Die derzeitige „Minutenpflege“ wird den Lebenssituationen vieler Pflegebedürftiger nicht gerecht. Mit einem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff sollen vor allem die Situationen von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz in ihren Hilfebedarfen besser erfasst werden. Demenzerkrankte und Menschen mit anderen geistigen Beeinträchtigungen sollen entsprechend ausreichende Hilfen erhalten. Bislang ist Hilfe bei der Pflege überwiegend auf Menschen mit körperlichen Schwierigkeiten ausgerichtet.
Es besteht dringender Änderungsbedarf. Das ist unbestrittene Meinung unter ExpertInnen, PolitikerInnen und vor allem unter Pflegebedürftigen und deren Angehörigen. Aus diesem Grund hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt einen Beirat zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs einberufen, der seinen „Bericht des Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs“ im Januar 2009 vorgelegt hat. Die Hauptaussage lautete, dass die Pflegestufen durch Pflegegrade ersetzt werden, die nach der Selbstständigkeit eines Patienten, einer Patientin ermessen werden. Der Grad der Selbstständigkeit soll für die Begutachtung entscheidend sein. Wichtige Kernfragen konnten von Ulla Schmidt wegen der Bundestagswahl 2009 allerdings nicht mehr angegangen werden. Die neugewählte CDU/CSU und FDP-geführte Bundesregierung hat die Neuentwicklung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes in ihren schwarz-gelben Koalitionsvertrag vom Oktober 2009 aufgegriffen. Aber erst seit Herbst 2012 arbeitet der von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) neu eingesetzte Pflegebeirat an der umfassenden Reform des Pflegebegriffes weiter.
Ein Desaster ist es vor allem für Demenzerkrankte und ihre Angehörigen, wenn - worauf durchgesickerte Informationen schließen lassen - der aktuelle Entwurf des "Berichts des Expertenbeirats zur konkreten Ausgestaltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs", der am 24. Juni 2013 der Bundesregierung übergeben werden soll, keine konkreten Angaben zu den Kosten einer Pflegereform enthalten. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, bringt es auf den Punkt: „Eine Expertenkommission, die sich davor drückt, die Frage zu beantworten, was ein pflegebedürftiger Mensch konkret braucht und was eine entsprechende Unterstützung kosten würde, ist überflüssig. Es wäre ein Skandal, wenn der Pflegebeirat aus falscher Rücksicht auf Regierung und Arbeitgeber weder Kosten beziffern, noch Notstände aufzeigen würde.“
Pflegebedürftige und ihre Angehörigen haben von schwarz-gelber Politik bis dato überhaupt nicht profitiert. Das noch von Bundesgesundheitsminister Rösler 2011 ausgerufene „Jahr der Pflege“ war bereits ein riesengroßer Flop. Eine Schande ist es, Demenzkranke weiterhin zu vertrösten. Ohne die Empfehlungen zu konkreten Finanzierungsszenarien, wird die derzeitige Ungleichbehandlung von geistigen gegenüber körperlichen Einschränkungen im Leistungsrecht nicht abgeschafft. Ohne konkrete Finanzierungsszenarien, können Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz vorerst nicht mit höheren Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung rechnen.
Ich kann nur sagen: Schwarz-Gelb abwählen!