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PolitikerInnen in der Schule: Junge Leute sind nicht POLITIKverdrossen

Politikverdrossene Jugend? Fehlanzeige! Wahlmüdigkeit? Nicht spürbar! Viel wird darüber geredet und geschrieben, wie politik- bzw. parteienverdrossen und desinteressiert die heutige Jugend doch wäre. Diesen Eindruck habe ich nach meinen bisherigen drei Schulpodiumsdiskussionen zur Bundestagswahl keinesfalls! Ich halte mich eher an die Ergebnisse der 16. Shell Jugendstudie: Danach ist die heutige junge Generation in Deutschland zuversichtlich und pragmatisch - trotz Wirtschaftskrise und unsicher gewordenen Berufsverläufen und Perspektiven - und zudem durch eine starke Leistungsorientierung und einen ausgeprägten Sinn für soziale Beziehungen geprägt.

Mich freut sehr: Jede der Podiumsdiskussionen ist von den Schülerinnen und Schülern sehr gut vorbereitet gewesen, jede gut moderiert. Ich gebe zu: Es ist schwer, die Dompteuse bzw. der Dompteur für BundestagskandidatInnen zu sein. Daher mein Respekt und Dank an die SchülerInnen, die diese Aufgabe übernommen haben! Herzlichen Dank auch an die vielen Schülerinnen und Schüler, die mit lebhaften Fragen an „die Politik“ bzw. an einzelne von den KandidatInnen nicht gespart haben. Hier zeigt sich, die SPD-Grundhaltung ist richtig: Wer eine lebendige und verantwortungsvolle Teilhabe „auf Augenhöhe“ will, muss Partizipation, muss beteiligungsorientierte Strukturen anbieten. Dafür mein Dank auch an die Lehrerinnen und Lehrer.

Gustav-Heinemann-Oberschule, Marienfelde
Am 19. August 2013 fand eine Podiumsdiskussion in der Gustav-Heinemann-Oberschule, einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe in Berlin-Marienfelde, statt. Die angesagten Themen waren unter anderem: Die deutsche Außenpolitik (Wie gefährlich ist der Alltag des Bundeswehrsoldaten?) und die NSA-Affäre (Wie sicher sind unsere Daten?).

Ich wurde z.B. gefragt, wie ich die Rekrutierung von Nachwuchs an den Schulen und auch Auslandseinsätze der Bundeswehr einschätze. Klar für mich ist: Nach der überhasteten Abschaffung der Wehrpflicht durch Herrn zu Guttenberg haben wir eine Freiwilligenarmee.
Nachwuchs dadurch gewinnen zu wollen, dass in Spots überwiegend Freizeiteinsätze gezeigt werden, wird meinerseits abgelehnt. Es entspricht nicht dem Berufsbild „SoldatIn“. Die Bundeswehr wird zunehmend für Einsätze im Ausland, wie Ausbildermissionen, logistische Unterstützung, oder Einsätze für kleinere (Spezial)Kampfeinheiten eingesetzt. Augenblicklich befinden sich ca. 6200 SoldatInnen im Rahmen von UNO bzw. NATO-Mandaten in Auslandseinsätzen, in Blauhelm- aber auch in Kampfeinsätzen. Diese sind mit Risiken für Leib und Leben für die SoldatInnen verbunden. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee - und das ist gut so! Sicherheits-und Verteidigungspolitik darf nicht vor der Diplomatie und Kooperation zwischen Staaten stehen. Die Sicherung des eigenen Wohlstandsniveaus ist keine Aufgabe der Bundeswehr - wie vom anwesenden FDPler vertreten - und rechtfertigt keine Auslandseinsätze. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Entwicklungszusammenarbeit stehen klar vor den Bundeswehreinsätzen.

Das zweite große Thema war die NSA Affäre und deren Aufklärung. Auch hier beziehe ich klar Position: Das lange Desinteresse von Schwarz-Gelb angesichts des Abgreifens von Daten durch amerikanische und englische Geheimdienste in ganz großem Stil ist skandalös. Verletzt werden persönliche Grundrechte. Kooperationen zwischen Geheimdiensten zur Abwehr von Terroranschlägen sind in engen, vom Parlament gesetzten Grenzen, möglich. Sehr problematisch ist die Weitergabe von Mobilfunknummern von Terrorverdächtigen im Ausland durch den BND, da diese möglicherweise zur Lokalisation und letztendlich gezielten Tötungen durch die Amerikaner beigetragen haben sollen. Auch wenn die Bundesregierung dies bestreitet: Es muss parlamentarisch und gesellschaftlich über die Abwägung von Bündnisverpflichtungen und Menschenrechte und Ethik debattiert werden. Unsere Daten- und Verbraucherschutzrechte müssen auch europäisch gestärkt werden. Die jetzige Regierung klärt nicht auf, sie wollen die Wahrheit einfach nicht hören. Sonst hätten sie Frank-Walter Steinmeier im Untersuchungsausschuss angehört.

Rückert-Gymnasium, Schöneberg
Am 20. August fand im Rückert-Gymnasium in Schöneberg eine weitere Podiumsdiskussion mit SchülerInnen der Oberstufe statt. Hier ging es vor allem um Europa-und Bildungspolitik. Die SPD als Europapartei will die demokratischen Strukturen Europas, will das Europaparlament stärken. Unser Ziel ist ein soziales Europa mit starken ArbeitnehmerInnenrechten und gemeinsamen sozialen, wirtschaftlichen und steuerrechtlichen Mindeststandards. Mit dem Dumping bei Löhnen und Steuern muss Schluss sein. Europa ist ein Projekt des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit. Ich will ein soziales Europa: In anderen Ländern gibt es einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn - den will ich auch für Deutschland!
In der Bildung muss für jeden und jede die gleiche Chance gelten. Von der Kita bis zum Studium soll alles kostenfrei sein. Nur so kann jede/r die optimale Förderung sich erhalten. Dafür muss auch viel Geld in die Bildung und Wissenschaft investiert werden. Ab 2014 will die SPD schrittweise jährlich 20 Mrd.€ mehr für Bildung investieren. Dieses Geld ist nötig u.a. für die Verbesserung des Bafögs, für hochqualifiziertes Personal, für den Ausbau und die Verbesserung von Gebäuden und Einrichtungen, für bessere Schulausstattungen, für den Ausbau der frühkindlichen Bildung in Kitas und für eine bessere Bezahlung von Bildungs- und Betreuungsfachkräften.

Askanisches Gymnasium, Tempelhof

Am nächsten Tag ging es im Askanischen Gymnasium gleich weiter. Die Schülerinnen und Schüler interessierten sich für vieles, u.a. den Datenschutz und die NSA-Affäre, für mehr Beteiligungsrechte durch Volksentscheide und für die Mietenpolitik. Auch junge BürgerInnen wollen nach ihrem Schulabschluss in ihre erste Wohnung ziehen, können sich dies aber aufgrund der hohen Miet- und Mietnebenkosten einfach nicht leisten. Ich sage hier ganz klar: Das noch im Dezember 2012 von Schwarz-Gelb verabschiedete und ab Mai 2013 geltende Mietrechtsänderungsgesetz ist ein Mietrechtsverschlechterungsgesetz! Wir werden es abschaffen! Die SPD und ich treten für ein starkes „Aktionsprogramm für eine solidarische Stadt und für bezahlbares Wohnen“ ein. Wir wollen eine Mietpreisbremse, wollen den Anstieg der Mieten bei bestehenden Mietverträgen stärker begrenzen, wollen für mehr energetische Sanierung sorgen, die aber nicht einseitig den Mietern aufzubürden ist, wollen den Wohnungsbau und den Neubau von Studentenwohnheimen fördern, wollen genossenschaftliche und kommunale Wohnungsunternehmen stärken, den Heizkostenzuschuss beim Wohngeld wieder einführen. Bei Maklergebühren gilt: Wer bestellt, bezahlt!

Oberstufenzentrum für Konstruktionsbautechnik, Kreuzberg
In den Oberstufenzentren lernen SchülerInnen aus allen Berliner Bezirken. In der von mir am 22. August besuchten Klasse waren drei Schüler aus Tempelhof-Schöneberg. Ein bunter Strauß politischer Themenfelder wurde diskutiert: unter anderem die sozialdemokratischen Verbesserungen in der Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitspolitik, Verbesserungen des BAföG, Drogenpolitik - genauer meine Haltung zur Freigabe von Cannabis: ich lehne dieses ab-, Mietpolitik, die Energiewende. Auch hier war die Diskussion lebendig und rege.

Mir haben alle Diskussionen in den Schulen sehr viel Freude bereitet. Es waren lebhafte und gut durchdachte Fragen und Debattenbeiträge, die mir klar gezeigt haben: Die Jugend - das sind politikinteressierte und engagierte BürgerInnen, die alles andere als POLITIKverdrossen sind! Beteiligen wir sie. Machen wir mehr beteiligungsorientierte Projekte!