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„Wahnsinn, das hätte ich ja nicht gedacht...“ - Kunst- und Architekturführung im Paul-Löbe-Haus

Wer an den Bundestag denkt, hat meistens die Bilder vom Plenarsaal mit den blauen Stuhlreihen vor Augen oder die Bilder von Abgeordneten, die mit ihren Aktenkoffern durch die großen Hallen des Reichstags mit seiner schönen Glaskuppel zum nächsten Termin eilen. Doch der Bundestag hat noch mehr zu bieten- er ist auch ein Ort der Begegnung von Kunst und Politik. Es gibt viel zu bewundern und zu staunen. Daher bin ich froh, dass ich regelmäßig zu Kunstführungen durch den Deutschen Bundestag einladen zu können. Dadurch erhalten Bürger*innen aus meinem Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg die Möglichkeit, sich ein Bild von der Kunst und Architektur in den Bundestagsgebäuden zu machen.

Meiner Einladung am 4. Februar 2017 sind 25 Bürger*innen gefolgt. Darunter waren Viele, die in den letzten Wochen und Monaten in die SPD eingetreten sind, was mich besonders gefreut hat. Der Schwerpunkt der Führung lag dieses Mal auf dem Paul-Löbe-Haus, das Gebäude, in dem vor allem die Ausschussarbeit des Bundestages stattfindet.

Zunächst versammelten sich alle vor dem Eingang und wurden durch den Sicherheitscheck in den Reichstag geleitet. Um 14:00 Uhr konnte ich nach einer kleinen Begrüßung das Wort an eine Kunstexpertin vom Besucherdienst weitergeben. Diese erläuterte sowohl die Architektur, die im Paul-Löbe-Haus selbst vorzufindenden Kunstwerke als auch die Kunstobjekte, die uns auf dem Weg aus dem Reichstag in das Paul-Löbe-Haus und in den Reichstag zurück zum Fraktionssaal begegneten.

Der Deutsche Bundestag weist der Kunst einen hohen Stellenwert auf. Er ist modern und legt daher großen Wert auf zeitgenössische Kunst. Diese ist in und an allen Parlamentsneubauten in Berlin anzutreffen. Zuständig ist ein eigener Kunstbeirat, der sich um das Ankauf-Konzept der Kunstwerke sehr sorgfältig kümmert. Über dreißig Künstler*innen sind allein im Paul-Löbe-Haus vertreten.

Wahre Kunst bleibt unvergänglich

Unterwegs in Richtung Paul-Löbe-Haus kommen wir an den Inschriften der sowjetischen Soldaten an den Wänden vorbei und erreichen an der Nordseite des Reichstages der Künstlerin Jenny Holzer. Es ist eine Stele, die vom Boden zur Decke reicht und auf deren vier Seiten fortlaufend Worte in gelber Leuchtschrift aufsteigend erscheinen . Mit elektronisch gesteuerter Schriftabfolge hat Jenny Holzer 442 Reden von Reichstags- und Bundestagsabgeordneten aus der Zeit von 1871 bis 1992 dokumentiert. Um alle diese Reden zu lesen, muss ein Mensch drei Wochen vor dieser Stele stehen. Das Werk symbolisiert einen tragenden Pfeiler des Hauses als das Haus der politischen Rede.

Durch die unterirdischen Gänge laufen wir zum Paul-Löbe-Haus und erreichen zunächst die Kantine, die durch seine riesige Glasfront einen unsagbar schönen Blick auf die Spree und das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus ermöglicht. Die Lichtinstallationen bestehen hier aus einem Meer an auffallend bunten, mundgeblasenen Glasleuchten. Keine gleicht der anderen, alle sind individuell gestaltet.    

Die Kunst vereinigt alle Welt

Nun betreten wir das Paul-Löbe-Haus. Es ist eine imposante, offene Halle mit hohen Decken- schlicht in grau gehalten, riesigen Glasfronten mit Blick auf das Kanzleramt auf der einen Seite und die Spree und das Marie-Elisabeth-Löders-Haus auf der anderen Seite. Rund 1000 Büros und Sitzungssäle sind an den Seiten in acht Etagen untergebracht, die über 16 gläserne Fahrstühle erreichbar sind. Hier tagen die Ausschüsse, sitzt die Öffentlichkeitsarbeit sowie die zentrale Besucherbetreuung.

Der Bundestag möchte eine möglichst große Transparenz deutlich machen, daher auch die imposanten Glasfronten. Er will einladen, die Partizipation und Demokratie fördern.

Behält man die Augen zur Decke gerichtet, erkennt man unter dem hellen glasgedeckte Rasterdach einen Kontrast zu dem minimalistischen und symmetrischen Formkonzept des Interieurs: Auf der Seite zum Kanzleramt ist ein straff gespanntes, rot leuchtendes Neonband angebracht, vom Westen gen Osten erstrecken sich drei weitere Neonlichtbänder in gelb, grün und einem blau quer von einer straffen Spannung bis zu einer schlaff hängenden Form unter dem Dach des Paul-Löbe-Hauses. Die Neoninstallationen stammen von Francois Morellet, es bildet ein farbliches Gegenspiel zu dem grauen Sichtbeton.

Kunst ist symbolisch

Unsere Referentin führte meine Gäste auch in einen Sitzungsraum, sodass sich alle kurz in die Rolle der Politiker*innen hineinversetzen konnten. Auch diese Räume sind jeweils mit einer deckenhohen Glasfront versehen und bieten dem Auge überraschende Gebilde, die man nicht immer sofort als Kunst erkennen kann. Umso größer war oft der AHA-Effekt, als unsere Referentin die Hintergründe schilderte.

Besonders beeindruckend waren für meine Gäste die Materialreste des Verhüllungswerkes von Christo und Jeanne-Claude. Wer kann sich nicht daran erinnern, als 1995 für zwei Wochen das Reichstagsgebäude in einen aluminiumumschichteten Polypropylenstoff „verpackt“ wurde. Sieben Tage lang haben 90 Berufskletterer und 120 Monteure die Stoffbahnen herabgelassen und diese mit Seilen festgebunden. Den Stoff dieses Spektakels nun so hautnah zu sehen, erzeugt ein prickelndes Gefühl.

Abschließend habe ich meine Gäste in den Fraktionssaal eingeladen und ihnen meine Arbeit und die aktuellen politischen Themen vorgestellt. Mir wurden viele Fragen gestellt zur Bürgerversicherung, zum Pflegeberufereformgesetz, dem bevorstehenden Wahlkampf und natürlich zu Martin Schulz, unserem neuen Kanzlerkandidaten. Anschließend gab es wie immer die Möglichkeit auf die Kuppel des Reichstagsgebäudes zu steigen.

Da ich nur einen kleinen Teil dessen beschreiben kann, was im Bundestag alles zu sehen ist, möchte ich Sie herzlich einladen, an einer der nächsten Kunst- und Architekturführungen teilzunehmen. Schauen Sie dazu in meinen Newsletter oder auf den Kalender meiner Webseite.