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Ausstellung im Rogate-Kloster: “Max ist Marie - oder mein Sohn ist meine Tochter ist mein Kind”

Bis zum 13. September können sich Interessierte die Ausstellung “Max ist Marie - oder mein Sohn ist meine Tochter ist mein Kind” der Hamburger Fotografin Kathrin Stahl anschauen. Dieses Foto- und Textprojekt-Engagement über und für transidente Menschen begann mit einem Fotoshooting ihrer Tochter Marie, die einmal ihr Sohn Max war. Die Ausstellung ist durch die Initiative des Rogate-Klosters St. Michael zu Berlin in der Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg (U Nollendorfplatz) sonnabends zwischen 11:00 und 15:00 Uhr, während der “Offenen Kirche” sowie vor und nach den Gottesdiensten zu sehen.

Zusammen mit den QueerSozis/Schwusos Tempelberg habe ich die Ausstellung am 27. August 2015 besucht und kann allen mit voller Überzeugung anraten, sie zu besuchen. Mein Dank geht an Rüdiger Lautmann von der AG Lesben und Schwule in der SPD Tempelhof-Schöneberg, der unseren gemeinsamen Besuch organisiert hat.

Menschen Transsexualität als etwas Normales näherbringen

Ziel der Ausstellung ist nach Aussagen von Kathrin Stahl, Menschen, denen das Thema bisher völlig fremd ist, Transsexualität und Transidentität näher zu bringen: “Mit diesem Projekt möchte ich die trans*Thematik als das “Normale” zeigen, das es ist, als etwas, das Menschen, die sich vorher nicht damit beschäftigt haben, verstehen können wollen und sollen. Etwas, das ganz einfach da ist, so wie es ist.” Weitere Informationen zu ihrer Haltung sind im Interview nachzulesen, welches vor ein paar Monaten mit ihr zu “Max ist Marie” in der Reihe “Fünf Fragen” geführt wurde.

Geschlechter sind in unserer Gesellschaft vermeintlich klar definiert. Erst seit wenigen Jahren findet die Diskussion zur Anerkennung der Vielfalt sexueller Geschlechtsidentitäten - und das noch sehr vorsichtig - statt. Dabei wissen wir aus der Menschheitsgeschichte seit langem, dass es keine ausschließliche Zweigeschlechtlichkeit gibt. Noch macht sich unsere Gesellschaft das Leben und das Leiden von transidenten Menschen viel zu wenig bewusst. Noch müssen wir in Gesellschaft und Politik für die Rechte der Betroffenen streiten, müssen gegen die vielen Formen der Diskriminierung und für die Akzeptanz kämpfen.

Unser Rechtssystem muss weitere Antworten für die Vielfalt der Geschlechtsidentitäten bieten 

Ich habe die Gelegenheit dieser Ausstellung genutzt, Informationen zum aktuellen Stand der Diskussion und Vorhaben zum Schutz der Geschlechtsidentität für inter*- und trans*geschlechtlicher Menschen auf parlamentarischer und ministerieller Ebene zu geben.

Schutz der Geschlechtsidentität für inter*- und trans*geschlechtlicher Menschen auf parlamentarischer und ministerieller Ebene   

Einige ParlamentarierInnen aus allen Fraktionen im Deutschen Bundestag haben sich zu einer sogenannten „Intergroup“ zusammengeschlossen. Wir kämpfen gemeinsam in unseren Fraktionen für den Ausbau der entsprechenden Rechte und den Ausbau der Rechtsstellung von transidenten Menschen.

Innerhalb dieser Gruppe haben wir uns auf gemeinsame Forderungen geeinigt. Darüber wurde die Koordinatorin der interministeriellen Arbeitsgruppe "Intersexualität/Transsexualität" (IMAG) in einem Schreiben vom 1. Juli 2015 informiert. Dieser seit September 2014 existierenden Arbeitsgruppe gehören VertreterInnen der Bundesministerien des Innern, der Justiz und Verbraucherschutz, der Gesundheit sowie des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) als ständige Mitglieder an. Die vielfältigen Fragestellungen und Problemlagen sollen durch den Austausch mit Fachpersonen und Interessenvertretungen beleuchtet und notwendige gesetzgeberische Lösungen gefunden werden. Übergeordnete Zielsetzung ist, gesellschaftliche Vielfalt in allen Lebensbereichen zu etablieren.

Erfreulicherweise hat die zuständige Staatssekretärin Caren Marks (SPD) im BMFSFJ als federführendes IMAG-Ressort bereits darauf geantwortet:

1.    Prüfung konkreter bundesgesetzlicher Möglichkeiten zur Klarstellung der Grenzen elterlicher Einwilligungsmöglichkeiten bei Operationen an den Genitalien und Keimdrüsen von intersexuellen Kindern oder Jugendlichen

Veröffentlicht ist mittlerweile die Stellungnahme „Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Varianten/Störungen der Geschlechtsentwicklung (Disorders of Sex Development, DSD)“ der Bundesärztekammer, die den aktuellen Stand der Wissenschaft darstellt. Für diese Stellungnahme hat sich der interdisziplinäre Arbeitskreis des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer unter Federführung von Prof. Dr. med. Dr. h. c. Eberhard Nieschlag intensiv und kritisch mit dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft bei der Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit DSD auseinandergesetzt. Die ExpertInnen fordern unter anderem eine bessere Vernetzung und Kompatibilität der bestehenden Versorgungsangebote, eine Stärkung der Beratung sowie die Bildung von Kompetenzzentren.

Bis zum 31. August 2015 sollen die Leitlinien „Störungen der Geschlechtsentwicklung“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) fertig gestellt sein. Die Einschätzung der Staatssekretärin ist: „Mit diesen Instrumenten sollten sich Eingriffe auf das Unerlässliche reduzieren.“.

Um gesicherte Erkenntnisse zur Häufigkeit medizinsicher Eingriffe an intergeschlechtlichen Menschen bundesweit zu erlangen, wir derzeit eine Abfrage bei deutschen Kliniken geplant. Mit dem Ergebnis der Abfrage wird dann auch feststehen, ob die neuen standesrechtlichen Regelungen greifen oder ob es noch zusätzlicher gesetzlicher Regelungen bedarf.

2.    Deutlicher Ausbau und Stärkung von Beratungs- und Aufklärungsangeboten für intergeschlechtliche Menschen, ihre Angehörigen sowie für die breite Öffentlichkeit und Fachstrukturen

Anfang November 2015 findet eine IMAG-Anhörung im BMFSFJ statt, in der die Ergebnisse der „Kurzzeitbefragung zu Strukturen und Angeboten zur Beratung und Unterstützung von Menschen mit Geschlechtsvarianz“ erfolgt. Die Befragung wird seitens des Instituts für Sexualforschung & Forensische Psychiatrie am Zentrum für Psychosoziale Medizin des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf durchgeführt.

3. Prüfung weiterer Gesetzesänderungen

Hinsichtlich der Prüfung des Änderungsbedarfs gesetzlicher Regelungen wurde das Gutachten „Geschlecht im Recht: Status Quo & Entwicklung von Regelungsmodellen zur Anerkennung und zum Schutz von Geschlechtsidentität“ an das Deutsche Institut für Menschenrechte vergeben.

4. Analyse der faktischen und rechtlichen Situation transsexueller Menschen

Zur Erforschung von Rechtstatschen zum Regelungs- und Reformbedarf für trranssexuelle / transgeschlechtliche Menschen wurde ein Gutachten an die HU Berlin, Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien, und die Universität Bremen, Zentrum für Europäische Rechtspolitik, vergeben.

Die Ergebnisse beider Gutachten werden der IMAG im Spätherbst 2016 vorliegen. Sie dienen als Grundlabe für die Diskussion und Befassung mit personenstandsrechtlichem Änderungsbedarf zum Schutz der Geschlechtsidentität sowohl von Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung als auch von transsexuellen / transgeschlechtlichen Menschen.

Die Bundesregierung der 18. Legislaturperiode hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die besondere Situation von trans- und intergeschlechtlichen Menschen in den Fokus zu nehmen. Es ist unser aller Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es auch zu entsprechenden Verbesserungen der Akzeptanz und Gleichstellung kommt! Ich mache mich auf jeden Fall stark dafür.