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Besuch beim Rotkreuz Institut Berufsbildungswerk in Kladow

„Wir wollen einfach von der Gesellschaft akzeptiert werden - so wie wir sind. Vorurteile bei Arbeitgebern müssen abgebaut werden. Wir können was“, so die Botschaft der Auszubildenden im Rotkreuz-Institut Berufsbildungswerk im DRK Berlin gGmbH (RKI BBW). Gerne bin ich der Einladung von Herrn Andreas Kather, seit Januar Geschäftsführer der RKI BBW gGmbH, einer Einrichtung der beruflichen Rehabilitation in Berlin-Kladow, am 08. Mai gefolgt. Hier erhalten junge Erwachsene mit psychischen Behinderungen eine berufliche Erstausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen.

Inklusion ist die Herausforderung
Nach einer ausführlichen Führung durch verschiedene Ausbildungsbereiche und durch einen der mehreren Wohnungstrakte auf dem Gelände, wurde in großer Runde gemeinsam diskutiert: mehrere Auszubildende,  AusbilderInnen bzw. SozialpädagogInnen, der Geschäftsführer und ich. Bei allen möchte ich mich herzlich bedanken, insbesondere bei den jungen Erwachsenen, die in dieser Runde auch von ihren Erkrankungen sprachen und warum es in ihrem Lebenslauf notwendig gewesen sei, in einem, in diesem Berufsbildungswerk eine Ausbildung zu machen.

„Inklusion“ lautet das Leitthema der Diskussionsrunde. „Inklusion“ wurde unter verschiedenen, insbesondere den drei folgenden Fragestellungen diskutiert:

  1. Welche „zusätzlichen Schutzräume“ brauchen diese Jugendlichen mit psychischen Beeinträchtigungen, um sich eine berufliche Perspektive aufzubauen?
  2. Unter welchem Druck stehen die Berufsbildungswerke und ihre Beschäftigten angesichts der vielfach erhobenen Forderung nach Auflösung dieser Sozial- bzw. Spezialeinrichtungen?
  3. Welche Brücken werden geschlagen zwischen dem RKI als Reha-Einrichtung und dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt mit seinen Unternehmen und Betrieben?

Vorurteile abbauen: gemeinsame Ausbildungen und gemeinsames Arbeiten gewünscht
Insbesondere für die jungen Erwachsenen ist der Abbau von Vorurteilen von immenser Bedeutung. Die dazu notwendige Aufklärung bei Arbeitgebern und in der Gesellschaft ist unerlässlich, damit diese sich endlich für Menschen mit Handicaps öffnen und ihnen ein Arbeitsleben entsprechend ihrer erlernten Fachberufe aber besonderen persönlichen Umstände ermöglichen. Etliche der jungen Erwachsenen berichteten zwar vom Mobbing oder Überlastung in der Schule, in der Regel aber von verständnisvollen AnleiterInnen in den verschiedenen Betrieben während der Ausbildungszeit.  Sie alle wollen ein betriebliches Umfeld mit Menschen mit und ohne Handicaps. Betriebe, insbesondere klein- und mittelständische Betriebe müssten unterstützt werden, wenn sie Menschen mit Handicaps einstellen. Leider haben noch zu viele Personalverantwortlichen eigene „Behinderungen im Kopf“. „Nur mit dem RKI BBW haben wir es geschafft“, berichten einige Auszubildende, die vorher in  Wirtschaftsunternehmen nicht erfolgreich sein konnten oder sehr lange nur im geschützten Bereich einer Tagesstätte waren.

Für die Jugendlichen ist es durchaus vorstellbar, dass bereits die Ausbildung in den Bildungswerken zusammen stattfinden könne, also Menschen mit und Menschen ohne Handicap gemeinsam ihre Ausbildung absolvieren. Die „Gesunden“ könnten den „Kranken“ als Orientierung dienen und zugleich könnten die „Kranken“ den „Gesunden“ zeigen, dass sie auch eine Menge können und so zum Abbau von Vorurteilen selber beitragen.

Inklusion wird von allen befürwortet. Nichtsdestotrotz gibt es eine spürbare Zurückhaltung, da im Zuge der Inklusionsdebatte pauschal alle „Spezialeinrichtungen“  in Frage gestellt würden. Berufsbildungswerke würden die Jugendlichen während einer begrenzten Phase auf dem Weg in den Beruf begleiten. „Wir schaffen es auch, Jugendliche tatsächlich in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.“

Wie sieht die Zukunft von Berufsbildungswerken aus?
Es findet eine Diskussion zur künftigen Existenz und Ausgestaltung von Berufsbildungswerken statt: Als zunehmend größer werdendes Problem wird die Ausschreibungspraxis  von Maßnahmen mit Preisbindung beschrieben. Diese geht auch nicht spurenlos an den Beschäftigten des Berufsbildungswerkes vorbei. Obgleich alle die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen fördern wollen, mangelt es an Kooperation bei den Ausschreibungen: Die Bundesanstalt für Arbeit müsse den Berufsbildungswerken stärker als Hauptkooperationspartner dienen. 

Öffnung des Berufsbildungswerk
Angesichts der verbesserten Situation auf dem Arbeitsmarkt und des demographischen Wandels kommen auf die Berufsbildungswerke neue Herausforderungen zu. Um Brücken zwischen RKI BBW und Betrieben zu schlagen und Kenntnisse zu vermitteln, „laden wir die AusbilderInnen aus Betrieben zu Fortbildungen über die spezifischen Erkrankungen in das RKI BBW ein“, so Kather.

Eine Möglichkeit ist VAmB: Der Weg der Verzahnten Ausbildung (VAmB) ist weiter zu beschreiten. VAmB ist eine wichtige Brücke zu den Betrieben. Auch das RKI BBW  bietet seinen TeilnehmerInnen die Möglichkeit an, Ausbildungsinhalte im Betrieb vermittelt zu bekommen. Das Modell der „verzahnten betrieblichen Ausbildung mit Berufsbildungswerken“ (VAmB) wird von mir, vor allem aber von den Jugendlichen sehr begrüßt. Bereits 12,5% der RKI-Auszubildenden sind in VAmB. Gesucht werden weitere kooperationsbereite Betriebe für die Praktika. Unternehmen können durch die Teilnahme an VAmB auch gut von den Potenzialen von Menschen mit Behinderung überzeugt werden.

Informationen zum Rotkreuz-Institut Berufsbildungswerk im DRK Berlin gGmbH (RKI BBW)
Als Tochtergesellschaft des Berliner Roten Kreuzes e.V. ist das rki bbw eine Einrichtung der beruflichen Rehabilitation. Hier erhalten junge Erwachsene mit psychischen Behinderungen eine berufliche Erstausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen. Maßgeblich sind die Grundsätze und das Leitbild des Deutschen Roten Kreuzes. Die sieben Rotkreuz-Grundsätze sind: Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit, Universalität.

Aufgenommen werden junge Menschen bis zu einem Alter von ca. 30 Jahren, mit psychischen Behinderungen und mit Mehrfachbehinderungen in Verbindung mit vorwiegend psychischer Beeinträchtigung. Die Berufsausbildung erfolgt in anerkannten Ausbildungsberufen mit Abschlussprüfungen vor den zuständigen Stellen der Industrie- und Handelskammer zu Berlin, der Handwerkskammer Berlin bzw. der Senatsverwaltung für Berufliche Bildung.

Im RKI BBW können Berufe in fünf verschiedenen Berufsfeldern (Wirtschaft/Verwaltung, Metalltechnik, Farbtechnik/Raumgestaltung, Ernährung/Hauswirtschaft, Agrarwirtschaft) erlernt werden. Die jungen Menschen erhalten durch AusbilderInnen, LehrerInnen, SozialpädagogInnen, ErzieherInnen und PsychologInnen zusätzliche individuelle Hilfen zur Weiterentwicklung ihrer beruflichen und persönlichen Ziele.