Hauptmenü

Willkommen in Friedenau

Die BürgerInnenversammlung in der Kirche Zum Guten Hirten mitten in Friedenau platzte aus allen Nähten. Rund 850 Menschen waren gekommen, um sich über die geplante Heimstatt von 400 Flüchtlingen im Rathaus Friedenau zu informieren. Spürbar war der Wille zur Solidarität und zum freiwilligen Engagement. Deutlich zum Ausdruck gebracht wurde die Ablehnung eines jeglichen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Wir heißen alle unseren neuen NachbarInnen herzlich willkommen.

Pfarrer Moll verwies zu Beginn auf das in der Kirche ausgestellte Werk der Objektkünstlerin Hadmut Bittiger, welches diese in monatelanger Zusammenarbeit mit Flüchtlingen zusammengestellt hatte. Hadmut Bittiger hatte diese gebeten, einen Wunsch auf ein quadratisches Stück Papier zu zeichnen oder zu schreiben, welches anschließend in japanischer Origami-Technik zu einem Kranich gefaltet wurde. Bei den meisten Papiervögeln verschwand der Wunsch durch das Falten im Verborgenen - bleibt geheim, so wie er oft verborgen im Inneren eines Menschen liegt. Welchen Wunsch hegt ein Mensch, der aus seinem Land fliehen musste, lange und beschwerlich unterwegs war und sich nun einer ungewissen Zukunft gegenübersieht? Fast 60 Millionen Menschen würden derzeit ihre Heimat verlassen bis sie dort ankommen, wo sie eine Raststatt finden, wo sie bleiben oder nach einer gewissen Zeit weiterziehen oder zurückkehren. Die meisten sehnen sich sicherlich nach Frieden, Geborgenheit und Arbeit. Es sei unser aller Verantwortung, dafür Sorge zu tragen.

BürgerInnenversammlung in Friedenau

Voraussichtlich ab Februar 2016 werden rund 400 geflüchtete Menschen - in erster Linie Familien mit Kindern - in das Rathaus Friedenau einziehen. Aus diesem Grund hatte Angelika Schöttler, Bürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, 9.000 Friedenauer Haushalte im Umfeld des Rathaus Friedenau zur BürgerInnenversammlung am 13. November 2015 in die Kirche Zum guten Hirten, auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz, eingeladen. Zusammen mit den Stadträtinnen Dr. Sibyll Klotz und Jutta Kaddatz, mit Birgit Möhring, Mitglied der Geschäftsleitung der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), und Dieter Glietsch (SPD), ehemaliger Berliner Polizeipräsident und seit dem 22. September neuer Staatssekretär für Flüchtlingsfragen und Leiter des Koordinierungsstabs des Senats zur Flüchtlingspolitik, stand sie für Fragen und Anregungen zur Verfügung. Die Moderation wurde hervorragend von der bezirklichen Integrationsbeauftragten Gün Tank und Manfred Moll, Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Zum Guten Hirten, geleistet.

Was passiert bis zum Einzug?

Die derzeit noch im Rathaus Friedenau tätige Jugendverwaltung soll bis Weihnachten umziehen: für die Ortsteile Friedenau und Schöneberg zuständige Abteilungen ziehen ins Rathaus Schöneberg, die für den gesamten Bezirk zuständigen Abteilungen nach Mariendorf. Das seit dem 1. Januar 2013 zum Sondervermögen Immobilien des Landes Berlin gehörende Rathausgebäude wird dann von der Verwalterin BIM entsprechend saniert. Vor allem werden mehr Sanitärräume eingebaut und die Brandschutzmaßnahmen verstärkt. Alle Umbauarbeiten sollen den Familien eine menschenwürdige Unterkunft ermöglichen. Das Gebäude eigne sich für Familien sehr, da unter anderem mit der ehemaligen Kantine auch eine hohe Aufenthaltsqualität gewährleistet sei.

Wer sind die Menschen die ins Rathaus Friedenau kommen?

Das Rathaus Friedenau soll eine Notunterkunft für Familien mit Kindern - insgesamt rund 400 Kinder und ihre Eltern, werden. Derzeit steht noch nicht fest, wer der Betreiber der Einrichtung werden wird.

Im Bezirk sind die Menschen an den unterschiedlichsten Orten untergebracht: in Notunterkünften, in Gemeinschaftsunterkünften, in gesonderten Einrichtungen für Frauen mit Kindern, für unbegleitete minderjährige Jugendliche.

Was passiert mit den derzeit im Rathaus arbeitenden Projekten?

Aller Voraussicht nach können alle im Rathaus Friedenau ansässigen Projekte - die Gerhard-Hauptmann-Bibliothek, das Theater Morgenstern, das Projekt Seniorpartner in Schulen, der Tanzsportclub Blau-Weiß-Silber - im Gebäude bleiben.

Von wo kommen die Flüchtlinge?

Mehr als 50 Millionen Menschen sind seit Jahren auf der Flucht. Nur eine/r von zehn Flüchtlingen macht sich auf den Weg in die Industriestaaten, die meisten bleiben in den häufig armen Nachbarländern der Krisen- und Kriegsgebiete. Die meisten Flüchtlinge, die den Weg nach Deutschland finden, kommen derzeit unter anderem aus Afghanistan, Pakistan und Syrien. In Tempelhof-Schöneberg sind derzeit ca. 4.000 Flüchtlinge untergebracht, einschließlich der augenblicklich 1.400 Flüchtlinge im Gebäude des ehemaligen Flughafens Tempelhof.

Wie geschieht die Einbeziehung der Flüchtlinge in die Regelinstitutionen?

Teilhabe an Bildung ist ein hervorragendes Integrationsvorhaben. Dieses solle sowohl in der Kita, dank der Willkommensklassen in der Schule, aber auch für Erwachsene in der Volkshochschularbeit umgesetzt werden. Sicherlich sei alles nicht einfach zu bewältigen, aber es lägen bereits hervorragende Erfahrungen vor.

Wie können wir uns engagieren? Willkommensbündnis Friedenau hilft!

Die Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler war sichtlich erfreut, dass sich alle Beteiligten langfristig auf die Ankunft der Flüchtlinge vorbereiten können. Derzeit sind schon viele ehrenamtliche Strukturen aktiv, zum Beispiel diejenigen, die bei Kirchengemeinden angegliedert sind.

  • Am 16. Oktober 2015 haben sich Vereine, Verbände, Träger, Gemeinden und Interessensgruppen im Willkommensbündnis Friedenau hilft! zusammengetan, um gemeinsam allen geflüchteten Menschen in Friedenau Unterstützung und Perspektive zu bieten. Sprecher der neuen Initiative "Friedenau hilft" ist Michael Wenzel, Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Zum Guten Hirten. Auf der Website finden sich bereits grundlegende Informationen zum ehrenamtlichen Mitmachen. Auch auf Facebook ist die Initiative auch präsent.
  • Eine Bündelung des bürgerschaftlichen Engagements findet auch über das bei der Bezirksbürgermeisterin angesiedelte Ehrenamtsbüro statt. Dieses ist die bezirkliche Freiwilligenagentur und bietet allen jetzigen und zukünftig Engagierten eine Orientierung zum Thema Ehrenamt mit unterschiedlichen Leistungsangeboten. Eine der MitarbeiterInnen kümmert sich ausschließlich um die Koordinierung der ehrenamtlichen Aktivitäten gemeinsam mit den Flüchtlingen. Die Website wird derzeit aktualisiert und zum 1. Dezember neu eröffnet.
  • Informationen zu Angeboten, Terminen und Projekten sowie zu Broschüren und Publikationen sind auch auf der Website der Integrationsbeauftragten zu finden. Hier gibt es auch Informationen zu Fluchtursachen, zur Situation geflüchteter Menschen in Tempelhof-Schöneberg, es gibt Erläuterungen zu Begrifflichkeiten: Was sind Gemeinschaftsunterkünfte? Was sind Notunterkünfte? Können geflüchtete Menschen auch eine eigene Wohnung mieten? Dürfen Asylsuchende arbeiten und welche finanziellen Hilfestellungen erhalten sie?
  • Spendenkonto: Im Bezirk ist ein Spendenkonto eingerichtet worden. Mit diesem Konto werden Bedarfe, Veranstaltungen und Aktivitäten für Flüchtlinge im Bezirk unterstützt.

Spendenkonto:

IBAN: DE0510 0205 0000 0310 6104

BIC: BFSWDE33BER

Bank für Sozialwirtschaft

Als Spendennachweis i.R. Ihrer Steuererklärung genügt ein Bareinzahlungsbeleg, der Kontoauszug eines Kreditinstituts oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking. Sie erhalten keine gesonderte Spendenbescheinigung

  • Einzigartig ist das Kooperationsangebot „Engagiert für Flüchtlinge in Tempelhof-Schöneberg - Eine Kooperation von Ehrenamtsbüro und Volkshochschule Tempelhof-Schöneberg; Fortbildungskurse für Ehrenamtliche in der bezirklichen Flüchtlingsarbeit 2015 – 2016“. Künftige Ehrenamtliche können sich hier auf Tätigkeiten, die interkulturelle Kompetenz erfordern, vorbereiten.

Fragen und Anregungen seitens der BürgerInnen

In der Diskussionsrunde wurde besonders betont, dass es von Anfang an wichtig ist, die Menschen auf die Flucht in alle Aktivitäten auf Augenhöhe miteinzubeziehen. Sie bräuchten aber auch erst einmal Zeit zum Ausruhen und Sicheingewöhnen. Sicher sei aber auch, dass die Menschen, die zu uns kommen, auch selber etwas tun wollten. Vor einer „Kontroll-Fürsorge“ hätten wir uns zu hüten.

Weitere Diskussionspunkte waren

  • Es darf kein Ausspielen der schwächeren Gruppen untereinander geben, alle müssten integriert werden, wir wollen eine inklusive Gesellschaft.
  • In Berlin sei allgemein der bezahlbare Wohnraum für Menschen mit kleinerem Einkommen knapp. Über in Friedenau leer stehende Wohnhäuser wird mit Ärger berichtet.
  • Seitens der verschiedenen Bildungseinrichtungen wird eine hohe Motivation zur Aufnahme von Flüchtlingskindern signalisiert.
  • Neben Integrationskursen seien auch gemeinsame Freizeitangebote, sei das Kennenlernen des Kiezes wichtig.
  • Von der Politik wird erwartet, dass Fluchtursachen bekämpft werden.
  • Gibt es neben dem Ehrenamt auch hauptamtliche Stellen? Der Staat dürfe das Engagement von Ehrenamtlichen nicht ausbeuten.
  • Wer Kleidung spende, könne dieses in jeder Flüchtlingseinrichtung tun. Wichtig sei aber, sich zuvor zu vergewissern, was die dort Lebenden wirklich bräuchten.

Mit großem Applaus versehen wurde eine der letzten Anmerkungen:

„Wer zwischen uns und denen unterscheidet, hat schon den ersten Schritt in die falsche Richtung gemacht“. Dieser Aussage kann ich mich nur ausdrücklich anschließen.