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Louise-Schroeder-Medaille an Jenny De la Torre

In einer Feierstunde im Festsaal des Abgeordnetenhauses von Berlin wurde am 30. April die Louise-Schroeder-Medaille 2013 an Jenny De la Torre, eine deutsch-peruanische Ärztin und Gründerin der “Jenny De la Torre Stiftung” für Obdachlose in Berlin, verliehen. Die Verleihung geschah durch den Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses Ralf Wieland. Die vorbereitende Auswahl für die Entscheidung des Präsidiums des Berliner Abgeordnetenhauses hat das Kuratorium „Louise-Schroeder-Medaille“ vorgenommen, dem ich seit Jahren angehöre.

Die Louise-Schroeder-Medaille ist eine der höchsten Auszeichnungen des Landes Berlin. Anwesend waren viele Stadtälteste, Medaillenträgerinnen vergangener Jahre, der Botschafter der Republik Peru in Deutschland Jose Antonio Meier, Mitglieder des Bundestages und des Abgeordnetenhauses, ehemalige Senatorinnen sowie zahlreiche KollegInnen und FreundInnen der Preisträgerin. Gezeigt wurde ein von Schülern produzierter Film über das Leben und Wirken Louise Schroeders. Musikalisch bereichert wurde die Feierstunde durch Viktor Maximov (Gitarrre), Franciso Hidalge (Kontrabass) und Andrej Lakisov (Saxophon).

Ralf Wieland, Präsident des Abgeordnetenhauseses von Berlin, würdigte in seiner Rede das Wirken von Louise Schroeder, verwies auf ihr demokratiestärkendes und sozialpolitisches Agieren in den Vor- und Nachkriegszeiten und zog Parallelen zwischen der ersten Oberbürgermeisterin Berlins und der Preisträgerin. Louise Schroeder bescheiden von sich selbst: „Wenn ich als Frau eine besondere Aufgabe erfüllen konnte, so war es die, die Menschen einander näher zu bringen, ihre Abneigung gegen die Diktatur zu stärken und ihnen zu helfen, soweit das möglich war ...“.
In ihrer Laudatio würdigte Frau Professorin Barbara John, Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin, Stadtälteste von Berlin und seit 2007 Trägerin der Louise-Schroeder-Medaille, die 1954 in Peru geborene Jenny de la Torre. Schon als Kind war sie mit Armut und sozialer Ungleichheit, mit unzureichender medizinischer Versorgung gerade der Ärmsten der Armen konfrontiert. Deshalb wollte sie Ärztin werden. Sie begann ihr Studium 1ß73 in Lima, kam dank eines Stipendiums 1974 nach Leipzig, schloss 1989 ihre Fachärztin für Kinderchirurgie an der Berliner Charité ab und promovierte dort 1990. Sie arbeitete in verschiedenen deutschen und österreichischen Krankenhäusern.

Die Louise-Schroeder-Medaille
Mit der Louise-Schroeder-Medaille ehrt das Land Berlin seit 1998 jedes Jahr eine Persönlichkeit oder eine Institution, die sich in besonderer Weise für Demokratie, Frieden, soziale Gerechtigkeit und die Gleichstellung von Frauen und Männern einsetzt, und die dem politischen und persönlichen Vermächtnis Louise Schroeders in herausragender Weise Rechnung trägt.
Die Sozialdemokratin Louise Schroeder (2. April 1887 bis 4. Juni 1957) war eine der bedeutendsten Nachkriegspolitikerinnen Berlins. Sie diente Berlin in verschiedenen Funktionen: Die profilierte Sozialpolitikerin trat auf Drängen von Otto Suhr (SPD) als Bürgermeisterin in den Berliner Magistrat ein.1947/48 war sie die erste Oberbürgermeisterin Berlins. Ihre Amtszeit fiel in die Zeit der sowjetischen Blockade der Stadt und den Beginn der Berliner Luftbrücke. Bis heute ist sie auch die einzige Frau an der politischen Spitze Berlins. Zuvor gehörte Louise Schroeder ab 1919 als eines der jüngsten Mitglieder und eine der wenigen Frauen der verfassunggebenden Weimarer Nationalversammlung an und zählte mit der Einführung des Frauenwahlrechts zu den ersten weiblichen Abgeordneten. Bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 blieb sie Reichstagsabgeordnete.
Unter anderem wurde die Medaille bislang verliehen an den „Südosteuropa Kultur e.V.“ (2000), das rbb-Hörfunkmagazin „Zeitpunkte“ (2004), die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Dr. Dr. h.c. Jutta Limbach (2005), die erste Ausländerbeauftragte Deutschlands Barbara John (2007), die Journalistin Inge Deutschkron (2008), die Galeristin Karoline Müller (2010) und die ehemalige Bürgermeisterin von Berlin und Senatorin für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen und Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Senatorin für Arbeit Dr. Christine Bergmann (2012).

Das Kuratorium „Louise-Schroeder-Medaille“ zur Begründung der Preisverleihung an Jenny De la Torre
„Die Ärztin und Gründerin eines Gesundheitszentrums für Obdachlose, Frau Dr. Jenny de la Torre, trägt dem politischen, sozialen und persönlichen Vermächtnis Louise Schroeders in besonderer Weise Rechnung. Durch ihr außergewöhnliches Engagement für wohnungslose Frauen und Männer in Berlin und weit darüber hinaus macht sie sich jeden Tag um Demokratie, Frieden, soziale Gerechtigkeit und die Gleichstellung von Frauen und Männern verdient und trägt dazu bei, dass die Schwächsten in unserer Gesellschaft nicht aus dem Blick geraten, sondern aktive Hilfe und eine Perspektive bekommen. (…)
Die Versorgung und Betreuung von Frauen und Männern mit vielfältigen Krankheiten, die mit dem Leben auf der Straße in direktem Zusammenhang stehen, waren und sind ihr Alltag. In dem von Frau Dr. de la Torre gegründeten und am 6. September 2006 eröffneten Gesundheitszentrum für Obdachlose in der Pflugstraße 12 in Berlin-Mitte bekommen wohnungslose Frauen und Männer eine Gesundheitsversorgung, die ihnen sonst verwehrt bliebe. Diese Versorgung ist niedrigschwellig und erfolgt ohne Ansehen der Person und der Umstände. Sie ist davon überzeugt, dass unsere Gesellschaft nur dann in Frieden leben und sich als Demokratie entfalten kann, wenn auch die Schwächsten ihre Würde behalten und ihnen geholfen wird, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Diese Überzeugung ist das leitende Motiv der Arbeit von Frau Dr. Jenny de la Torre und dies war auch Grundlage des sozialpolitischen Engagements Louise Schroeders.

Mit der ärztlichen Versorgung wohnungsloser Menschen leistet Frau Dr. Jenny de la Torre einen ganz wesentlichen Beitrag für soziale Gerechtigkeit in Berlin. Mit der von ihr im Dezember 2002 gegründeten Jenny de la Torre-Stiftung, deren Vorsitzende sie ist, ist es ihr gelungen, die Finanzierung des Gebäudes des Gesundheitszentrums zu sichern. Dort werden wohnungslose Frauen und Männer nicht nur ärztlich behandelt, sie erhalten auch Kleidung und Essen und können psychologische und juristische Beratung erhalten. Der Ausbau des Gesundheitszentrums mit Arztpraxis, Zahn- und Augenheilkunde, Waschräumen, Kleiderkammer und Suppenküche erfolgte mit Spenden. Das Gesundheitszentrum mit diesem Spektrum konkreter Hilfsangebote für wohnungslose Frauen und Männer ist bundesweit einzigartig. Frau Dr. de la Torre sagt über dieses Haus, dass es den wohnungslosen Menschen gehöre und verdeutlicht damit das Verständnis, das sie von ihrer Arbeit hat. Es ist ein Verständnis von sozialer Gerechtigkeit, das ganz im Sinne des Lebens und Wirkens Louise Schroeders ist. Soziale Gerechtigkeit nicht nur im Sinne von Fürsorge, sondern als stetige Arbeit daran, allen Menschen in unserer Gesellschaft die gleichen Chancen zu geben und sie zu unterstützen, sofern sie Hilfe benötigen. Die Stiftung von Frau Dr. de la Torre leistet hierzu einen ganz wesentlichen Beitrag. (…)
Jenny de la Torre gehört wie die Namensgeberin der Louise-Schroeder-Medaille zu jenen tatkräftigen und engagierten Frauen, ohne die die Stadt Berlin und unser Gemeinwesen sehr viel ärmer wären. In ihrem unermüdlichen Engagement steht sie in bester Nachfolge von Louise Schroeder und ist Vorbild für die jüngeren Generationen.“

Dankesworte von Jenny de la Torre
Auch in ihrer Dankesworten zeigt sich Jenny de la Torre persönlich bescheiden aber aufrüttelnd in ihren Darlegungen zu den Hilfebedarfen wohnungsloser Menschen. Ihre Worte verdeutlichen ihre Haltung: Man muss die Menschen annehmen, wie sie sind. Wohnungslose haben sich dieses Leben nicht ausgesucht, sie sind „sozial krank“. Ich teile ihre Meinung: "Eine Gesellschaft, die so reich ist, wie die deutsche, muss es sich einfach leisten, sich um die Ärmsten zu kümmern - alles andere ist beschämend." Dabei verweist sie auf die aktuelle Zunahme hilfebedürftiger RentnerInnen, die ehemals privat Versicherte gewesen sind. Politik und Krankenversicherungen haben hier Lösungen zu finden.

Spenden an die Jenny De la Torre-Stiftung
In dem europaweit einzigartigen, im September 2006 eröffneten Gesundheitszentrum in der Pflugstraße 12, Berlin-Mitte, sind mittlerweile 8 Hauptamtliche tätig. Außerdem bieten 22 MedizinerInnen ehrenamtlich ihre Hilfe an und behandeln wohnungslose Patienten in ihrem Spezialgebiet. Die Obdachlosenpraxis der Stiftung existiert ausschließlich von privaten Spenden, erhält nicht einem Euro staatlicher Hilfen.  

Das Spendenkonto:
Jenny De la Torre-Stiftung, Berliner Sparkasse, KTO 6600003764, BLZ 10050000
IBAN (für internationale Überweisungen): DE25 1005 0000 6600 0037 64, BIC/SWIFT Code: BE LA DE BE
Spenden an die Jenny De la Torre-Stiftung sind steuerlich absetzbar. Bitte geben Sie Ihre Anschrift im Feld "Verwendungszweck" an, damit Ihnen eine Spendenbescheinigung zugesandt werden kann.

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