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Akzeptanz, Inklusion und seelische Gesundheit

Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit können krank machen. Die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und offenen Ressentiments haben Auswirkungen auf die seelische Gesundheit von Menschen. Daher fragt die Charité - Universitätsmedizin Berlin nach den gesundheitlichen Folgen von rassistischer, religiöser oder anderer Diskriminierung und initiierte eine Veranstaltungsreihe „Akzeptanz, Inklusion und seelische Gesundheit“ Mit dieser Reihe sollen aktuelle Erkenntnisse aus dem Bereich der interkulturellen Psychiatrie und Psychotherapie sowie der interkulturellen Migrations- und Versorgungsforschung thematisiert werden. Getragen wird die Veranstaltungsreihe von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité, dem Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung sowie der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus. Auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft der kulturellen Vielfalt müssen Antworten für die Frage, wie sich sozialer Ausschluss, rassistisch oder politisch motivierte Gewalt und andere Formen von Diskriminierung auf die individuelle seelische Gesundheit auswirken, entwickelt werden.

Kulturelle Vielfalt und seelische Gesundheit

Zahlreiche Vorträge und Statements bildeten am 13. Februar 2015 den Auftakt der Veranstaltungsreihe. Die Veranstaltung fand in dem denkmalgeschütztem Hörsaal der Nervenklinik, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie auf dem Charité Campus Mitte (CCM) statt.

Nach einer Einführung von Prof. Dr. Karl Max Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité - Universitätsmedizin Berlin, informierte Prof. Dr. Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am CCM, in seinem Impulsreferat „Soziale Auswirkung und psychische Gesundheit im städtischen Raum“ über psychische Folgen von Ausgrenzung und Armut. Dr. Meryam Schouler-Ocak referierte den aktuellen Forschungstand der „Psychischen Folgen von Diskriminierung und fremdenfeindlichen Auswirkungen“. Sie leitet den Forschungsbereich interkulturelle Migrations- und Versorgungsforschung, Sozialmedizin der Charité,

Rassistische und politisch motivierte Gewalt und ihre Folgen - Quo vadis?

Über „Rassistische und politisch motivierte Gewalt und ihre Folgen - Quo vadis?“ informierte Heike Kleffner, Journalistin und Rechtsextremismusexpertin. Sie verwies darauf, dass die Erfahrungen gerade aus dem NSU-Untersuchungsausschuss belegen, dass die Meldungen von StrafverfolgerInnen und Verfassungsschutzämtern stärker zu hinterfragen sind. Wir alle müssten uns vor Augen führen, dass das NSU-Netzwerk nur ein Teil einer neonazistischen Bewegung ist, welche das Ziel verfolgt eine demokratische Gesellschaft durch ein rassistisches und antisemitisches Regime zu ersetzen. Rechtsradikalismus und alltägliche rassistische Gewalt sind nicht voneinander zu trennen, denn die Übergänge sind fließend. Auf die Frage „Was können wir tun?“ erklärt Kleffer, dass die Betroffenen sich Solidarität und Anteilnahme wünschen. Die Perspektive der Betroffenen müsse in alles einbezogen werden.

„Wissenschaft in Verantwortung“ – Zeichen setzen für kulturelle Vielfalt

Engagierte VertreterInnen aus der Zivilgesellschaft beteiligten sich mit Statements an der anschließenden Podiumsrunde.

Es sind die vielen „kleinen Blicke im Alltag“, die das Selbstvertrauen unterhöhlen, betonte Ferdinand Haenel. Haenel ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und leitet der Tagesklinik im Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin. Diese „kleinen Blicke im Alltag“ seien insbesondere von Flüchtlingen schwer zu ertragen, da viele von ihnen bereits unter Traumatisierungen aufgrund der Situation in ihren Heimatländern und der Flucht leiden. Er vermisst bei vielen hier in Deutschland Lebenden die Neugierde erfahren zu wollen, was es bedeute Flüchtling zu sein. Es sei so viel einfacher, hinter Pediga hinterherzulaufen.

Der zweiten, dritten und vierten Generation der EinwanderInnen sollte im öffentlichen Raum viel früher Anteilnahme gezeigt werden, als dieses bei den Kindern der Überlebenden der Shoa geschehen sei, meinte Ester Dischereit. Die deutsch-jüdische Schriftstellerin und Journalistin thematisiert in ihren Werken vor allem die Assimilation der Juden in Deutschland. „Es darf keine mehr Zeit verstreichen“, betonte Dischereit. Die Verweigerung von Anteilnahme erschwere die Vergewisserung, wer denn nun tatsächlich „an meiner Seite stehen“. Vorenthaltene Empathie führe zu einer gesellschaftlichen Unsichtbarkeit, unter der die einzelnen Individuen leiden.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Safter Cinar, kritisierte die Asylrechtsänderungen von 1993 und lehnte eine Ausweitung der sogenannten „sicheren Herkunftsländer“ strikt ab. Er forderte ein Mehr an Bildung im Kampf gegen Antisemitismus und Islamophobie. Alle An- und Übergriffe sollten bei der Polizei angezeigt werden, forderte Lala Süsskind, Vorsitzende des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemismus. Das Problem sei, dass viele Menschen aus sogenannten Minority-Communities nicht mehr daran glauben, dass ihnen tatsächlich geholfen wird.

Die Veranstaltung möchte zu einem offenen Diskurs anregen und ein Zeichen für kulturelle Vielfalt setzen - ganz im Sinne einer „Wissenschaft in Verantwortung“.