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Paul-Löbe-Haus: Fußball draußen – Kunst und Kultur drinnen

Während rund um das Reichstagsgebäude zehntausende Fans von Borussia Dortmund und VfL Wolfsburg bei schönstem Wetter flanierten und sehnsüchtig den Beginn des DFB-Pokalfinale im Olympiastadion Berlin herbeisehnten, trafen sich 25 Bürgerinnen und Bürger aus Tempelhof-Schöneberg an diesem 30. Mai 2015 im Reichstagsgebäude. Von dort aus ging es durch den Tunnel ins Paul-Löbe-Haus. Das Paul-Löbe-Haus stand an diesem Tag mit seinen zahlreichen Kunstobjekten und Installationen im Mittelpunkt unserer Kunst- und Architekturführung. Die Kunstführungen durch einzelne Gebäude des Deutschen Bundestages sind mir wichtig, bieten sie doch eine gute Gelegenheit, BürgerInnen aus meinem Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg die Möglichkeit zu geben, Orte der Demokratie, Orte der Politik und Kunst gleichermaßen hautnah zu erleben.

Das Paul-Löbe-Haus als Teil des „Band des Bundes“

Vielen war der Begriff „Band des Bundes“ bereits bekannt, doch eine konkrete Vorstellung fehlte, wie mir TeilnehmerInnen berichteten. Das „Band des Bundes“ beschreibt die Anordnung der Gebäude Bundeskanzleramt, Paul-Löbe-Haus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Zum einen verbindet die Anordnung Exekutive und Legislative, da in diesem Parlamentsbau auch die Ausschüsse des Deutschen Bundestages tagen. Zum anderen wird die Vereinigung von Ost und West wiedergespiegelt. Während es keine unterirdische Verbindung zwischen dem Bundeskanzleramt und den Parlamentsgebäuden gibt, sind das Jakob-Kaiser-Haus, der Reichstag, das Paul-Löbe-Haus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus alle samt miteinander verbunden.

Farbige Rauminstallation von Jorge Pardo

Sofort fallen die farbigen Kugellampen des kubanischen Künstlers Jorge Pardo ins Auge. Die zahlreichen Kugellampen, jeweils aus zwei ineinander geschobenen Glaskörpern geformt, die Farben aufeinander abgestimmt, runde Tische und Stühle, beide mit farbigen Intarsienornamenten verziert, und ein grünweiß schimmernder Terrazzoboden bilden eine heitere, farbverspielte Rauminstallation - erfreuen aber auch jeden Tag zahlreiche BesucherInnen, da dieser in Kreisform gestaltete Raum das Restaurant zum Paul-Löbe-Haus ist. Einzigartig ist auch der freie Blick auf die Spree.

Architektur des Paul-Löbe-Hauses

Das Paul-Löbe-Haus wurde von Stephan Braunfels entworfen. Der Münchner Architekt hat das Paul-Löbe-Haus auf dem strengen Rhythmus elementargeometrischer Formen wie dem Quadrat und dem Kreis aufgebaut: Im Innern des Hauses verleiht die Abfolge der acht Turmrotunden, in denen sich die Sitzungssäle der Ausschüsse befinden, der Halle eine klar geordnete geometrische Struktur. Die durchlaufende Galerie sowie das Raster der Decke setzen der Kreisform der Rotunden gerade und rechteckige Formen entgegen. Die Geschlossenheit und Gleichmäßigkeit dieser strengen geometrischen Ordnung wird durch die ausschließliche Verwendung von grauem Sichtbeton noch betont.

Bestimmt ist das rund 200 Meter lange und 102 Meter breite Gebäude vor allem für drei Arbeitsbereiche des Deutschen Bundestages: die Ausschüsse, die Öffentlichkeitsarbeit und die zentrale Besucherbetreuung. Zudem können Besuchergruppen im Paul-Löbe-Haus in Seminar- und Ausstellungsräumen etwas über das politische System in Deutschland erfahren. Transparenz kennzeichnet auch die 200 Meter langen und 23 Meter hohen Seitenfassaden, die durch jeweils fünf Seitenflügel mit dazwischen liegenden begrünten Lichthöfen strukturiert werden. Da sowohl die Büros der Abgeordneten als auch die Sekretariate und die Sitzungssäle der Ausschüsse auf die Lichthöfe führen, haben nicht nur die ParlamentarierInnen eine gute Aussicht, sondern auch die BürgerInnen von außen eine gute Einsicht in die Arbeit der VolksvertreterInnen. Gewährleistet ist ein freier Blick von West nach Ost.

Auch im Inneren des Hauses mit seinen rund 1000 Büros und über 20 Sitzungssälen herrschen Transparenz und weitgehende Offenheit. Das ist vor allem der riesigen Halle mit ihrem glasgedeckten Rasterdach zu verdanken, die den Gebäudekomplex von West nach Ost durchzieht. Hier können die Blicke durch den gesamten Komplex schweifen, hinauf zu den acht offenen Stockwerken mit ihren seitlichen Laufgängen und den relingartigen Geländern, zu den Zuschauergalerien, den die Halle überquerenden Brücken und den 16 gläsernen Fahrstühlen. Im Westen und Osten öffnen sich große Glasfassaden, die eine faszinierende Aussicht bieten, zum einen auf das Kanzleramt, zum anderen - jenseits der Spree - auf die gläserne Bibliothek des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses.

Das Paul-Löbe-Haus ist mit innovativer und umweltschonender Haustechnik ausgestattet. Um das vorgegebene Energiesparkonzept umzusetzen, entwickelten die Technikplaner eine 3.230 Quadratmeter umfassende Photovoltaikanlage, deren Solarmodule in die Architektur des großen Rasterdaches integriert sind. Zur Technik gehört auch die Anbindung des Hauses an das unterirdische Erschließungssystem des Parlamentsviertels.

Neoninstallation "Haute et basse tension" von François Morellet

Nähert man sich dem Paul-Löbe-Haus vom Bundeskanzleramt her, erkennt man hinter der durchgehenden Glasfassade die farbigen Neonlichtbänder. Beginnend mit einem straff gespannten, rot leuchtenden Neonlichtband, leiten von der Decke durchhängende weitere Neonlichtbänder in den Farben Gelb, Grün und Blau von West nach Ost durch die Halle. Sie setzen der klaren und strengen Gliederung der Halle ihren eigenen fröhlich-bewegten Rhythmus entgegen. Insbesondere in der Dunkelheit, spiegeln sich die Farben eindrucksvoll in den großen Fensterwänden wieder. Mit diesem Lichtspiel hat Morellet eine eigenständige und eigenwillige Antwort auf das minimalistisch reduzierte Formkonzept des Architekten Stephan Braunfels gefunden.

"Was ist das Leben?" von Joseph Kosuth

Wir lernten weitere Kunstwerke kennen: Beispielsweise die Installation des amerikanischen Künstlers Joseph Kosuth „Was ist das Leben?“. Über die Längsstreckung der gesamten Halle des Paul-Löbe-Hauses sind Metallbuchstaben in die Steinplatten eingelassen und formen jeweils einen Satz von Thomas Mann aus dem „Zauberberg“ und zum anderen einen von Ridarda Huch aus den "Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren". Ausgedrückt wird, dass ein Wesenszug des Lebens ein beständiges Fließen ist.

Erlebnisreiche Führung und abwechslungsreiche Diskussion

Im Anschluss an die wieder vom Besucherdienst wunderbar organisierte Führung sind wir in den Fraktionssaal der SPD-Bundestagsfraktion gegangen. Hier fanden noch interessante Diskussionen zu zahlreichen Aspekten der Politik statt. Die Verabschiedung erfolgte auf der Dachterrasse. Die TeilnehmerInnen konnten „Berlin von oben“ durch das Besteigen der Kuppel erleben.