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Schwarz-Gelbes Versorgungsstrukturgesetz unter scharfer Kritik

Der von Schwarz-Gelb vorgelegte „Gesetzentwurf zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung“ wurde in der mehr als fünfstündigen Anhörung der Mitglieder des Gesundheitsausschusses von Expertinnen und Experten zerpflückt - zu Recht wie ich befinde!

Auch wir sozialdemokratischen Mitglieder des Gesundheitsausschusses wollen eine flächendeckende wohnortnahe Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger. Schon seit langem kritisieren wir die Überversorgung durch niedergelassene Ärzte und Ärztinnen in Metropolregionen bei gleichzeitiger Unterversorgung in einzelnen städtischen Regionen bzw. Kiezen oder in ganzen ländlichen Regionen.

Nichtsdestotrotz haben wir von Anfang an den Entwurf dieses Versorgungsstrukturgesetzes kritisiert, u.a.:

  • Im Mittelpunkt steht hier nicht die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten bzw. der Versicherten, stehen nicht die häufig an mehreren Krankheiten leidenden, z.T. chronisch erkrankten älteren Menschen, sondern vor allem das finanzielle Wohl der Ärzte und Ärztinnen.
  • Mangelhafte Anstrengungen gegen die kostenträchtige Überversorgung durch Aufkauf von Praxen ohne Nachfolge-Verpflichtungen durch die Kassenärztliche Vereinigung.
  • Die Schaffung eines neuen ambulanten spezialärztlichen Sektors ohne Mengengrenzen, mit dem die Gefahr besteht, dass der Bevölkerung Gelder für die Grundversorgung entzogen werden und MedizinerInnen hier gemäß der Devise „Wer will, der kann“ nicht mehr für die tätig sind, die der medizinischen Versorgung am meisten bedürfen.
  • Unzureichende Regelungen zur Umsetzung der Prinzipien Delegation und Substitution, um interdisziplinär modernere Kooperationen zwischen MedizinerInnen und den übrigen vielfältigen Gesundheitsberufen zu ermöglichen. Hier werden vielfältige Chancen verpasst.

Der von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vorgelegte Gesetzentwurf wurde auch von den zahlreich anwesenden ExpertInnen in der Anhörung scharf kritisiert, so z.B:

  • Das  Fehlen wirksamer Instrumente und der mangelnde Gestaltungsmut zum Abbau der Überversorgung - „Die Maßnahmen greifen zu kurz“, so der Vize-Chef des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg.
  • Die Vorschläge zur Behebung von Über- und Unterversorgung seien „äußerst unzureichend“, so auch Ilona Köster-Steinebach von der Verbraucherzentrale Bundesverband.
  • Finanzielle Anreize für ÄrztInnen allein bringen diese nicht in unterversorgte Gebiete, auch die Infrastruktur müsse stimmen - darauf verweisen die Gewerkschaften.
  • „Das Gesetz orientiert sich ausschließlich an den Ärzten - wo bleibt die Pflege psychisch Erkrankter und von Menschen mit Behinderung“ - so Dr. Annika Lange vom Diakonischen Werk, die vor allem den ganzheitlichen Ansatz vermisst.
  • Die Benennung von Unparteiischen erst nach dreijähriger Abstinenz in medizinischen Versorgungsorganisationen führe künftig zu „Frühstücksdirektoren“ bzw. „Gruftis“ - so Dr. Jürgen Fedderwitz, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
  • „Der Gesetzentwurf sei nur „grundsätzlich geeignet“, um der ärztlichen Unterversorgung entgegenzuwirken, äußert selbst Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wenig euphorisch.

Auch die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP waren mit dem Gesetzentwurf aus dem Hause von Gesundheitsminister Bahr nicht zufrieden. Sie legten selber 85 Änderungsanträge zur Anhörung vor.