf. Zu Recht herrscht Unmut über den holprigen Start von Peer Steinbrück. Ein Teilnehmer stellte sich und uns auch die Frage, ob er der richtige Kandidat ist. Peer Steinbrück ist aber vom Bundesparteitag mit überwältigender Mehrheit zum Spitzenkandidat gewählt worden. Mit Blick auf seine entschuldigenden Äußerungen am Wahlabend der Niedersachsenwahl bin ich mir sicher, er hat verstanden!

Niemand konnte den Wahlkrimi der Niedersachsenwahl erahnen. Ich danke allen Genossinnen und Genossen, die beherzt Wahlkampf gemacht haben. Sie haben es geschafft, das Stephan Weil neuer Ministerpräsident einer rot-grünen Regierung in Niedersachsen wird. Damit ändern sich zu Gunsten von Rot-Grün auch die Mehrheiten im Bundesrat. Dieser kann nun eine eigene Initiative zur Abschaffung des widersinnigen Betreuungsgeldes starten. Das finde ich super!

Für den Bundestagswahlkampf wird deutlich: Es lohnt sich zu kämpfen! Ich freue mich, dass sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer meiner politischen Tagesfahrt für einen aktiven Wahlkampfbereit erklärt haben. Ich bin schon gespannt auf die Einladungen ins heimische Wohnzimmer zum Kennenlernen, zum Diskutieren.

Leider verging die angesetzte Zeit wieder viel zu schnell. Erwartet wurden wir schon vom Bundestagsfotografen zum Gruppenfoto auf der Dachterrasse. Im Anschluss nutzten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gelegenheit, die Kuppel hochzulaufen und den Blick über Berlin zu genießen, bevor es zum Mittagessen im Restaurant Nolle in den S-Bahn-Bögen an der Friedrichstraße ging. Auch hier wurde in kleineren Tischrunden rege weiterdiskutiert.  

Besuch im „Tränenpalast“
Im Anschluss wurde die neue Dauerausstellung im Tränenpalast besucht. Bei einer Führung erinnerten sich viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer daran wie das Leben in der geteilten Stadt Berlin war und wie sie die Reisen in den anderen Teil der Stadt erlebt haben. Es war bei vielen eine sehr emotionale „Reise in die eigene Vergangenheit“. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausstellung für ihre Informationen und ihre Gesprächsbereitschaft.  

Auf den Spuren Willy Brandts
Der vorletzte Programmpunkt war der Besuch der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung. Im letzten Sommer ist die Ausstellung zum Leben Willy-Brandts in neue Räumlichkeiten in Unter die Linden gezogen. Nach wie vor bedauere ich die Aufgabe der vorherigen Räumlichkeiten am Originalort Rathaus Schöneberg. Auch diese Ausstellung weckte bei vielen eigene Erinnerungen.

Der Abschluss des Tages war ein gemeinsames Abendessen im Restaurant Maredo. Hier konnte man den Tag noch einmal Revue passieren lassen bevor die letzte Busfahrt die Gruppe wieder zum Ausgangsort brachte.