Die Landesvertretung NRW hatte am 2. März 2015 JournalistInnen zu einem Hintergrundgespräch zur Vorstellung des Abschlussberichtes des Runden Tisches Prostitution eingeladen, an dem ich freundlicherweise teilnehmen konnte.
Der „Runde Tisch Prostitution Nordrhein-Westfalen“ hat in seinem vierjährigen Bestehen eine einzigartige Wissensbasis für das Thema Prostitution geschaffen. Es wurden sämtliche Einzelaspekte des häufig mit Vorurteilen behafteten Themas beleuchtet und bewertet. Nahezu 70 Fachleute aus Wissenschaft und Praxis haben mit ihrer Expertise dazu beigetragen, den Abschlussbericht zu einem Kompendium zu machen.
Zu Beginn des Hintergrundgesprächs wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gespräch dazu beitragen soll, die mediale Debatte zu versachlichen. Dazu eigne sich der Abschlussbericht gut. Es könne aufgezeigt werden, wie facettenreich Prostitution ist und dass es nicht korrekt ist, hier ständig alles miteinander zu vermengen. Mensch müsse männlichen und weiblichen Prostituierten zugestehen, dass sie freiwillig und selbstständig in der Prostitution arbeiten. Beiträge, die jede Art der Prostitution als von Menschenhandel und Zwang bedingt darstellen, seien nicht hilfreich.
Änderungen des Prostituiertenschutzgesetzes
Grundsätzlich müsse es bei dem derzeit auf Bundesebene stark debattierten Gesetzes, zu dem noch kein Gesetzentwurf vorliegt, politisch um den Schutz in der Prostitution und nicht um den Schutz vor der Prostitution gehen.
Wirkungen einer bundesweiten Anmeldepflicht
Claudia Zimmermann-Schwartz, Abteilung Emanzipation im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter und Leiterin des Runden Tisches, stellte sich im Hintergrundgespräch auch den Fragen zu den geplanten Änderungen des Prostituiertenschutzgesetzes. So wurde sie nach den Auswirkungen einer bundesweiten Anmeldepflicht befragt. Ihrer Meinung nach ist - sofern Datenschutz und Verfassungsmäßigkeit im Gesetz überhaupt gewährleistet werden können - eine Anmeldepflicht ihres Erachtens erst dann sinnvoll, wenn Prostitution als Beruf nicht mehr mit einem Stigma belegt ist und das wäre noch lange Zeit nicht der Fall. Derzeit verschleiern Prostituierte ihren Beruf, um keinerlei Nachteile im gesellschaftlichen Leben zu erfahren. Eine Anmeldepflicht im ländlichen Raum - so die Befürchtung - würde die in der Prostitution arbeitenden Menschen schnell outen. Dies erschwert einen Ausstieg.
Zwangsgesundheitsuntersuchungen entfallen
Sie begrüßte hingegen, dass Bundesministerin Manuela Schwesig die Union von der Idee der verpflichtenden Gesundheitsuntersuchungen abgebracht hat. Schon der mit dem Wechsel vom Bundes-Seuchengesetz zum Infektionsschutzgesetz vollzogene Paradigmenwechsel würde einer verpflichtenden Gesundheitsuntersuchung entgegenstehen. Das Infektionsschutzgesetz setzt auf Freiwilligkeit; mit Information, Beratung, Betreuung und Versorgungsangeboten sollen die Menschen in die Lage versetzt werden auf ihre Gesundheit zu achten. Zwangsuntersuchungen stehen dem Ziel des mündigen Bürgers/ der mündigen Bürgerin entgegen.
Kondompflicht
Natürlich wurde auch nach der in der Koalition beschlossenen Kondompflicht gefragt. Cornelia Zimmermann-Schwartz sah dies sehr skeptisch und konnte den Nutzen dieser Regelung für die in der Prostitution Arbeitenden nicht erkennen. Der Runde Tisch hatte sich hingegen für ein Werbeverbot für kondomfreien Verkehr - wie er in Großbordellen und Laufhäusern zu finden ist - ausgesprochen.
Keine Anhebung des Mindestalters
Es war Cornelia Zimmermann-Schwartz ein wichtiges Anliegen zu erläutern, dass sie sehr froh sei, dass die Anhebung des Mindestalters von 18 auf 21 Jahre „vom Tisch“ sei. Dies wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich gewesen.
Einführung einer Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten
Die Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten wurde sehr begrüßt. Jemand der als Zuhälter aufgefallen ist oder wegen Menschenhandel und Zwangsprostitution verurteilt wurde, dürfe seine Geschäfte nicht weiter betreiben.
Nicht beantworten konnte sie die Frage, ob an der Gesetzesänderung auch die Länder über den Bundesrat beteiligt werden müssen. Sie geht allerdings wegen der Vielzahl von Aufgaben, die auf die Länder und Kommunen zukommen können, davon aus.
Manuela Harling, Mitarbeiterin im Wahlkreisbüro