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Einen Tag die Politik erleben

Am 26. August 2016 morgens um 7.30 Uhr startete am Rathaus Tempelhof wieder eine meiner politischen Tagesfahrten. Frisch und fröhlich machte sich die Gruppe, begleitet von einer Betreuerin des Bundespresseamtes und meiner Mitarbeiterin im Wahlkreisbüro, Manuela Harling, auf den Weg zum Reichstagsgebäude.

Vortrag im Plenarsaal und Diskussion über die anstehenden Gesetzesvorhaben

Nach dem notwendigen Sicherheitscheck informierte sich die Gruppe bei einem Vortrag auf der Besuchertribüne des Plenarsaals des Deutschen Bundestages über Abläufe des deutschen Parlamentes, über die Rolle der einzelnen Abgeordneten und die der Fraktionen. Aufklärung gab es auch über die Hintergründe zu den häufig leeren Reihen bei Plenarsitzungen. Kaum jemand weiß, dass zeitgleich zu den Plenardebatten Arbeitsgruppen tagen, Besuchergruppen anwesend sind, Gespräche mit Verbänden und Organisationen geführt werden. BürgerInnen können aber darauf vertrauen, dass - je nach Thema - die zuständigen FachpolitikerInnen immer anwesend sind.

„Politik ganz nah“ im gemeinsamen Dialog

Relativ kurz habe ich einen Überblick über anstehende Gesetzesvorhaben im Bereich Gesundheit, Pflege und Teilhabe gegeben und über meine diesjährige „Sommertour 2016“ informiert. Ich habe mir dieses Mal „Verstärkung“ bei meinen Besuchen in zahlreichen Einrichtungen mitgenommen: SPD-Abgeordnete und SPD-Direktkandidierende aus den Tempelhof-Schöneberger Wahlkreisen für das Abgeordnetenhaus von Berlin.

Warum mache ich das? Ich möchte die hoffentlich bald als KollegInnen in der Berliner SPD-Fraktion agierenden ParlamentarierInnen als Verbündete gewinnen und sie sensibilisieren für die Belange für Prävention, Gesundheit, Pflege und Teilhabe. Jeder Ortsteil Tempelhof-Schönebergs hat seine eigenen Herausforderungen. Beispielsweise Mariendorf: Mariendort ist laut dem jüngst veröffentlichtem 2. Gesundheits- und Sozialbericht des Bezirks Tempelhof-Schöneberg „Gleiche Gesundheit für Alle?!“ der Ortsteil mit der statistisch betrachtet ältesten Bevölkerung im Bezirk. Die schon jetzt zahlreichen Herausforderungen im Rahmen der Altenhilfe, aber auch beim Ausbau einer funktionierenden Pflegeinfrastruktur werden zunehmen. Bedeutsam ist hier die Weiterentwicklung einer bezirklichen gesundheitsbezogenen Präventionskette für alle Lebensphasen bis hin ins hohe Alter. Mein Ziel: Gravierende gesundheitliche Beeinträchtigungen und vor allem eine Pflegebedürftigkeit soll so lange wie möglich „nach hinten“ verschoben werden, damit Menschen so lange wie möglich selbstbestimmt leben und an der Gesellschaft teilhaben können.

Damit „Pflege“ auch in Zukunft kompetent gelingen kann, brauchen wir dringend eine Aufwertung der Pflegeberufe. Wir brauchen das Pflegeberufereformgesetz. Damit gewährleisten wir auch bundesweit die Kostenfreiheit der Ausbildung, sprich die Abschaffung des Schulgeldes. Nur mit der generalistischen Pflegeausbildung werden wir junge Menschen für die „Pflege“ gewinnen können. Nur mit einem systematischen und durchlässigen Fort- und Weiterbildungssystem behalten wir die jungen Menschen nach der Ausbildung in der Branche Pflege.

Im kommenden Quartal werden wir das Pflegestärkungsgesetz III verabschieden. Gleiches gilt für das federführend vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erstellte Bundesteilhabegesetz. Mitberatend beteiligt sind unter anderem zahlreiche weitere Bundesressorts, die Bundesländer und Kommunen, Sozialversicherungsträger, Sozialpartner und zahlreihe bundesweit agierende zivilgesellschaftliche Akteure der Behindertenhilfe. Es handelt sich um ein zustimmungspflichtiges Gesetz, d.h. der Bundesrat muss diesem nach der Verabschiedung im Deutschen Bundestag zustimmen. Mit der Entwicklung eines modernen Teilhabegesetzes ist eine gravierende Reform der Eingliederungshilfe verbunden - eine riesengroße sozialpolitische Herausforderung auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft. Natürlich gibt es Vereine und Verbände, denen das Gesetz nicht ausreicht und die daher den Entwurf ablehnen. Ich halte es für unerlässlich, dass das Gesetz in dieser Legislatur verabschiedet wird. Ansonsten ist zu befürchten, dass es über viele Jahre keinen neuen Gesetzesvorstoß geben wird.

In der Diskussion gab es zahlreihe Frage zum Thema Pflege: Erleichtert waren viele über die automatische Umstellung der Pflegestufen in Pflegegrade durch die Pflegekassen. Ein Extra-Antrag muss nicht gestellt werden. Eine Neubegutachtung ist dafür nicht zwingend erforderlich. Bestätigt habe ich, dass wir auch die pflegenden Angehörigen unterstützen- mit Sach- und/oder Geldleistungen.

Eine Teilnehmerin, die beruflich PflegeasssistentInnen in ernährungswissenschaftlichen und hauswirtschaftlichen Ausbildungsinhalten geschult hat, forderte mehr einheitliche Ausbildungsstandards auch unterhalb der dreijährigen bundesrechtlich geregelten Ausbildungen im Feld der Alten- und Krankenpflege. Auch das Thema Pflegebetrug wurde angesprochen, nach den Prüfmodalitäten für ambulante und stationäre Einrichtungen gefragt. Um den „schwarzen Schafen“ in der Pflege, die alle anderen Anbieter mit in Verruf bringen, besser habhaft zu werden, verschärfen wir die entsprechenden Regularien im Pflegestärkungsgesetz III.

Auch das Thema bezahlbarer Wohnraum war Gegenstand der Diskussion. Konkret gefragt wurde nach Möglichkeiten, wie Mietnebenkosten gedämpft werden könnten. Die SPD hat - häufig auch gegen anfänglichen Widerstand von CDU/CSU - unterschiedliche Maßnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum durchgesetzt. Wir haben die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip für Makler eingeführt. Mit der Reform des Wohngeldes haben wir den Kreis der Wohngeldberechtigten stark ausgeweitet und Geringverdienende spürbar entlastet.  

Die SPD will zudem seit Jahren, dass Modernisierungskosten wie z.B. bei energetischer Sanierung oder Einbau eines Fahrstuhls längsten bis zur Abgeltung der Aufwendungen auf die Miete aufgeschlagen werden dürfen. Hier werden wir von der CDU/CSU blockiert.

Uns abschließend wurde auf der Dachterrasse des Reichstagsgebäudes das gemeinsame Gruppenfoto gemacht.

Besuch im Willy-Brandt-Haus

Von der Reichstagskuppel ging es direkt zum Willy-Brandt-Haus. Besuche im Willy-Brandt-Haus bestehen immer aus zwei Teilen. Im ersten Teil geht es um das Haus und im zweiten Teil um die SPD.

 Nach dem Mittagessen im dortigen Casino erwartete uns Kai Ihlefeld, Mitarbeiter beim SPD-Parteivorstand, um die Geschichte und Architektur des Hauses zu erklären. Stolz berichtete er auch über die energetischen Raffinessen des Hauses: Blockheizkraftwerk, Photovoltaikanlage und eine Regenwasserzisterne gehören zur Ausstattung. Zu intensiver Betrachtung lud die 3,3 Meter hohe Willy-Brandt-Statue ein. Hier wurde ein weiteres Gruppenfoto gemacht.

In einem Film zur Geschichte der SPD erzählen prominente GenossInnen wie Christine Bergmann aber auch KommunalpolitikerInnen, wie sie zur SPD gekommen sind, wie sie sich für eine solidarische, gerechte und freie Welt einsetz(t)en - weltweit und direkt vor Ort. Jürgen Große, Referent des Parteivorstandes, stand für meine BesucherInnengruppe als Diskussionspartner zur Verfügung. Er erklärte was neben der Begleitung der Wahlkämpfe noch für Aufgaben im Willy-Brandt-Haus anstehen. So erfuhr die Gruppe, dass der Wahlprogrammprozess für die Bundestagswahl 2017 bereits voll im Gange ist. Die Parteispitze nimmt die Anliegen und Herausforderungen, die SPD-Mitglieder, Vereine, Verbände aber auch BesucherInnengruppen äußern, auf. All des wird zusammengetragen. Endgültige Entscheidungen trifft aber der Bundesparteitag, der zu Ende Mai 2017 einberufen wird.

Jürgen Große ist auch zuständig für den so genannten Bürgerdialog: Alle Anrufe, Mails und Briefe werden hier bearbeitet. Er hat also täglich „das Ohr am Volk“.

„Wie gelingt es der SPD die Jugend für sozialdemokratische Programmatik zu interessieren?“ Schließlich sei das Durchschnittsalter der SPD doch recht hoch. Die Antwort: Über Inhalte und ein gutes Programm, dass die Lebenswirklichkeit der jungen Menschen auch widerspiegelt. Hier seien Themen wie Bildung, aber auch Europa genannt. Er bemängelte aber auch selbstkritisch, dass die SPD-Bundestagsfraktion eine gute Halbzeitbilanz sprich Erfolge bei den Themen:

  • Mindestlohn
  • Rentenpaket
  • Hilfe für Flüchtlinge
  • Elterngeld plus
  • Gute Pflege
  • Hilfen für die Kommunen
  • Energiewende
  • Mietpreisbremse
  • BAföG-Reform
  • Doppelpass
  • Mehr Frauen in Führung

vorweisen könne. Doch gelänge es nicht, diese Erfolge auch „in den Korb der SPD“ zu legen. Hier müsse die SPD noch besser werden.

"GrenzErfahrungen. Alltag der deutschen Teilung" - Ausstellung im Tränenpalast

Nächster Programmpunkt war eine Führung durch den „Tränenpalast“. Am historischen Ort des denkmalgeschützten Tränenpalasts veranschaulicht die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland anhand biografischer Beispiele, Originalobjekte und Zeitzeugeninterviews das Leben angesichts von Teilung und Grenze. Die Ausstellung zeigt zudem die wichtigsten Stationen im Vereinigungsprozess.

Abschiedstränen und Sehnsucht, Wut und Verzweiflung - an keinem anderen Ort konzentrieren sich Gefühle der Grenzerfahrung derart wie am und im Tränenpalast, jener Berliner Grenzübergangsstelle für die Ausreise von Ost nach West am Bahnhof Friedrichstraße. Hier erlebten die Menschen unmittelbar, wie stark sich die deutsche Teilung auf ihr persönliches Leben auswirkte. Erst mit dem Fall der Mauer verliert der Tränenpalast diese Funktion.

Schifffahrt auf der Spree

Der letzte Programmpunkt vor der Rückfahrt zum Tempelhofer Rathaus war eine Schifffahrt auf der Spree. Beim Abendessen hatte die Gruppe Gelegenheit Berlin vom Wasser aus zu betrachten, sich an den vielen Menschen, die an den Ufern den warmen Sommerabend verbrachten, zu erfreuen und auch das Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen.