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„Berlin - Stadt der Frauen“ - ein Ausstellungsbesuch lohnt sich

Noch bis zum 28. August 2016 läuft im Ephraim-Palais die Ausstellung "Berlin - Stadt der Frauen" – ich empfehle einen Besuch.

Es lohnt sich. Die Ausstellung "Berlin-Stadt der Frauen" ist eine Kooperation vom Stadtmuseum Berlin mit der Stiftung Lette Verein. Dargestellt werden 20 Biographien bedeutender Frauen - fünf davon aus dem Lette Verein Berlin. Sie alle hatten mit Berlin verwobene Lebensgeschichten. Somit erzählt die Ausstellung auch eine Geschichte Berlins. Die Ausstellung wurde von SchülerInnen der Ausbildungen Foto-, Grafik- und Modedesign und Medieninformatik/Interaktive Animation mitgestaltet.

Die Sonderausstellung findet im Rahmen des 150jährigen Jubiläumsprogramm des Berufsausbildungszentrum Lette-Verein in Berlin-Schöneberg statt. Zur Sonderausstellung gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm.

Der Ausstellungsbesuch lohnt sich, auch weil der Ausstellungstitel sofort an die ÜPFI - Überparteiliche Fraueninitiative, Berlin - Stadt der Frauen e.V. denken lässt. Dieses Bündnis politisch engagierter Frauen aus den Fraktionen der Berliner Politik, Wissenschaft, Kultur, Gewerkschaften, Frauenprojekten, Medien und weiteren Bereichen des öffentlichen Lebens wurde 1992 gegründet und ist sehr aktiv. Auch hier agieren starke Persönlichkeiten, die auf couragierte Weise ihren eigenen Weg gehen.

Frauen-Lebenswege lebendig nachgezeichnet

Die Ausstellung zeichnet mit mehr als 400 Werken und persönlichen Erinnerungsstücken 20 Lebenswege von politischen, unternehmerischen, kreativen, innovativen Frauen nach, die zum Vorbild in ihrer Zeit wurden und es auch heute noch sind. Zu den Politischen zählt die Zoologin und Direktorin des Berliner Zoos Katharina Heinroth, die Vorsitzende des Klubs der Berliner Trümmerfrauen Anni Mittelstädt, die Salonnière Cornelie Richter, die sozialdemokratische Politikerin und erste Berliner Oberbürgermeisterin Louise Schroeder, die Architektin Emilie Winkelmann. Wachen unternehmerischen Geist hatten die Fliegerin und Buchautorin Elly Beinhorn, die Schriftstellerin Marie von Bunsen, die Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Hedwig Dohm, die Sängerin und Schauspielerin Fritzi Massary, die Frauenrechtlerin und erste Leiterin des Lette-Vereins Anna Schepeler-Lette. Als die Kreativen werden präsentiert die Malerin, Muse und Modell Charlotte Berend-Corinth, die Grafikerin, Malerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz, die Bildhauerin und Grafikerin Renée Sintenis, die Malerin und Zeichnerin Jeanne Mammen, die Fotografin und Fotojournalistin Eva Kemlein. Zu den Innovativen gehören die Fotografin und Fotohistorikerin Gisèle Freund, die Fotografin Marie Kundt, die Pädagogin Dora Lux, die Naturwissenschaftlerin Clara von Simson und die Tänzerin und Choreografin Mary Wigman.

150 Jahre Lette-Verein - ein ganzes Jubiläumsjahr für eine Lehranstalt für Frauen

Der Lette-Verein Berlin wurde am 27. Februar 1866 gegründet, um "zur Förderung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts" beizutragen - ein großer Beitrag zur Emanzipation, den die Gründerväter ausdrücklich nicht wünschten: "Was wir nicht wollen und niemals, auch nicht in noch so fernen Jahrhunderten wünschen und bezwecken, ist die politische Emancipation und Gleichberechtigung der Frauen." Seit 150 Jahren unterstützt der Lette-Verein junge Menschen bei der Berufsausbildung. Während er ehemals unverheiratete Frauen in der Finanzierung ihres Lebensunterhaltes unterstützte, ist das die Bildungseinrichtung heute sowohl für Frauen als auch Männer zugänglich.  

Der Lette-Verein wurde von 300 preußischen Männern gegründet, die meisten von ihnen waren bereits im "Centralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen" engagiert. Ein  Motor der liberal-bürgerlichen Versammlung war der Abgeordnete Wilhelm Adolf Lette. Er starb bereits zwei Jahre nach der Vereinsgründung, ihm zu Ehren wurde die Bildungsstätte umbenannt und hieß fortan "Lette-Verein zur Förderung der höheren Bildung und Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts". Lettes Ziel: die sinnvolle Beschäftigung von unverheirateten Frauen und Witwen. Lette propagierte die Hilfe zur Selbsthilfe: Das traf auch auf Frauen zu, allerdings nur, wenn sie ihre Bestimmung als Ehefrauen und Mütter nicht erfüllen konnten. Aber mann kann nicht das eine haben - Frauen, die Geld verdienen - und das andere nicht wollen: deren politische Emanzipation.

Die Ausbildungsangebote des Lette-Verein zur Förderung der höheren Bildung und Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts wurden von seiner Tochter Anna Schepeler-Letteals Vereinsvorsitzende erfolgreich fortgeführt. Er war immer mehr als eine Haushaltsschule. Anna Schepeler-Lette hat fast 30 Jahre lang dafür gesorgt, dass junge Frauen für die jeweils neusten Anforderungen des Arbeitsmarkts ausgebildet werden. Sie reagierte umsichtig und zügig auf wichtige technische Neuerungen und  gesellschaftliche Veränderungen. Ein Beleg dafür  waren die kreativen und technischen Ausbildungen zur Telegraphistin, Schriftsetzerin, Röntgenschwester, chemisch-biologische Laborassistentin, Metallographin, Photographin oder heute auch zur MedieninformatikerIn.

Noch immer ist der Lette-Verein Berlin an einem der schönsten Plätze Berlins, dem Viktoria-Luise-Platz, ansässig. Heute bietet der Lette-Verein 10 Berufsausbildungen in den Feldern Design, Gesundheit, Lebensart und Technik an.