„Ladies only“ hieß es am Freitag, dem 27. März 2015. Es ist bereits Tradition, dass ich im Tempelhof-Schöneberger Frauenmärz Frauen zu einer politischen Tagesfahrt in das politische Berlin einlade.
So trafen sich am vergangenen Freitagmorgen 50 Frauen aus Tempelhof-Schöneberg am Tempelhofer Rathaus. Sie wurden von meiner Mitarbeiterin Manuela Harling, die die Gruppe den Tag über begleitete, empfangen.
Lohnenswerte Ausstellung „Schwestern zur Sonne, zur Gleichstellung“.
Erste Station der Tagesreise war eine Besichtigung und Diskussion im Willy-Brandt-Haus (Wilhelmstraße 141, 10963 Berlin-Kreuzberg), der SPD-Parteizentrale. Die SPD führt ein offenes Haus, so ist das Atrium ist für jedermann und jedefrau geöffnet. Es gibt immer wieder hervorragende Ausstellungen - derzeit u.a. die sehr lohnenswerte Ausstellung „Schwestern zur Sonne, zur Gleichstellung“. Aufgezeigt werden Wegmarken der Frauenemanzipation anhand der Geschichte der SPD-Frauenpolitik vom 19. Jahrhundert bis heute. Besuchen auch Sie das Willy-Brandt-Haus bis zum 12. April 2015 in der Zeit dienstags bis sonntags zwischen 12 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Bitte bringen Sie Ihren Ausweis mit. Es gibt einen wunderbaren Katalog.
Lebendige Diskussion im Willy-Brandt-Haus
Kai Ihlefeld, Mitarbeiter des Willy-Brandt-Hauses, erläuterte höchst kompetent die Organisation der SPD-Parteizentrale, aber auch die Architektur, die ökologische Bauweise und natürlich auch die Willy-Brandt-Statue. Vor der Statue wurde ein Gruppenfoto als Erinnerung an den Besuch gemacht.
Nach einem kurzen Film über die Geschichte der SPD bestand die Gelegenheit zur Diskussion mit der Referentin des Parteivorstandes, Jana Heinze. Ein großes Thema war die Nachbarschaftskampagne der SPD. Diese hat das Ziel der intensiven Beziehung mit den BürgerInnen vor Ort und auch, sich vor Ort bestehenden Initiativen als weitere Ansprech- und Bündnispartnerin bekannt zu machen und sich für gemeinsames Engagement einzusetzen.
Zweiter Gesprächsfaden war die „SPD in der großen Koalition“. Es wurde gefordert, dass „die Reichen endlich auch einmal zur Kasse gebeten werden“. Die SPD müsste das in der Koalition durchsetzen. Zudem wurde eine Diskrepanz zwischen dem Handeln und den Forderungen der Parteibasis und der Parteispitze wahrgenommen. Es sei nicht einfach den „roten Faden“ der SPD verfolgen zu können.
Zum Schluss des Besuches kam auch die Frage auf ob es nicht möglich ist, dass alle BürgerInnen in die Sozialversicherung einzahlen würden und wie die SPD dazu stehen würde. Diese Frage wurde dann aus dem Auditorium selbst beantwortet: Die SPD will die Bürgerversicherung für alle! Leider ist sie mit der CDU/CSU nicht verhandelbar.
Nächster Programmpunkt war die Teilnahme an der Plenarsitzung des Deutschen Bundestages. Auf dem Weg dorthin konnten sich die Teilnehmerinnen mit einem Lunchpaket stärken.
Die Debatten im Deutschen Bundestag werden veröffentlicht
Die Gruppe erlebte die namentlichen Abstimmungen zur sogenannten „PKW-Maut“ bevor der TOP 21 „Erste Lesung des Gesetzentwurfs über die Rechtsstellung und Aufgaben des Deutschen Instituts für Menschenrechte“ dieser Sitzungswoche aufgerufen wurde. Die Teilnehmerinnen, denen das Deutsche Institut für Menschenrechte bis dahin unbekannt war, bedauerten nicht alle Redebeiträge zum Tagesordnungspunkt hören zu können – im anschließenden „MdB-Gespräch“ ein guter Aufhänger, um auf die Transparenz des Deutschen Bundestages hinzuweisen. In der Regel können alle im Plenum gehaltenen Redebeiträge bereits am folgenden Werktag auf der Website des Deutschen Bundestages nachgelesen werden.
Intensive Debatte mit der Tempelhof-Schöneberger MdB Mechthild Rawert
Mich freute, dass sich die Teilnehmerinnen nach eigenen Aussagen erwartungsvoll auf die Diskussion mit mir freuten. Ich habe den Frauen zunächst einen kurzen Einblick in anstehende gesundheits- und pflegepolitische Themen gegeben. In der Gesundheits- und Pflegepolitik stehen derzeit große Reformen an: das Präventionsgesetz, das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, und vieles mehr. Das am 1. Januar 2015 in Kraft getretene Pflegestärkungsgesetz 1 war nur der Anfang, das Pflegestärkungsgesetz 2 mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsgesetz und einem neuen Begutachtungsverfahren kommt. Die Notwendigkeit der Reformen wurde von den Frauen anerkannt.
- Thema Pflege
Besonders das Thema Pflege bewegt Viele. Es besteht enormer Beratungsbedarf u.a. zur Situation pflegender Angehöriger, zu den vielfältigen Bedürfnissen pflegebedürftiger Menschen. Auch hier mein immer wieder gern gegebener Hinweis: Wenden Sie sich an den örtlichen Pflegestützpunkt. Die Fachfrauen und -männer in den Pflegestützpunkten stehen allen gesetzlich Versicherten mit Rat und Tat gerne zur Seite. Sie beraten neutral und kostenfrei und kommen bei Bedarf auch zu Pflegebedürftigen nach Hause. In Berlin gibt es 26 Pflegestützpunkte - die kostenfreie berlinweite Service-Nummer 0800 59 500 59 ist montags bis freitags von 9.00 - 18.00 Uhr erreichbar. In Tempelhof-Schöneberg haben wir zwei Pflegestützpunkte: zum einen in der Pallasstr. 25, 10781 Berlin-Schöneberg, Tel: 0800 265080-26210 und zum anderen in der Reinhardtstr.7, 12103 Berlin-Tempelhof, Tel: 030 7550703
- Abschaffung Schulgeld in der Altenpflege
Für die Frage nach dem Schulgeld in der Altenpflegeausbildung war ich sehr dankbar. Denn hier wird es in Berlin laut Senatsbeschluss eine Änderung geben: Die schulische Ausbildung wird vollkommen vom Land Berlin finanziert, SchülerInnen müssen für die Altenpflegeausbildung kein Schulgeld mehr bezahlen.
- Vermeidung von Krankenhauskeimen
Auch die „Krankenhauskeime“ bewegten die Frauen. Das von der Bundesregierung vorgelegte Maßnahmenpaket (u.a. schärfere Meldepflichten, gezielte Forschung, Prüfung eines Screenings auf multiresistente Erreger vor einem Klinikaufenthalt) greift zahlreiche Forderungen auf, die wir in unserer Fraktions-AG Gesundheit im Positionspapier „Strategien zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen“ beschlossen haben. Daher begrüßen wir dieses Vorgehen. Geäußert wurde, dass eine Arbeitsplatzverdichtung zur Vernachlässigung bestehender Hygiene- und Schutzvorschriften führen kann - dem ist, obwohl es nicht sein darf, letztlich nicht zu widersprechen. Aber auch der häufig vergleichsweise sorglose Umgang mit Antibiotika, u.a. über die Nahrungskette, tragen zu bei, dass wir Resistenzen gegen spezifische Antibiotika entwickeln. Die Kliniken beklagen, dass die Multiresistenten Keime in die Krankenhäuser hinein getragen werden. In den Niederlanden ist es Standard, einen Test durchzuführen, bevor PatientInnen in das Krankenhaus aufgenommen werden.
- Pflicht zu einem Sozialen Jahr
Zudem wurde ich nach meiner Meinung zu einem verpflichteten Sozialen Jahr gefragt. Ich lehne dieses ab, sowohl für jüngere als auch für ältere Menschen. Dafür unterstütze ich viele Formen zur Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements, u.a. des Freiwilligen Sozialen Jahres, der Tätigkeiten in Nachbarschafts- und Mehrgenerationenhäusern, etc.
Mit der Abschaffung der Wehrpflicht ist auch der Zivildienst entfallen. Dieser hat erfreulicherweise häufig dazu gedient, den „sozialen Sektor“ auch bei jungen Männern attraktiv zu machen. Heute bedarf es anderer Faktoren, mehr junge Männer und Frauen für einen Gesundheits- oder Pflegeberuf zu interessieren. Diese Berufe brauchen grundsätzlich mehr Wertschätzung - immateriell aber auch materiell.
Gemeinsames Erinnerungsfoto
Unsere Diskussion musste abrupt aufgrund einer weiteren namentlichen Abstimmung zur Liegenschaftspolitik des Bundes im Plenum abgebrochen werden. Zum gemeinsamen Erinnerungsfoto auf der Dachterrasse war ich aber wieder bei der Gruppe. Nach dem Erinnerungsfoto hatten die Frauen die Möglichkeit auf die Kuppel zu steigen und Berlin von oben zu bewundern. Und die Wetterfee war „meinen“ Frauen wohl gesonnen, denn nach dem vorherigen Hagelschauer gab es nun herrlichen Sonnenschein.
Besuch im „Tränenpalast“
Eine Führung durch den „Tränenpalast“ war der nächste Programmpunkt. Seit 2011 gibt es die Ausstellung zur deutsch-deutschen Teilung am historischen Ort des Grenzübergangs Bhf. Friedrichstraße. Viele BerlinerInnen kennen die Ausstellung leider nicht.
Der „Tränenpalast“ war eine Ausreisestelle. Wer Ost-Berlin mit S- oder U-Bahn verlassen wollte, musste durch den „Tränenpalast“ und Zoll- und Passkontrolle absolvieren. Bei der Wiedervereinigung wurden die „Passhäuschen“ abgebaut und das Deutsche Historische Museum hatte einen Teil davon für das Museum erworben. Jetzt steht ein solches „Passhäuschen“ wieder am historischen Ort und alle AusstellungsbesucherInnen können noch einmal hindurch gehen - was viele sehr bewegt. „Meine Frauen“ waren überrascht, dass sie heute - im Jahr 2015 - dieselben beklemmenden Gefühle verspürten wie bei Grenzübergängen vor 1989/1990.
Bevor die Tagesreise wieder am Rathaus Tempelhof endete, gab es noch ein gemeinsames Abendessen. Hier hatten alle Teilnehmerinnen noch einmal Gelegenheit, das Gehörte und Gesehene Revue passieren zu lassen. Und wie immer war es: Ein gelungener Tag!