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Aktuelle Stunde: Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“

Rede vom 16. Januar 2013 anlässlich der Aktuellen Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema „Hauptstadtflughafen BER“: Das Jahr 2012 endete mit einer Aktuellen Stunde. Wozu? Zum „Flughafen Berlin Brandenburg“. Dort wurden meinerseits schon viele Fragen an die Bundesregierung gestellt. Ja, diese Flughafenkrise ist ganz unbestritten ein Debakel. Sie ist kein Ruhmesblatt für Regierende, für Experten und Expertinnen, egal ob auf Bundes- oder Länderebene, und egal welche großen Unternehmen – Bosch, Siemens und andere – daran beteiligt gewesen sind.


 

Link zum Video in der Mediathek des Deutschen Bundestages



216. Sitzung vom 16.01.2013
Aktuelle Stunde

Mechthild Rawert (SPD):

Das Jahr 2012 endete mit einer Aktuellen Stunde. Wozu? Zum „Flughafen Berlin Brandenburg“. Dort wurden meinerseits schon viele Fragen an die Bundesregierung gestellt. Ja, diese Flughafenkrise ist ganz unbestritten ein Debakel. Sie ist kein Ruhmesblatt für Regierende, für Experten und Expertinnen, egal ob auf Bundes- oder Länderebene, und egal welche großen Unternehmen – Bosch, Siemens und andere – daran beteiligt gewesen sind.

Fakt ist aber auch: Es handelt sich um das größte ostdeutsche Infrastrukturprojekt. Hier erwarte ich, dass wir alle aus gesamtstaatlichem Interesse dahinterstehen; Sören Bartol hat es schon gesagt. Ich bin dankbar dafür, dass viele Arbeitsplätze in der Region Berlin und Brandenburg unabhängig von der Couleur der jeweiligen Regierung gehalten worden sind. In diesem Zusammenhang könnte ich Ihnen differenzierte Zahlenangaben machen. Nur so viel: 60 Prozent des Auftragsvolumens von 2,1 Milliarden Euro sind an hiesige Unternehmen in der Region geflossen; von den 600 Ausschreibungen haben diese 430 Unternehmen aus der Region gewonnen.

Lassen Sie mich sagen: Ich danke Klaus Wowereit und ich danke Matthias Platzeck dafür, dass sie ihre Aufsichtsratsposten weiter wahrnehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

Denn es gehören Mut und Verantwortung dazu, zu dem zu stehen, was gesamtstaatliches Interesse ausmacht.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mut, das stimmt! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Nur weil ihr keinen anderen habt! Das ist doch das Problem!)

Fragen Sie sich von der FDP, der CDU und der CSU doch einmal, ob Sie Ihre Bundesregierung in ausreichender Form unterstützen, wenn Sie keine ausreichenden Mittel bewilligen

(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Was für ein Ablenkungsmanöver! Das ist doch peinlich!)

oder wenn Sie im Haushaltsausschuss keine Möglichkeit zur Befragung des Ministers Ramsauer bieten. Sie sind die Verhinderer des Flughafens, und nicht die Regierungen in Berlin und Brandenburg.

(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Ihr habt keinen anderen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

Herr Lindner, gut, dass Sie gerade so schreien; ich will auf ein Stichwort von Ihnen eingehen. Sie haben die Frage gestellt, inwieweit die öffentliche Hand ein geeigneter Bauherr ist.

(Oliver Luksic [FDP]: Pädagogisch ist die Rede noch schlechter als vom Inhalt her!)

Ich sage: Ja, sie ist es. Lassen Sie mich ein Beispiel herausgreifen; dann komme ich auf den Flughafen zurück. Die Avus wurde zehn Monate vor dem ursprünglich genannten Termin fertiggestellt, und zwar mit 20 Prozent weniger Kosten als geplant. Für uns als Bürgerinnen und Bürger ist im Zusammenhang mit dem Gerede, dass die öffentliche Hand kein Bauherr sein sollte, entscheidend: Der Flughafen Willy Brandt – und er wird stolz darauf sein –

(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

ist ein Beleg dafür, dass die öffentliche Hand Bauherr sein sollte. Ich nenne Ihnen die Gründe.

Erstens. Es gibt keine Public-private-Partnership – viele andere wollen das gerne –, keine versteckten Gelder, keine verdeckten Schulden. Es gibt einen transparenten Haushalt, auf den die Bürger und Bürgerinnen Zugriff haben.

(Oliver Luksic [FDP]: Alles super am Flughafen!)

Die Politiker nehmen ihre Verantwortung wahr. Hessen, München – kein Flughafen ist in der vorgesehenen Zeit fertiggeworden.

(Christoph Schnurr [FDP]: Das stimmt nicht!)

Ich will nicht mit dem Finger auf die zeigen, die dort die Verantwortung getragen haben.

Zweitens sind die Parlamente, egal ob in Brandenburg oder in Berlin, ihrer Verantwortung nachgekommen und haben die finanziellen Ressourcen zur Verfügung gestellt.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Der arme Willy Brandt!)

Berlin hat das Notifizierungsverfahren erfolgreich bestanden; das war eine große Herausforderung bei der Bewältigung der Finanzierung des Flughafens.

Ich komme schnell zum dritten Punkt; denn ich muss aufhören. Die Bürger und Bürgerinnen werden die Verantwortungsverschieberei, die hier vorgenommen worden ist, nicht verstehen.

(Oliver Luksic [FDP]: Nur bei Ihnen! – Weitere Zurufe von der FDP – Gegenruf des Abg. Sören Bartol [SPD]: Getroffene Hunde bellen!)

Sie werden nicht verstehen, wie Sie sich hier aus der Verantwortung herausstehlen.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Büttenrede! In Köln können Sie eine solche Rede in dieser Jahreszeit halten!)

Sie werden nicht verstehen, dass Sie plötzlich so tun – vorhin sind Namen genannt worden; ich will sie nicht wiederholen –, als hätten Sie in bestimmten Phasen keine Verantwortung getragen. Das heißt, dass Sie keine politische Verantwortung übernehmen wollen. Denn wer politische Verantwortung tragen will, der muss auch zu ihr stehen und den entsprechenden Mut aufbringen.

(Oliver Luksic [FDP]: Das war die schlimmste Rede, die jemals im Deutschen Bundestag gehalten wurde! Schämen Sie sich!)

Diesen Mut haben Klaus Wowereit und Matthias Platzeck, und dafür sage ich Danke.

(Beifall bei der SPD – Lachen und Beifall bei Abgeordneten der FDP)