Am 17.08.2021 besuchte ich ein weiteres Mal das Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg. Begleitet hat mich Michael Biel, SPD-Direktkandidat für das Berliner Abgeordnetenhaus im Schöneberger Wahlkreis 2, und mein Mitarbeiter Björn Englert. In unser aller Namen danke ich für die freundliche Begrüßung durch Herrn Ralf Schäfer (Heimleitung) und Frau Jörgensen (Öffentlichkeitsarbeit). Es ist selbstverständlich, dass unser Impfstatus überprüft wurde und wir uns zwecks Nachverfolgung in Listen eingetragen haben.
Mitgebracht habe ich zwei Informationsflyer zu folgenden Bundesthemen:
1. Pflege verbessern. Pflege solidarisch gestalten.
2. Für eine Gesellschaft der Vielfalt. Für Respekt, Akzeptanz und Zusammenhalt.
Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg
Das Immanuel Seniorenzentrum engagiert sich aktiv im Kiez, ist aktiver Bestandteil des Schöneberger Lebens mit seiner großen LSBTIQ*-Community. Dazu gehört die regelmäßige Teilnahme am Lesbisch-Schwulen Straßenfest oder die Organisation von Kulturveranstaltungen und sportlichen Betätigungen im Gemeindezentrum der Baptisten-Gemeinde Schöneberg.
Auch Menschen in der LGBTIQ*Community werden älter und pflegebedürftig und brauchen entsprechende Unterstützungs- und Versorgungsstrukturen. Dem Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg liegt der sensible und geschulte Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt besonders am Herzen. Das gilt für die Bewohner:innen genauso wie für die Mitarbeitenden. Die Einrichtung bietet derzeit über 16 Plätze in der Tagespflege, 62 Plätze in der vollstationären Langzeitpflege sowie 20 Ein- bis Dreizimmerwohnungen fürs Servicewohnen. Darüber hinaus bestehen Angebote in der Verhinderungspflege.
Erster Besuchsteil: Kultur- und diversitätsorientierte Pflege
Zuerst fand im Büro von Ralf Schäfer ein intensiver Austausch zur Einbettung des Immanuel Seniorenzentrums in die LGBTIQ*-Community sowie über weitere pflegerische Versorgungsbedarfe für diese Zielgruppe statt:
Das Immanuel Seniorenzentrum ist die bundesweit erste Pflegeeinrichtung, die im November 2018 von der Schwulenberatung Berlin mit dem Qualitätssiegel „Lebensort Vielfalt“ ausgezeichnet worden ist. Einrichtungen mit diesem Siegel setzen sich besonders für den Schutz von LSBTIQ* und gegen Diskriminierung ein und kooperieren mit LSBITQ* Organisationen und Netzwerken.
Mich freut diese Entwicklung sehr, habe ich mich doch in den letzten Jahren sehr für eine kultur- und diversitätssensible Pflege im Gesundheitswesen und in der Pflege stark gemacht und dafür um entsprechendes Bewusstsein in politischen Gremien, Gesellschaft und Medien geworben. Ich wünsche jedem einzelnen Menschen ein diskriminierungsfreies Leben, also auch ein diskriminierungsfreies Alter. Es muss Schluss damit sein, dass immer noch viele Senior*innen ihre sexuelle Identität aus Angst vor Diskriminierung und Ausgrenzung verbergen, wenn sie pflegebedürftig werden und enge Bindungen zu ihrem bisherigen sozialen, unterstützenden Umfeld einbüßen. Eine diversitätssensible Pflege greift im Rahmen von Biographiearbeit auch die Lebenserfahrungen auf, die viele Menschen der LSBTIQ*-Community in den vergangenen Jahrzehnten gemacht haben: staatliche und gesellschaftliche Repressionen, Diskriminierung und Pathologisierung, was diskriminierende Erfahrungen mit Ärzt*innen und Gesundheitseinrichtungen einschließt. Um entsprechendes Vertrauen zu gewinnen, bedarf es besonderer Qualifizierungen auf Seiten des pflegerischen Personals.
Qualitätssiegel „Lebensort Vielfalt“
Das Qualitätssiegel "Lebensort Vielfalt" ist nur eine der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in dieser Legislatur vorangetriebenen Maßnahmen zum „Schutz und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“. Das Qualitätssiegel ist von der Schwulenberatung Berlin e.V. ins Leben gerufen worden und wurde vom BMFSFJ gefördert. Mittlerweile ist diese Förderung des Siegels „Lebensort Vielfalt“ ausgelaufen. Als hohes und gutes Identifikationsmerkmal wird vom Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV-Verband) in Kooperation mit der Deutschen Aidsstiftung fortgeführt und gefördert.
Die Schwulenberatung Berlin e.V. bietet seit 2010 u.a. im Projekt „Jo weiß Bescheid“ Trainings für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen an, um über die Lebensrealitäten von LSBTI* zu informieren, um Akzeptanz und fachliche Kenntnisse zu steigern und lsbti-sensible Haltungen zu fördern. Dazu gehören z. B. die rechtliche Situation, das soziale Coming-Out, Diskriminierung und Gewalt aufgrund von Homo- oder Transfeindlichkeit.
Vor der Vergabe des Qualitätssiegels müssen Einrichtungen einen umfassenden mehrstufigen Trainingsprozess bei der Umsetzung LSBTIQ-sensibler Pflege durchlaufen, welches mit einem sogenannten „Diversity Check“ beginnt. Dieser bildet die Grundlage für eine ausführliche Beratung durch die Schwulenberatung. Darauf aufbauend erfolgen dann Qualifizierungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für alle in einer Einrichtung Verantwortung Tragenden. Die Begutachtung verläuft anhand eines umfangreichen Katalogs von Pflichtkriterien, von denen die Einrichtung mindestens 80% erfüllen muss. Erst dann kann eine Einrichtungsbegutachtung beantragt werden und die Auszeichnung und Vergabe des Qualitätssiegels erfolgen. Die Sicherung der Qualität wird durch Folgebegutachtungen sichergestellt.
Das Immanuel Seniorenzentrum Berlin als bundesweites Referenzprojekt
Die größte Anforderung bei der Umsetzung diversitätssensibler Pflege ist nach Aussagen von Herrn Schäfer, die Haltung zu ändern: diese muss von der Führung vorgelebt werden. Fakt ist, dass es in jeder Einrichtung, unter den Gepflegten wie beim Personal, eine unsichtbare Vielfalt gibt. Und es ist ein Gewinn für jede Einrichtung, diese Vielfalt zu entdecken, wahrzunehmen und von ihr zu lernen. Die aus acht Nationen stammenden Pflegekräfte des Immanuel Seniorenzentrum waren zur „Entdeckungsreise“ bereit. Die gemachten Erfahrungen stehen Dritten als Best Practice-Beispiel in der Broschüre „Weil ich bin wie ich bin“ zur Verfügung.
Konkrete Forderungen an die Politik von Herrn Schäfer
Es braucht
- mehr Studien (v.a. Langzeitstudien) und die finanziellen Mittel dazu,
- mehr Lehrstühle und spezialisierte Forschungseinrichtungen,
- mehr öffentliche, gesellschaftliche Auseinandersetzung mit einer vielfaltsorientierten Pflege, insbesondere auch zur Thematik „Trans* und Pflege“,
- mehr Forschung zu Demenz und Sexualität, z.B. wenn es zu einem „Rückfallen in das zugeschriebene Geschlecht“ kommt.
Bündnis gegen Homophobie
Im August 2021 ist die Immanuel Miteinander Leben GmbH, Trägerin des Immanuel Seniorenzentrums Schöneberg, konsequenterweise dem Bündnis gegen Homophobie beigetreten. Ich gratuliere hierzu ausdrücklich, zumal dieser Schritt die Vorbildfunktion dieser Einrichtung noch einmal unterstreicht.
Zweiter Besuchsteil: Pflege geht uns alle an
In den Räumlichkeiten der Tagespflege fand der zweite Teil unseres Besuches statt. Michael Biel und ich trafen Besucher:innen der Tagespflege ebenso wie Bewohner:innen der Einrichtung, Pflegefachkräfte und einen agilen Vertreter des Heimbeirates. Sehr schnell waren wir mittenmang in spannenden Diskussionen zu den aktuellen Brennpunkten in der Pflege:
Bessere Löhne in der Pflege
Geld ist ein Maßstab für Wertschätzung. Wie kommt mehr Geld zu den Pflegekräften und den Betreuungs- und Assistenzkräften?, fragt der Heimbeiratvertreter.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und die SPD-Fraktion haben sich sehr stark gemacht für einen flächendeckenden allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Pflege. Leider ist dieses Vorhaben u.a. auch aufgrund des Widerstandes des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) gescheitert. Wir konnten in das im Juni 2021 verabschiedete „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG)“ reinverhandeln, dass durch die Pflicht zu mehr tarifvertraglichen Bindungen mehr als 500.000 Pflegekräfte ab dem 1.9.2022 höhere Löhne erhalten werden.
Das Immanuel Seniorenzentrum zahlt nach Tarif. Augenblicklich sieht sich die Einrichtung bei der Vergütung von Fachkräften im Vergleich zu Privaten im Nachteil, weil diese deutlich besser bezahlen können. Genau anders herum stellt sich aber die Situation bei Hilfs- und Assistenzkräften dar.
In der nächsten Legislatur werden wir Sozialdemokrat:innen die Pflegeberufe attraktiver machen durch eine angemessene und tarifgebundene Bezahlung, mit der für eine Familie und für die Altersvorsorge gesorgt werden kann. Wir erhöhen die Mindestlöhne über die Pflegemindestlohnkommission. Und wir machen die Refinanzierung der Pflegeleistungen in der Altenpflege und der Pflege von Menschen mit Behinderungen von Tarifverträgen abhängig. Kein Pflegeanbieter darf sich hier entziehen können. Unser Ziel ist ein allgemeinverbindlicher Branchentarifvertrag.
Attraktivitätssteigerung der Pflege
Von den Bewohner*innen wird auf die physisch als auch psychisch sehr anstrengende Tätigkeit der Pflegekräfte verwiesen – diese Belastung sei unbedingt stärker in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Die Politik müsse Lösungen finden für beide Forderungen: höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Es fehlten langfristige Lösungen zur Attraktivitätssteigerung des Pflegeberufes an sich.
Diesen Aussagen konnten Michael Biel und ich nur zustimmen. Untätig waren wir Bundespolitiker*innen aber auch nicht: Mit der 2017 verabschiedeten Pflegeberufereform wurde die generalistisch ausgerichtete Pflegeausbildung geschaffen, das Schulgeld abgeschafft, die Ausbildungsvergütung verankert und das Pflegestudium eingeführt – alles Maßnahmen, die gerade auch junge Menschen ansprechen und zu einer Aufwertung des Pflegeberufes führen.
Wir Sozialdemokrat:innen sagen: Die Berufe in der Gesundheit, Pflege, Betreuung und Erziehung sind mit hohen Kompetenzen verbunden. Die Beschäftigten leisten eine gesellschaftlich wertvolle Arbeit. Daher werden wir in der nächsten Legislatur noch mehr vollschulische Ausbildungen dual ausrichten, so dass sie Schulgeldfrei sind und die Auszubildenden eine Vergütung erhalten. Wir stärken die Professionalität, sichern Qualität und eröffnen mehr Karriereoptionen durch duale akademische Ausbildungswege. Neben den besseren Ausbildungsbedingungen und Löhnen wollen wir Sozialdemokrat:innen die Arbeitsbedingungen durch neue Personalbemessungsverfahren verbessern und unterschiedliche Arbeitszeiten und familienbedingte Tätigkeiten bei den Renten gerechter behandeln. Langjährige Pflege von Eltern, Schwiegereltern oder anderen Familienmitgliedern dürfen nicht zu eigener Altersarmut führen.
Personalbemessung
Beschäftigte in der Pflege wollen nicht nur höhere Löhne. Sie wollen auch mehr Kolleg*innen, um gute Arbeit bei ausreichender Zeit für die einzelnen Pflegebedürftigen und Patient:innen machen zu können.
Pflege ist vor allem Beziehungsarbeit. Es gibt bundesweite Modellprogramme, die realistische Personalbemessungsschlüssel für die verschiedenen Pflegebereiche erarbeiten. Hier arbeiten Wissenschaft und alle relevanten Trägerstrukturen zusammen.
In dieser Legislatur sind mehrere Gesetze verabschiedet worden, um mehr Stellen in verschiedenen Pflegebereichen zu fördern. Das 2018 beschlossene „Pflegepersonal-Stärkungsgesetz“ ist ein Sofortprogramm, mit dem seit 2019 zusätzliche 13.000 Pflegefachkraftstellen durch die Gesetzliche Krankenversicherung finanziert werden können. Das Hauptproblem vieler Träger ist der Fachkräftemangel. Hinzu kommen Neuerungen nach dem „Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz“, welches die Finanzierung von 20.000 zusätzlichen Stellen für Pflegehilfskräfte in Altenpflege-Einrichtungen regelt - alles in allem erste Schritte für ein verbindliches Personalbemessungsverfahren für Pflegeeinrichtungen.
Pflege in Corona-Zeiten
Gerade in den vergangenen Monaten sei die Bedeutung der Pflege sehr sichtbar geworden, sie ist systemrelevant. Es brauche mehr als abendlichen Applaus.
Auch hier stimmen Michael Biel und ich den Bewohner*innen zu. Zwar haben Pflegefachkräfte und andere in der Pflege Tätige eine Einmalzulage erhalten, dabei hat es aber auch viel Ärger hinsichtlich der Verteilung gegeben.
Während der Corona-Pandemie sind zahlreiche Gesetze verabschiedet worden, die die Leistungen in der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ausgeweitet haben. Damit dieses nicht zur Erhöhung der Beiträge oder einer Erhöhung der Eigenanteile von Heimbewohner*innen führt, hat die SPD erfolgreich durchgesetzt, dass erstmals der von uns schon lange gewollte jährliche Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro zur Pflegeversicherung verankert ist.
Gesundheit und Pflege sind keine Ware! Gemeinwohl geht vor Rendite!
In den vergangenen Jahren ist der Gesundheits- und Pflegebereich von privaten Finanzinvestoren als Renditebeschaffer entdeckt worden. Für diese Einrichtungen im Gesundheitswesen ein „Investmentobjekt“, sind Gesundheit und Pflege ein Geschäft. Das gehe zulasten der Pflegekräfte, Patient:innen und pflegebedürftigen Menschen.
Wir Sozialdemokrat:innen halten diese Entwicklung auch für grundfalsch. Wir sagen: Das System muss sich am Menschen und nicht an Profiten orientieren. Ohne die Blockaden durch die CDU/CSU in der Regierung wollen wir in der nächsten Legislatur dafür sorgen, dass mit Steuer- und Beitragsgeldern erwirtschaftete Gewinne nicht privatisiert sondern im Gesundheits- und Pflegewesen bleiben. Wir wollen eine stärkere (Re-)Kommunalisierung, wollen, dass die Länder, Landkreise und Kommunen verstärkt darüber entscheiden, wo und in welcher Trägerschaft Heime entstehen. So wird auch ihr Sicherstellungsauftrag gestärkt.
Zweiklassen-Medizin und Pflege: Pflege muss bezahlbar bleiben
Wie sollen denn all die Vorhaben bezahlt werden, wollten die Bewohner:innen wissen. Viele Pflegebedürftige in der stationären Langzeitpflege seien schon jetzt am Limit. Es herrsche eine große Angst, den Kindern zur Last zu fallen.
Mit dem jüngst im Juni 2021 verabschiedeten „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“tragen wir auch zur Entlastung von Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen bei. Pflegebedürftige und ihre Familien erhalten je nach Dauer der stationären Pflege einen ansteigenden Zuschlag aus der Pflegeversicherung zu den pflegerischen Eigenanteilen. Weiterhin werden pflegende Angehörige ab 2021 steuerlich entlastet. Sowieso kann für die meisten Familien Entwarnung gegeben werden: Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) hat mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz durchgesetzt, dass Angehörige sich an den Leistungen der Hilfe zur Pflege, z.B. Heimkosten, oder anderen Leistungen der Sozialhilfe erst ab einem Einkommen von 100.000 Euro beteiligen müssen.
Wir Sozialdemokrat:innen wollen für die Gesetzliche Krankenversicherung als auch die Soziale Pflegeversicherung eine Aufhebung der Trennung in gesetzlich und privat Versicherte. Gerade in der Pflege macht diese Trennung gar keinen Sinn, da der Leistungskatalog der gleiche ist. Wir kämpfen (weiter) für die solidarische Finanzierung für alle pflegerischen Bedarfe und Leistungen durch Einführung einer Vollversicherung als Bürger:innenversicherung. Angesichts des demographischen Wandels ist von einer Kostensteigerung auszugehen. Wir wollen, dass diese nicht nur über Sozialversicherungsbeiträge sondern auch durch einem dynamischen Bundesfinanzzuschuss finanziert werden. Pflege muss für alle bezahlbar sein.
Pflegekammer
Wie steht die SPD auf Bundes- und Landesebene zur Einrichtung einer Pflegekammer, so die Frage von Herrn Schäfer.
Die SPD ist sich hier nicht eins. Ich bin seit Jahren eine starke Verfechterin einer Pflegekammer, habe mich auch in den Berliner Koalitionsverhandlungen dafür stark gemacht, bin aber am Widerstand DER LINKEN und den Gewerkschaften gescheitert. Dabei sind die Herausforderungen in der Pflege so groß, dass nicht weniger, sondern mehr Interessenpolitik angemessen ist. Ich bin für einen Dreiklang der Interessenvertretung in der Pflege: Berufsverbände, Gewerkschaften und Pflegekammern:
- Gewerkschaften vorbehalten ist die Ausgestaltung von Tarifverträgen - Entgelt, Arbeitsbedingungen wie z.B. Arbeitszeit - zusammen mit den Arbeitgeber*innen, die Ausrufung von Arbeitskämpfen sowie die Durchsetzung von Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Sie unterstützen auch einzelne Beschäftigte, wenn es Probleme und Konflikte am Arbeitsplatz gibt.
- Berufsverbände vertreten die Interessen der Berufsangehörigen bezogen auf die Fachlichkeit und die Rahmenbedingungen pflegerischer Arbeit. Sie entwickeln und erproben neue pflegerische Konzepte und prägen berufspolitische Ziele. Berufsverbände setzen sich mit ihrer Lobbyarbeit für die weitere Professionalisierung der Pflege ein.
- Die Pflegekammer führt als Körperschaft des öffentlichen Rechts hoheitliche, also staatlich übertragene Aufgaben aus. Im Fokus steht die sichere Qualität der pflegerischen Versorgung der Menschen im jeweiligen Bundesland. Die Selbstverwaltung legt dafür Qualitätsstandards fest, entwickelt eine Berufs- und auch Weiterbildungsordnung, entsendet Vertreter*innen in Fachgremien und fördert die Kooperation mit weiteren Professionen und Bildungsinstitutionen. Die registrierten Berufsangehörigen beschließen die für sie geltenden Verwaltungsregelungen sowie eine Wahl- oder auch Gebührenordnung.
Die Interessensvertretungen stehen nicht zueinander in Konkurrenz, denn das jeweilige Vertretungsmandat unterscheidet sich deutlich.
Digitalisierung in der Pflege
Frage von Herrn Schäfer: Ist eine Neuauflage der Mittel zur Unterstützung bei der Digitalisierung geplant? Das Immanuel habe in der Vergangenheit davon Gebrauch gemacht, es seien aber noch weitere Maßnahmen und damit finanzielle Unterstützungen erforderlich.
Das von Bundestag und Bundesrat verabschiedete „Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz“ ist seit Mitte dieses Jahres in Kraft. Für die Regelversorgung in der Pflege sollen digitale Gesundheitsanwendungen weiterentwickelt werden, der Ausbau der Telemedizin erfolgen und es sind zusätzliche Einsatzmöglichkeiten in der Telematikinfrastruktur (TI) und eine stärkere digitale Vernetzung vorgesehen.
Mit Hilfe der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung ist in diesem Jahr „Leben Pflege Digital - Kompetenzzentrum „Pflege 4.0“ gegründet worden. Hier sollen Informationen zu aktuellen digitalen Entwicklungen, aber auch zu Zugangsvoraussetzungen, Finanzierungs- und Datenschutzaspekten und gesetzlichen Grundlagen zusammenführt werden.