Zusammen mit weiteren Mitgliedern des AWO-Vorstandes Friedenau habe ich den Fachbereich Betreutes Einzelwohnen und Wohngemeinschaften für jüngere Menschen mit geistiger Behinderung der Arbeiterwohlfahrt Berlin Kreisverband Südwest e.V. aufgesucht. Nach dem sehr informativen Gespräch mit der Ansprechpartnerin Frau Kurze besuchten wir eine AWO-WG. Ich möchte mich für den freundlichen Empfang und das nette Gespräch bedanken und freue mich schon jetzt auf den Gegenbesuch im Reichstag.
Der für diese Gruppe im Innenstadtbereich quasi „nicht vorhandene Wohnungsmarkt“ wird als größtes Problem dargestellt.
Gespräch mit Frau Kurze
In dem Gespräch mit Frau Kurze erfuhren wir viel Interessantes. Die AWO Südwest hat derzeit 76 Menschen mit geistiger Behinderung in Betreuung. Diese wohnen in betreutem Einzelwohnen aber auch aber in Wohngemeinschaften. Sie werden von gut geschultem und qualifiziertem Personal bei der Gestaltung ihres Alltags während der Woche stundenweise und am Wochenende ganztägig unterstützt. Dazu gehört die Hilfe bei der Lösung individueller Probleme in Bezug auf die körperliche und physische Gesundheit aber auch die Förderung des Wohlbefindens. Hilfe in der Alltagsbewältigung bedeutet auch Unterstützung bei der Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichem Leben, bedeutet Schulung zum selbständigen Nutzen des ÖPNV für den Weg zur Arbeit in Inklusionsbetrieben oder auch speziellen Werkstätten, in denen die Teilnehmer ihr individuelles Potenzial voll ausschöpfen können. Auch bei der Gestaltung von Kontakten und Beziehungen zu anderen Menschen stehen die kompetenten Fachkräfte helfend zur Seite.
Arbeitsmöglichkeiten verbessern sich, Wohnmöglichkeiten verschlechtern sich
Auch der Träger AWO steht vor dem Problem des knappen Wohnungsmarkts in Berlin. Es ist so gut wie unmöglich, weitere Wohnungen anzumieten um dieses Programm zu erweitern und so weitere Unterstützung beim Selbstständig werden zu gewähren. Das Problem ist so drastisch, dass in anfänglich als AWO-Büro genutzten Räumlichkeiten eine „Notwohnung“ für ein halbes Jahr eingerichtet wurde - nun dauert dieser Zustand aber bereits zwei Jahre. Der unzureichende Wohnungsmarkt erschwert es den Personen in Wohnung mit eigenem Mietvertrag zu ziehen. Nun würde „unfreiwillig“ versucht, das Konzept der Trägerwohnungen wieder zu beleben.
Um ihre Wohnungssituation zu optimieren, arbeitet die AWO mit diversen Hausverwaltungen zusammen und bietet Kurse für HausmeisterInnen im Umgang mit behinderten Menschen und anderen Mietern an. Ein weiteres gutes Beispiel der Kooperation ist dasNetzwerk „IRRE gut wohnen für ALLE - Netzwerk für soziales Wohnen in Tempelhof-Schöneberg“. Es werden Kontakte zu Wohnungsbaugesellschaften geknüpft. Es sollen Ideen von Win-win-Situationen umgesetzt werden.
Besuch einer AWO-WG in der Schöneberger Hauptstraße
Nach dem ca. einstündigem Gespräch machte sich unsere Gruppe unter Führung von Frau Kurze auf den Fußweg zu einer WG. Dort wurden wir sehr herzlich und offen von den anwesenden BewohnerInnen empfangen. Bei Kaffee und Kuchen hatten wir ausreichend Zeit für eine Vorstellungsrunde und auch einige Einzelgespräche. Es war sehr gesellig. Anschließend wurden wir von einem der Bewohner und der anwesenden Betreuerin durch die Räumlichkeiten der WG geführt. Die Führung begann in der frisch renovierten Küche, in der wir uns ja bereits befanden. Jede BewohnerIn hat ein eigenes Zimmer, zusätzlich gibt es einen Gemeinschaftsraum, in dem sich alle WG-BewohnerInnen treffen, Brettspiele spielen, gemeinsam fernsehen oder andere Aktivitäten unternehmen.
Die Aufgaben des gemeinschaftlichen Lebens werden von allen erbracht. Es gibt einen Plan, den die BewohnerInnen zusammen mit den BetreuerInnen erstellen und festlegen wer was macht, z.B. den täglichen Einkauf oder das Abwaschen des Geschirrs. All diese alltäglichen Aufgaben erledigen die BewohnerInnen selbstständig. Sie können sich aber bei Fragen jederzeit auf die BetreuerInnen verlassen, die mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Unsere Tour beendeten wir bei einer denkmalgeschützten Skulptur eines Engels, der sich im Innenhof des Gebäudes befindet.
Die AWO in Tempelhof-Schöneberg
Der Ortsverein AWO Friedenau gehört zur Arbeiterwohlfahrt Berlin Kreisverband Südwest e.V. und somit zum bundesweiten Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege Arbeiterwohlfahrt (AWO). Die AWO wurde unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg als „Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt in der SPD“ von Marie Juchacz (SPD), Mitglied der Nationalversammlung, gegründet. Ihre Hauptaufgabe ist es, sozial schlechter gestellte Menschen zu unterstützen. Sie bekennt sich im ehrenamtlichen und hauptamtlichen Bereich zu den Grundwerten Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit. Die Arbeiterwohlfahrt Berlin Kreisverband Südwest e.V. (zuständig für die Bezirke Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf) ist Träger von Betreutem Einzelwohnen und Wohngemeinschaften für jüngere Menschen mit geistiger Behinderung. Unser Motto lautet: Der Mensch steht im Mittelpunkt.