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Inklusion – Dabei sein von Anfang an

Unter diesem Motto macht am 5. Mai anlässlich des „Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung“ eine Menschenkette auf die Rechte von Menschen mit Behinderung aufmerksam. Das gemeinsame Ziel der aufrufenden Behinderten- und Sozialverbände ist klar: Menschen mit Behinderung soll ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden. Vom Brandenburger Tor bis zum Reichstag werden Lichter als Symbole an die Politik weitergereicht. Es wird ein Zeichen gesetzt, damit unsere Gesellschaft ihre Verantwortung gegenüber Menschen mit Behinderung und ihren Familien wahrnimmt.

 In Deutschland leben über 8 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Viele fühlen sich in unserer Gesellschaft deswegen nicht angenommen und respektiert, weil sie die bedarfsgerechte Unterstützung nur in Sondereinrichtungen erhalten. Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert auf, von Anfang an auf ein „normales“ Leben mitten in der Gesellschaft hinzuwirken.

 Seit 2009 gilt die UN-Konvention auch in Deutschland. Sie ist ein Meilenstein auf dem Weg für mehr Rechte für Menschen mit Behinderung. Als Ziele werden die vollständige und wirksame Partizipation und Inklusion in der Gesellschaft gesetzt. Konkret heißt das: gleichberechtigter Zugang zum Arbeitsmarkt, Teilhabe am kulturellen Leben, gleichberechtigte Mitwirkung in der Politik und ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen.

 Deutschland hat sich mit der Unterzeichnung dieser Konvention verpflichtet, dass Kinder auf Grund ihrer Behinderung nicht von der Regelschule ausgeschlossen werden dürfen. Der Anteil von SchülerInnen mit Behinderung, die gemeinsam mit nicht behinderten Gleichaltrigen eine Schule besuchen, liegt in Deutschland seit Jahren bei nur 15 Prozent. In vielen Nachbarländern sind es weit über 60 Prozent. Für mich ein Ansporn, verstärkt für eine konsequente Umsetzung der UN-Konvention zu werben.

 In Tempelhof-Schöneberg beteiligt sich u.a. die Tempelhofer Annedore-Leber-Grundschule am Modellversuch „Inklusiver Unterricht und inklusive Erziehung“. Hier leisten die LehrerInnen, die Eltern und die SchülerInnen vorbildliche Arbeit für eine inklusive Schule. Doch auch in Tempelhof-Schöneberger Schulen ist noch Verbesserungsbedarf. Schulen, die Inklusion leisten wollen, benötigen dafür z.B. behindertengerechte Räume. Genauso wichtig sind Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, die die Kinder gezielt fördern. Die neuen Sekundarschulen sollen ebenfalls ein inklusives Angebot an alle Schüler sein. Ich wünsche mir noch mehr Akzeptanz und Aufnahmebereitschaft der Schulen für SchülerInnen mit besonderen Lernbedingungen.

 Bei der Umsetzung der UN-Konvention sind wir alle gefordert: die Politik auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene, die Wirtschaft und Gewerkschaften, Verbände, Selbsthilfegruppen, Zivilgesellschaft und - nicht zuletzt - die Betroffenen selbst.

 Setzen wir uns gemeinsam für mehr Inklusion und gegen Ausgrenzung ein.

 Kolumne von Mechthild Rawert im Tempelhofer Journal, Ausgabe Mai/Juni 2010