Die Politik muss nachhelfen, was die großen Unternehmen alleine nicht schaffen: Den vielen hochqualifizierten Frauen auch Top-Jobs zu bieten. Unter dem Motto „Die gläserne Decke durchstoßen“ hat EU-Justizkommissarin Viviane Reding daher eine europaweite Frauenquote für die Aufsichtsräte von Konzernen gefordert - und ist mit diesem politisch gebotenen Signal der Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit zumindest vorerst im EU-Kollegium gescheitert. Nur sieben der 27 KommissarInnen - darunter Präsident José Manuel Barroso - stehen hinter ihr. Die GegnerInnen einer Geschlechterquote argumentieren mit rechtlichen Problemen bei der Auslegung des Gesetzentwurfs und Nachteile für Unternehmen. Neun Länder haben bereits im Vorfeld erklärt, gegen eine verbindliche Quote zu stimmen. Die Gegner plädieren für Entscheidungen auf nationaler Ebene und drohen unverhohlen eine Blockade des Vorhabens an. Zwar zählt Deutschland nicht dazu, aber was will Deutschland eigentlich?
Die EU-Kommissarin will weiterkämpfen und einen erneuten Vorstoß in der kommenden Sitzung am 14. November vornehmen. Ihr Gesetzesentwurf sieht vor, dass börsennotierte Unternehmen bis 2020 mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsposten mit dem „jeweils unterrepräsentierten Geschlecht“ haben müssen. Für Firmen mit staatlicher Beteiligung soll die Quote bereits 2018 gelten. Wer dagegen verstößt, wird mit Bußgeldern, dem Entzug staatlicher Subventionen oder dem Ausschluss von öffentlichen Aufträgen sanktioniert. Kleine und mittlere Firmen sind von der Quote befreit.
Freiwillige Selbstverpflichtungen sind Murks
Es ist nicht nur ungerecht sondern wirtschafts- und innovationsfeindlich, wenn wir zwar in die Ausbildung von Frauen investieren, an ihrem Wissen und ihren Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt aber nicht mehr entsprechend interessiert sind. Hier werden Ressourcen mutwillig verschwendet. Wir haben in Deutschland Erfahrungen mit freiwilligen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft zur Förderung von Frauen in Führungspositionen. Um Erfolge zu sehen, bedarf es der mikroskopischen Spurensuche: Derzeit sind in Deutschland 15,6 Prozent der Aufsichtsräte weiblich und nur 4,2 Prozent der Vorstandsmitglieder. In Gesellschaften, die keine unternehmerische Mitbestimmung haben, liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten gerade mal bei 2,6 Prozent. Ich unterstütze die Forderungen von Viviane Reding deshalb mit Nachdruck.
Über eine Online-Petition können Sie aktiv die 40%-Quote unterstützen: http://www.change.org/petitions/women-40
Die SPD will Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit
Die Zeit zur Herstellung von Chancengleichheit drängt. So werden in Deutschland 2013 viele Aufsichtsräte neu gewählt. Zahlreiche kompetente Frauen können neu in die Aufsichtsräte einziehen, wenn vorher eine gesetzliche Regelung im Deutschen Bundestag verab¬schiedet wird. Deshalb hat die SPD-Bundestagsfraktion bereits im März 2012 den „Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Wirtschaftsunternehmen (ChGlFöG)“ (Drs. 17/8878) eingebracht. Mit der von uns geforderten gesetzlichen Quote wollen wir, dass ab 2015 jedes Geschlecht zu 40 Prozent in den Vorständen und Aufsichtsräten von mitbestimmten und börsennotierten Unternehmen vertreten sein muss.
Was tut Schwarz-Gelb für Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit?
Von dieser Bundesregierung haben Frauen hinsichtlich Berufs- und Karriereentwicklung nichts zu erwarten. Abgesehen von einem unwürdigen Gezerre zum Nachteil mit der am besten ausgebildeten Frauengeneration: Die FDP will keine Quote. Die zuständige Ministerin für Frauen, Kristina Schröder (CDU) will eine unverbindliche Flexi-Quote, für die sie noch nicht einmal einen Entwurf vorlegt. Sie liegt im Dauerzwist mit ihrer Kollegin Ursula von der Leyen (CDU), die zwar nicht zuständig ist, aber eine gesetzliche Quote will. Und was will Bundeskanzlerin Merkel (CDU): Ebenfalls keine verbindliche Quote!
Damit verstößt Schwarz-Gelb eklatant gegen ihren eigenen Ersten Gleichstellungsbericht. Dieser wurde seitens einiger CDU-FraktionärInnen noch im Juni als „frauenpolitischer Meilenstein“ gepriesen. Vollmundig wurde erklärt, dass die anhaltende Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen gezielt angegangen werden soll.
Im Gleichstellungsbericht der Bundesregierung wird auf die Einführung von Geschlechterquoten gedrängt. Nur so sei es möglich, den seit Jahren in Deutschland stagnierenden Anteil der Frauen im Top-Management zu erhöhen. Führungspositionen zu erhöhen. Gefordert wird eine Quote, deren Nichteinhaltung effektiv sanktioniert wird. Denn nur so dann dieser Gerechtigkeitslücke zwischen den Geschlechtern begegnet werden.
Und was macht die Bundesregierung? Bitter für uns Frauen: Nichts!