Am 01. März 2013 tagte der Bundesrat, eigentlich nichts Ungewöhnliches. Neu ist, dass zum ersten Mal seit rund 14 Jahren SPD, Grüne und Linke wieder über eine eigene Mehrheit verfügen. Und die fortschrittliche Mehrheit wurde genutzt:
- Für einen flächendeckenden Mindestlohn.
- Für einen Gesetzentwurf, der das so genannte Ehegattensplitting auch für eingetragene Lebenspartnerschaften vorsieht. Damit wird sich nun der Bundestag beschäftigen.
- Nein zur Umsetzung des europäischen Fiskalpakts in deutsches Recht, was eine Weiterbehandlung im Vermittlungsausschuss bedeutet.
- Stopp des Gesetzes zur besseren Förderung der privaten Altersvorsorge.
Auch in Zukunft ist fortschrittliche Politik geplant: Am 22. März 2013 wird über eine Initiative zur Abschaffung des Betreuungsgelds entschieden. Für den 3. Mai 2013 ist ein Beschluss geplant, mit dem Banken, die beim Steuerbetrug helfen, der Lizenzentzug droht.
Politik entsprechend der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung
Seit der verlorenen Wahl in Niedersachsen hat sich die Lage für Schwarz-Gelb verschlechtert: 36 der 69 Stimmen werden nun von Bundesländern gestellt, in denen SPD, Grüne und die Linkspartei regieren. Damit kann Politik entsprechend der gesellschaftlichen Mehrheiten gestaltet werden. Mit dieser Gestaltungsmacht kann Rot-Grün-Rot Gesetzentwürfe beschließen, die dann vom Bundestag beraten werden müssen. Mit der neuen Mehrheit im Bundesrat kann bei strittigen Vorhaben der Bundesregierung der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Das führt auf jeden Fall zur Verlängerung von Verhandlungen - ggf. auch bis über die Bundestagswahl hinaus.
Die neue Mehrheit im Bundesrat wurde anhand wichtiger Entscheidungen deutlich:
- Die VertreterInnen der SPD- und Grün-geführten Landesregierungen stimmten dem Gesetzentwurf zur Einführung eines Mindestlohnes von 8,50 Euro zu. Auch die große Koalition des Saarlandes stimmte zu. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass eine aus Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Experten zusammengesetzte Kommission einen Mindestlohn aushandelt, der nicht unter 8,50 Euro pro Stunde liegen darf. Mit dem vom Bundesrat beschlossenen Gesetzentwurf muss sich demnächst der Bundestag befassen. Union und FDP haben bereits angekündigt, die Bundesrats-Initiative im Bundestag stoppen zu wollen. Malu Dreyer (SPD, rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin, sagte in der Debatte, es sei „überfällig, durch flächendeckende gesetzliche Mindestlöhne faire und sichere Arbeitsbedingungen für alle zu sichern“. Die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass ein Fünftel der Beschäftigten trotz Vollzeitarbeit eine so geringe Bezahlung erhalten, dass sie davon kaum leben können. Rund 2,5 Millionen Menschen verdienen weniger als sechs Euro pro Stunde, 1,4 Millionen weniger als fünf Euro pro Stunde.
- Die VertreterInnen der SPD- und Grün-geführten Landesregierungen beschlossen eine Gesetzesinitiative zur Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften im Steuerrecht.
- Die VertreterInnen der SPD- und Grün-geführten Landesregierungen riefen bei zwei von Schwarz-Gelb im Bundestag schon beschlossen Gesetze den Vermittlungsausschuss an. Dieser hat nun erneut über ein Gesetz im Rentenrecht („Wohn-Riester“) zu entscheiden. Ebenso über das im Januar im Bundestag beschlossene Gesetz zur Umsetzung des europäischen Fiskalpakts für mehr Haushaltsdisziplin in deutsches Recht, welches unter anderem die innerstaatliche Aufteilung etwaiger Sanktionszahlungen zur Sicherung der Haushaltsdisziplin regelt. Der Vermittlungsausschuss wurde einberufen, weil die Länder befürchten, dass das Fiskalpakt-Gesetz für sie mit zu hohen Belastungen verbunden ist. Sie verlangen vor allem, dass gemeinsame Bund-Länder-Anleihen eingeführt werden, damit auch sie von der Bonität des Bundes profitieren können, indem sie niedrigere Zinsen bei der Schuldenaufnahme bekommen. Im vergangenen Sommer hatte Schwarz-Gelb dafür Zustimmung signalisiert, hat diese dann aber doch nicht eingehalten. Nun muss nach einem Kompromiss gesucht werden. Bisher ist das Regelwerk für mehr Haushaltsdisziplin und Schuldenbremsen in 12 der 25 beteiligten EU-Staaten ratifiziert und damit formal in Kraft.
Ich bin gespannt, wie diese Themen im kommenden schwarz-gelben Koalitionsausschuss behandelt werden.