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Änderung des NotfallsanitäterInnengesetzes

Rede am 13. Dezember 2012 anlässlich der Ersten Lesung eines Gesetzentwurfes der Bundesregierung über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters sowie zur Änderung weiterer Vorschriften:

Sehr geehrte/r Herr Präsident, Frau Präsidentin
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Expertinnen und Experten des Rettungsdienstes leisten als Bestandteil der Daseinsvorsorge Nacht für Nacht und Tag für Tag eine anspruchsvolle, hochqualifizierte Arbeit. Viele verdanken ihnen ihr Leben. Viele verdanken ihnen ihre Gesundheit. Dafür allen ehrenamtlichen und hauptberuflichen Fachkräften des Rettungsdienstes mein ganz herzlicher Dank.

Zu Recht wird im „Gesetzentwurf über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters sowie zur Änderungen des Hebammengesetzes“ darauf verwiesen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger „einen gesetzlichen Anspruch auf eine qualifizierte, bedarfsgerechte, hilfsfristorientierte und flächendeckende notfallmedizinische Hilfe auf dem aktuellen Stand von Wissen und Technik“ haben.

Dieser „Stand von Wissen und Technik“ ist sowohl im wissenschaftlichen als auch im technologischen Bereich in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen. So hat sich die Medizin rasant weiterentwickelt und mit ihr die Möglichkeiten der Notfallmedizin.

Deshalb begrüßen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten grundsätzlich die mit diesem Gesetz geplanten Neuregelungen der Ausbildungsstrukturen im Rettungswesen. Die Notwendigkeit der Modernisierung des 23 Jahre alten Rettungsassistentengesetzes (RettAssG) von 1989 wird von allen - auch von den Fachverbänden - gesehen. Bisher sind in diesem Feld sowohl RettungshelferInnen, RettungssanitäterInnen wie auch RettungsassistInnen im Einsatz. Die Ausbildungen sind bis auf die zur RettungsassistenIn nicht bundeseinheitlich geregelt.

Wir begrüßen die Aufwertung des Berufsbildes und der dazugehörigen Ausbildung sowie die zukünftig dann bundesweit einheitlichen Ausbildungsregelungen zum neuen Notfallsanitäter, zur Notfallsanitäterin.

Wir begrüßen die Intention, das Ausbildungsziel zu erneuern und die Ausbildung von zwei auf drei Jahre zu verlängern. So erhalten NotfallsanitäterInnen mehr Kompetenzen bei der Ausübung ihres Berufes.

Die SPD-Bundestagsfraktion plädiert grundsätzlich für eine stärkere Durchlässigkeit von Ausbildungsberufen und Studium; nicht nur bei den NotfallsanitäterInnen. Bei der von uns unterstützen Aufwertung ist darauf zu achten, dass keine unnötig hohen Hürden für den Berufszugang geschaffen werden. Berufszugänge müssen tendenziell erleichtert und Chancen zur Weiterqualifizierung gewährleistet sein. 

Für uns ist auch bei dieser Ausbildungsneuregelung wichtig, dass es in der Praxis zu keiner Zwei-Klassen- oder gar Drei-Klassen-Besetzung auf den Einsatzfahrzeugen kommt.

In der Übergangsphase der Neuregelung der Ausbildung der Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten zum/zur NotfallsanitäterIn ist dringend darauf zu achten, dass es zu keinen inakzeptablen Verwerfungen bei den Vergütungen kommt.

Gezielte, nur aus Kostenersparnisgründen vorgenommene  Verlagerungen von Tätigkeiten auf geringer qualifizierte RettungshelferInnen oder RettungssanitäterInnen sind inakzeptabel. 

Jedem heutigen Rettungsassistenten muss die niedrigschwellige Möglichkeit zum Erwerb des neuen Berufsbildes geben werden. Ihre im Beruf erworbene praxisbezogene Erfahrung muss eine angemessene Berücksichtigung bei Weiterbildungsmöglichkeiten  finden.

Die SPD-Bundestagsfraktion befürwortet grundsätzlich Regelungen zur Delegation von ärztlichen Tätigkeiten. Trotz der Letztverantwortung des Arztes/der Ärztin müssen im Interesse der Hilfesuchenden und der interdisziplinären Kooperation Möglichkeiten zur Entlastung der MedizinerInnen evaluiert und in die Praxis überführt werden.

Auf diese Weise gewinnt der Beruf der Notfallsanitäterin, des Notfallsanitäters an weiterem Ansehen und die Notfall-Patientinnen und Patienten erhalten eine noch bessere Versorgung. 

Kritik am bislang geltenden Rettungsassistentengesetz gibt es in der Frage der bestehenden Rechtsunsicherheit bei der Anwendung von invasiven Maßnahmen im Rahmen der sogenannten Notkompetenz.

Der dazu nun im Gesetzentwurf verankerte Regelungsvorschlag und die Ausführungen in der Begründung zum Gesetzesentwurf müssen in einer hoffentlich stattfindenden Anhörung intensiv diskutiert werden, um für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter Handlungsfähigkeit und Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Die geplante Einführung einer Ausbildungsvergütung und die Schaffung eines Ausbildungsrahmens wird von der SPD-Bundestagsfraktion begrüßt. Sicherzustellen ist dabei die Finanzierung der zukünftigen Ausbildung. Die Träger selbst, als Arbeitgeber der künftigen Notfallsanitäter/in, müssen für die Ausbildung ihrer späteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finanziell aufkommen.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten lehnen Regelungen ab, nach denen Auszubildende für ihre Ausbildungen selbst zahlen und u.a. Schulgeld zahlen müssen.

Folgende Fragen sind noch ungeklärt und sind in einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages mit den Fachverbänden zu diskutieren:

  • Wie wird die Finanzierung der (Mehr-)Kosten - Schätzungen gehen von einer durchschnittlichen Kostensteigerung von 15.000 Euro auf 40.000 Euro aus - der umfangreicheren und längeren Ausbildung geregelt?
  • Wie können Forderungen nach einem Zugang auch für SchülerInnen mit einem 10-jährigen allgemeinbildenden Schulabschluss sichergestellt werden?
  • Wie kann der von freien Trägern befürchtete Rückgang der Zahl der Auszubildenden vermieden werden, wenn die Träger nur noch in ihren trägereigenen Schulen ausbilden würden?
  • Welche Folgen hätte die fehlende Erwähnung des Beamtenrechts (Feuerwehr) im Gesetz? Führt dies zu einer Alleinstellung der Feuerwehr-Sanitäter?
  • Welche Auswirkungen hätte der Gesetzentwurf auf die Besonderheiten von Beamtenverhältnissen im Blick auf den Dienstherrn? Dieser kommt auch schon bisher für die Ausbildung (an eigenen Schulen) und die nachfolgende Anstellung auf.

Der vorliegende Gesetzentwurf will auch Regelungen im Bereich der Ausbildung für Hebammen und Entbindungspfleger ändern. Ich begrüße, dass Teile der praktischen Ausbildung künftig stärker auch im außerklinischen Bereich durchgeführt werden und die Dauer der praktischen Ausbildung im außerklinischen Bereich bis zu 480 Stunden betragen soll.

Damit wird der Praxis Rechnung getragen, dass  in den vergangenen Jahren die Verweildauer nach Entbindungen stetig kürzer geworden ist und Schwangere und junge Mütter im häuslichen Umfeld mehr Unterstützungsleistungen von Hebammen benötigen und nachfragen.

Für mich ist klar: Es geht in der Arbeit von heutigen Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten wie auch zukünftigen NotfallsanitäterInnen am Einsatzort oft schlicht um Leben und Tod. Oft zählt jede Sekunde.

Wir müssen mit dem neuen Ausbildungsgesetz rechtlich einwandfreie Lösungen finden, damit sich künftig NotfallsanitäterInnen darauf verlassen können, dass ihr Handeln so rechtlich abgesichert ist, dass es sie nicht im Nachhinein vor den Kadi führt.

Im Sinne und Interesse der Patientinnen und Patienten muss es darum gehen, den Übergang zu diesem neuen Berufsbild mit allen seinen Herausforderungen im Miteinander von RettungsassistentInnen und NotärztInnen erfolgreich zu gestalten und zum Erfolg zu führen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.