Hauptmenü

Wohnzimmer-Gespräch im Bayerischen Viertel

Dieses Mal führte mich die Einladung zum Wohnzimmer-Gespräch ins Bayerische Viertel. Die beiden Gastgeber, die Journalisten Hans-Peter Föhrding und Dr. Heinz Verführt, wohnen in einem Altberliner Haus in der Landshuter Straße. Bisher kannte ich das Haus nur von den Stadtführungen von Gudrun Blankenburg. Denn das Interieur des Hauses ist noch original erhalten aus der Zeit von Salomon Haberland, dem Erbauer des Bayerischen Viertels. Ich danke daher auch sehr für die spannende Wohnungsführung zu Beginn. Die beiden Journalisten hatten rund 15 FreundInnen, NachbarInnen und Bekannte eingeladen und es begann ein kurzweiliges und sehr facettenreiches Gespräch.

Solidarische Bürgerversicherung

Die erste Frage ging dahin, was es mit der solidarischen Bürgerversicherung der SPD auf sich hat. Ich machte deutlich, dass die solidarische Bürgerversicherung mehr ist als „nur“ ein Finanzierungsinstrument. Sie ist auch ein Angebot zur Verbesserung der Qualität im Gesundheitswesen und in der Pflege.

Die SPD will die Bürgerversicherung als Krankenvoll- und Pflegeversicherung für alle Bürgerinnen und Bürger einführen. So stärken wir die Solidarität zwischen den hohen und den niedrigen Einkommen, zwischen gesetzlichen und privaten Kranken- bzw. Pflegeversicherungen. Gesundheit darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Deshalb wollen wir die tatsächliche paritätische Finanzierung wieder einführen. Wir lehnen einkommensunabhängige Kopfpauschalen ab. Privatversicherte können nach Einführung noch ein Jahr entscheiden, ob sie in die Bürgerversicherung wollen. Viele werden dieses Angebot annehmen, da das System der Privaten Krankenversicherung aufgrund seiner teils immensen Beitragssteigerungen an die Grenzen der Bezahlbarkeit stößt. Außerdem werden zusätzliche Steuermittel für soziale Gerechtigkeit sorgen. Es wird keine „Einheitskasse“ eingeführt, wie politische Gegner derzeit fälschlicherweise propagieren. Für gesetzlich und privat Versicherte wird ein einheitlicher Wettbewerbsrahmen eingeführt, der den einzelnen Kassen ausreichende Entscheidungsräume bietet. Wir wollen, dass in den Arztpraxen nach Krankheit und nicht nach gesetzlicher oder privater Krankenversicherungskarte entschieden wird, ob etwas dringend oder nicht dringend ist. Hierzu habe ich ausdrückliche die Unterstützung eines als Hausarzt tätigen Mediziners erhalten, der sich ebenfalls um die augenblickliche soziale Ungleichheit im Gesundheitswesen sorgte.

Wir SozialdemokratInnen stehen für ein solidarisches Gesundheitswesen, in dem alle die bestmögliche medizinische, pflegerische und rehabilitative Versorgung bekommen. Die Pflege- und Gesundheitsberufe haben mehr Anerkennung und Aufwertung verdient. Wer für „Gute Arbeit“ Fachkräfte in der Pflege haben will, muss sie besser bezahlen, muss die Arbeitsbedingungen verbessern. Das gilt für den Krankenhaussektor, in stationären Einrichtungen ebenso wie im ambulanten Bereich. Mit der erneuten Einführung eines Personalmindeststandards und der Unterstützung bei der Durchsetzung eines allgemein verbindlichen Branchentarif „Soziale Arbeit“ wollen wir das sicherstellen. Wer für gute Arbeit für die Beschäftigten sorgt, sorgt auch für die Verbesserung des PatientInnenwohls. Wir brauchen eine Reform der Ausbildung. Vor allem brauchen wir aber mehr Qualität in der Pflege - im Interesse von Pflegebedürftigen und Angehörigen, von PatientInnen und Beschäftigten.

Das Mitmischen ist das Spannende
Aber natürlich drückte den Gästen auch bei anderen Themen der Schuh. Wie geht es weiter mit dem Flughafen BBI? Was wird mit der Eastside Gallery? Wie werden unsere Schulen besser? Was geschieht mit der Charité als universitäre Maximalversorgungsinstitution? Um nur einige Stichworte zu nennen. Die Gelegenheit einer Bundestagsabgeordneten auf den Zahn zu fühlen, haben die Anwesenden hinsichtlich einer breiten Spannbreite an politischen Themen genutzt. Das ist ja das Spannende an den Wohnzimmer-Gesprächen: Die Menschen können direkt mit mir diskutieren, laufend die Themen bestimmen, können den Abend selbst gestalten. Sie sind nicht wie bei den Politik-Talkshows im Fernsehen zum Zuhören verpflichtet.

Besonders bewegt hat mich, dass Lola Waks, die den Holocaust im Ghetto von Lodz überlebt hat, an diesem Wohnzimmer-Gespräch Abend teilgenommen hat. Sie wohnt heute im Bayerischen Viertel.

Letztlich ist dieses Wohnzimmer-Gespräch sogar eine Art politischer Salon geworden. Und was kann es für ein besseres Lob an die Gastgeber geben, wenn die Gäste fragen, wann das nächste Gespräch stattfindet, weil es ihnen so gut gefallen hat! Von mir ein großes Dankeschön für einen spannenden Abend in einer tollen Atmosphäre!