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Politische Tagesfahrt - Berlin „anders“ erleben

Am 20. September 2013 fand die letzte politische Tagesfahrt 2013 statt. Als Berliner Abgeordnete darf ich sechs Mal im Jahr Bürgerinnen und Bürger aus Tempelhof-Schöneberg zu einer politische Tagesfahrt, der sogenannten BPA-Fahrt, einladen. Die Fahrten werden in Kooperation mit mir, meiner Mitarbeiterin im Wahlkreisbüro und dem Bundespresseamt (BPA) organisiert. Mein Ziel dabei ist, politisches Handeln Bürgerinnen und Bürger näher zu bringen und transparenter zu machen und auch: Diese BürgerInnen zu eigenem politischem Handeln zu begeistern.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden morgens um 8.30 Uhr von meiner Mitarbeiterin Manuela Harling und einer Betreuerin des Bundespresseamtes in Empfang genommen und den ganzen Tag über begleitet. Erste Station war diesmal das Paul-Löbe-Haus. Das rund 200 Meter lange und 102 Meter breite Paul-Löbe-Haus ist quasi mein „erster parlamentarischer Arbeitsplatz“. Hier tagen die Fachausschüsse des Deutschen Bundestages und die entsprechenden Arbeitsgruppen der SPD. Der größte Teil unserer Arbeit wird nicht im Plenum, sondern in den ständigen Fachausschüssen und Arbeitsgruppen geleistet, von denen die meisten dem Arbeitsbereich eines Bundesministeriums zugeordnet sind. Nach der Geschäftsordnung sind die Ausschüsse "vorbereitende Beschlussorgane" des Bundestages. Faktisch fallen die Entscheidungen oft schon hier, da sich die meisten Abgeordneten bei ihrem abschließendem Votum über Gesetze im Plenum auf die detaillierte Vorarbeit der Ausschüsse und deren Beschlussempfehlungen verlassen bzw. verlassen müssen.

Diskussion mit Mechthild Rawert (MdB, SPD)
In einem Ausschusssaal traf ich also meine Besucherinnen und Besucher. Zwei Tage vor der Bundestagswahl war das bestimmende Thema natürlich gesetzt. Es ging um die Kernforderungen der SPD im Wahlkampf. SPD und CDU unterscheiden sich! Es lohnt sich für eine gerechte Gesellschaft, für eine gerechte Welt zu kämpfen: für den gesetzlichen Mindestlohn, die solidarische BürgerInnenversicherung, für mehr und bessere Kitas, für gute kostenfreie Bildung von der Kita bis zur Uni, für klare Regeln für Finanzmärkte und Banken, für eine härtere Gangart gegen SteuerbetrügerInnen, für eine Solidarrente von 850 Euro, für gleichen Lohn für Frauen und Männer und zwischen Stammbelegschaft und für LeiharbeiterInnen, für eine wirksame Mietpreisbremse, für die doppelte Staatsbürgerschaft, für das Verbot von Waffenexporten in Krisengebiete.
Hauptthema war die Bürgerversicherung. Was ist das Neue? Welche Unterschiede gibt es zur gesetzlichen Krankenversicherung wie wir sie kennen? Und was bedeutet diese für Privatversicherte?
Die SPD-Bundestagsfraktion will ein solidarisches Gesundheitswesen, in dem alle die bestmögliche medizinische, pflegerische und rehabilitative Versorgung bekommen - ambulant und stationär. Unsere solidarische BürgerInnenversicherung bezieht sich sowohl auf die Finanzierungs- als auch auf die Versorgungsebene: Wir setzen uns für eine solidarische Finanzierung ein, die auch in Zukunft sicherstellt, dass alle Menschen angemessen therapiert werden und wohnortnahen Zugang zu modernen Behandlungsmethoden haben und wir wollen qualitative Verbesserungen im Gesundheitswesen und in der Pflege, die bei den BürgerInnen auch ankommt.

Die SPD will die Bürgerversicherung als Krankenvoll- und Pflegeversicherung für alle Bürgerinnen und Bürger einführen. Wir wollen die tatsächliche Parität zwischen Arbeitgebern und ArbeitnehmerInnen wieder herstellen, indem die Arbeitgeber wieder den gleichen Beitrag leisten. Außerdem wollen wir für alle gesetzlichen Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungsunternehmen einen gleichen Wettbewerbsrahmen schaffen. So stärken wir die Solidarität zwischen den hohen und den niedrigen Einkommen, zwischen gesetzlichen und privaten Kranken- bzw. Pflegeversicherungen.
Die gesetzliche Krankenversicherung ist das Herzstück unseres sozialen Sicherungssystems. Daher dürfen die gesundheitliche Versorgung und ihre Finanzierung keine Privatsache sein. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dafür zu sorgen, dass sich alle Menschen auf Hilfe im Ernstfall verlassen können - unabhängig vom eigenen Geldbeutel oder der sozialen Lage!
Die mehr als einstündige Diskussion mit mir verging „wie im Fluge“ und wurde durch das Eintreffen des Bundestagsfotografen, der von uns ein Gruppenfoto machen wollte, jäh beendet.


Stadtrundfahrt durch die Bundeshauptstadt
Der Bus holte die Gruppe am Haupteingang des Paul-Löbe-Hauses wieder ab - und los ging´s mit einer Stadtrundfahrt durch Berlin: eine Stadt mit vielen Gesichtern, eine Stadt des schnellen Wandels, in der die einzelnen Phasen der Stadtentwicklung dennoch deutliche Spuren hinterlassen haben. Der Wunsch, das Mauerdenkmal in der Brunnenstraße zu Fuß zu erkunden, wurde angesichts des einsetzenden Regens fallen gelassen, das Mauerdenkmal also mit dem Bus abgefahren und weitere Orte in Ost und West angefahren. Dabei stellten die TeilnehmerInnen immer wieder fest, dass es kaum noch sichtbare Spuren der Teilung der Stadt gibt und auch die eigene Erinnerung nach über zwei Jahrzehnten verblasst ist.
Am Restaurant Giraffe in der Kloppstockstraße wurde die Stadtrundfahrt beendet. Vielen TeilnehmerInnen war das Restaurant bekannt, liegt es doch in einem der Hochhäuser, die für die Bauausstellung 1957 in Tiergarten gebaut wurden, und es eines der angesagten Restaurants für Familienausflüge war.


Zu Besuch im Technischen Hilfswerk
Die meisten Menschen in Deutschland kennen das Technische Hilfswerk, kurz THW, aus dem Fernsehen oder der Zeitung. Immer wieder, wenn Naturkatastrophen eintreten, lesen bzw. hören wir, dass das Technische Hilfswerk zur Unterstützung der Feuerwehr etc. angefordert wurde.
Aber wer ist dort tätig? Wie kann immer so schnell Hilfe vor Ort sein, wenn technisches Gerät und dringende Hilfe von Nöten ist?
Die Struktur des THW ist weltweit einmalig: Organisatorisch gehört das THW als Bundesanstalt zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Jedoch sind nur ein Prozent der MitarbeiterInnen hauptamtlich für die Behörde tätig.
Die Gruppe erfuhr, dass 99 % der THW-Angehörigen ehrenamtlich im THW arbeiten. In 668 Ortsverbänden engagieren sich bundesweit mehr als 80.000 Helferinnen und Helfer in ihrer Freizeit, um Menschen in Not kompetent und engagiert Hilfe zu leisten. In Berlin ist das THW in jedem Bezirk aktiv. Hier unterstützen auch jeden Tag zwei Ortsverbände gemeinsam die Berliner Berufsfeuerwehr und stehen mit ihrem technischen Sachverstand und der notwendigen technischen Ausrüstung unterstützend zur Verfügung. Allein in Tempelhof-Schöneberg gibt es 288 Menschen, die sich ehrenamtlich beim THW engagieren. Der Besuch im Informationszentrum in der Charlottenburger Soorstraße hat bei allen TeilnehmerInnen einen bleibenden Eindruck hinterlassen.


Dauerausstellung im „Tränenpalast“
Immer wieder anrührend ist der Besuch der ständigen Ausstellung „GrenzErfahrungen. Alltag der deutschen Teilung" im „Tränenpalast“. Am historischen Ort des denkmalgeschützten Tränenpalasts veranschaulicht die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland anhand biografischer Beispiele, Originalobjekte und Zeitzeugeninterviews das Leben angesichts von Teilung und Grenze. Die Ausstellung zeigt zudem die wichtigsten Stationen im Vereinigungsprozess.
Abschiedstränen und Sehnsucht, Wut und Verzweiflung - an keinem anderen Ort konzentrieren sich Gefühle der Grenzerfahrung derart wie am und im Tränenpalast, jener Berliner Grenzübergangsstelle für die Ausreise von Ost nach West am Bahnhof Friedrichstraße. Hier erlebten die Menschen unmittelbar, wie stark sich die deutsche Teilung auf ihr persönliches Leben auswirkte. Erst mit dem Fall der Mauer verliert der Tränenpalast diese Funktion. Einige meiner Gäste haben während der Führung von persönlichen schmerzhaften Erlebnissen berichtet, die sie während der Teilung in diesem Gebäude erlebt haben. Selbst heute bekommt mensch ein Schauergefühl, wenn mensch die persönlichen Geschichten der Zeitzeugen hört. Ein Glück, dass diese Zeit nun der Geschichte angehört. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausstellung für ihre Informationen und ihre Gesprächsbereitschaft.
Den Abschluss des eindruckreichen Tages bildete das Abendessen im Restaurant Antica Lasagneria, Neustädtische Kirchstraße. Hier konnten die TeilnehmerInnen noch einmal den Tag Revue passieren lassen bevor es zurück nach Tempelhof ging.