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Prostitutionsschutz: Rundgang durch den Kurfürstenstraßenkiez

Am 13. Januar 2015 machte ich zusammen mit meiner Berliner Kollegin Christina Schwarzer von der CDU-Bundestagsfraktion einen Vor-Ort-Termin im Kurfürstenstraßenkiez. Hintergrund für den abendlichen Rundgang ist die im Koalitionsvertrag vereinbarte Änderung des Prostitutionsschutzgesetzes. Meine Kollegin Christina Schwarzer hatte den Wunsch für das Gespräch mit Expertinnen sehr schön begründet: „Man kann Gesetze nur vom Schreibtisch aus machen, besser ist es aber vorher mit denen, die damit arbeiten und leben müssen, zu reden.“.

Probleme der Prostituierten

Christina Schwarzer und ich trafen uns mit Heike Sievers und Simone Glaß von Gangway e.V.. Beide Frauen gehören zum Team „Streetwork an Brennpunkten“. Sie sind an drei Abenden in der Woche im Kurfürstenstraßenkiez unterwegs. Heike Sievers und Simone Glaß berichteten uns von den Problemen, die die Prostituierten hier haben.

So vielfältig wie die SexarbeiterInnen im Kurfürstenstraßenkiez, so vielfältig sind auch die Probleme. Im Kurfürstenkiez arbeiten Jung und Alt, dick und dünn, Frauen und „Transen“, Deutsche und Nichtdeutsche.

Allgegenwärtig ist die Wohnungsproblematik. Die Frauen, die nach Berlin kommen, um hier der Prostitution nachzugehen, finden keine Wohnung. Denn sie können ihr Einkommen nicht nachweisen. Ohne Wohnung haben sie keine Meldeadresse und ohne Meldeadressewird es schwierig sich beim Finanzamt anzumelden, eine Krankenversicherung abzuschließen etc.. So stehen viele Prostituierte in der Straße und arbeiten nur dafür sich für die Nacht das Geld für eine Unterkunft in einem billigen Hotel oder einer Pension zu verdienen.

Etliche Prostituierte in diesem Kiez arbeiten auch für die Finanzierung ihrer schweren Drogensucht. Prostitution ist für sie der einzige legale Weg um Geld für ihre Suchtmittel zu verdienen. Sie arbeiten als Prostituierte um nicht kriminell zu werden. Da sie oftmals nicht krankenversichert sind, ist für sie ein Drogentherapieplatz unerreichbar.

Wirkungen von Verschärfungen

Heike Sievers und Simone Glaß beschrieben auch welche Auswirkungen die von der Union geforderten Änderungen des Prostitutionsgesetzes für ihre Arbeit hätten.

Einführung von Altersgrenzen: Aus Sicht der Union sollte Prostitution erst mit 21 Jahren erlaubt sein. Die Expertinnen halten diese Forderung für nicht sinnvoll. Denn es sei nicht zu vermitteln, dass volljährige Frauen alles dürfen außer sich zu prostituieren. Die jungen Frauen würden in die Illegalität geschoben. Die Annahme, dass 18- bis 21jährige sich an das Verbot halten würden, sei weltfremd. Die Konsequenz für das Beratungs- und Hilfenetz im Kurfürstenstraßenkiez wäre, dass sie Frauen unter 21 Jahren nicht mehr sozial und gesundheitsbezogen beraten und betreuen dürften. Das sei Ausgrenzung, denn diese jungen Frauen würden dann keinerlei AnsprechpartnerInnen mehr haben.  

Obligatorischer Gesundheitscheck: Die Prostituierten wissen, dass ihr Körper ihr Kapital ist. Ärztliche Angebote werden gern angenommen. Das Berliner Angebot deckt den Bedarf nicht ab. Eine Zwangsuntersuchung hingegen sei kontraproduktiv. Sie würde nicht als gesundheitsschützende Maßnahme empfunden werden, sondern als Repressalie. Zudem bietet eine Zwangsuntersuchung keinen Schutz, denn sie ist eine Momentaufnahme des Gesundheitszustandes.

Prostituierte wollen keinen Verkehr ohne Kondom. Sie werden aber immer wieder von Freiern bedrängt auf ein Kondom zu verzichten. Der vermeintliche Schutz durch eine Zwangsuntersuchung könnte hier kontraproduktiv wirken und den Wunsch von Freiern nach ungeschütztem Verkehr verstärken.

Wünsche an die Politik

Nicht mehr thematisiert werden konnte die Anmeldepflicht - eine weitere Forderung der CDU/CSU. Dafür wurde jedoch ein Wunsch geäußert, der vom Netzwerk der Beratungs- und Hilfeeinrichtungen getragen wird. Die Einrichtungen wünschen sich eine SprachmittlerInnen-Telefonhotline, um besser mit ihren KlientInnen kommunizieren zu können und das friedliche Miteinander von AnwohnerInnen, Gewerbetreibenden und SexarbeiterInnen besser bewerkstelligen zu können.