Mechthild Rawert

Fester Bestandteil der Stadtkultur rund um den Nollendorfplatz in Schöneberg sind die Projekte des Trägervereins Mann-O-Meter: das gleichnamige Beratungs- und Informationszentrum für schwule und bisexuelle Männer und Jugendliche und das Anti-Gewalt-Projekt Maneo in der Bülowstraße 106. Der Verein bietet ein umfangreiches, zumeist niedrigschwelliges Angebot für unterschiedlichste Bedürfnisse und verschiedene (Selbsthilfe-) Gruppen an. Er beschäftigt vier Mitarbeiter und über 70 Mitglieder sind hier ehrenamtlich tätig.

Im Rahmen unserer SPD-Sommertour „gesund-sozial-queer“ haben wir - die Mitglieder der SPD-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg Hermann Zeller, Sprecher für Sozialpolitik, Marijke Höppner, Sprecherin für Frauenpolitik und ich - die nebeneinanderliegenden Projekte am 22. August 2013 besucht. Wir wollen grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit für Gesundheits-, Sozial- und Queerprojekte, die vielfach die Garanten für eine selbstbestimmte und selbständige Lebensführung, für Teilhabe und Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern sind. Ihnen gebührt eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung.

Emanzipation als Prävention

Allen Projekten liegt folgendes Anliegen zu Grunde: Gefördert werden soll die schwule Emanzipation und das schwule Selbstbewusstsein - denn nur selbstbewusste schwule Männer, die mit ihrem Lebensstil angstfrei und problemlos umgehen, die sich aus Furcht vor Vorurteilen oder schwulenfeindlichen Reaktionen nicht verstecken (müssen), sind in der Lage, verantwortungsbewusst mit sich, ihrer Sexualität und damit auch ihren Partnern umzugehen.

Angebote sind beispielsweise der tägliche Cafébetrieb als Anlauf- und Informationsstelle. Hier stehen täglich zwei ehrenamtliche Berater für persönliche oder telefonische Beratungen zur Verfügung. Bei Bedarf werden auch Gesprächstermine mit den zwei hauptamtlichen Psychologen vermittelt. Der Gruppenraum kann kostenfrei von Dritten, z.B. Selbsthilfegruppen wie die der schwulen Väter, der anonymen Alkoholiker aber auch von Schachspielern oder den schwulen Eisenbahnfreunden, genutzt werden. Ein anderes Angebot sind die schwulen Jugendgruppen “Romeo & Julius” für 14- bis 19-Jährige bzw. Romeo & Julius 20 plus.

Auch Schwule kommen in die Jahre

Das Thema „Alter“ wird in der gesamten Gesellschaft zunehmend gewichtiger, so auch in der Schwulen-Community. In die Coming Out-Beratung kommen zunehmend auch die älteren Männer. Die damit zusammenhängenden Herausforderungen für das Selbstbild vieler, für neue Coming-Out-Formen, für eigenständige Infrastrukturangebote werden wir in der kommenden Legislaturperiode einmal intensiver diskutieren - so die Verabredung. Freude herrschte vor kurzem, als ein älterer Herr gemeinsam mit seiner Tochter und dem sich im Coming Out-Prozess steckenden Enkel die Einrichtung besuchte. Dieses Beispiel generationenübergreifender familialer Unterstützung sei vorbildhaft.

Beratung erhalten alle beim HIV-Schnelltest

Gesundheitsvorsorge ist ein weiteren Schwerpunkt von Mann-O-Meter: Hier findet ein umfassendes Angebot an Beratung und Information zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen, direkte Aids-Aufklärung und -Prävention statt. An zwei Tagen der Woche besteht die Möglichkeit eines anonymen HIV- und Syphilis-Schnelltestes. Die Schnelltests werden für 15 Euro angeboten, eine Nachricht gibt es noch am gleichen Tage. Beratung erhalten alle Menschen, die einen Test machen lassen. Niemand wird sich selbst überlassen mit der guten oder schlechten Botschaft.

Schwulen Straftätern helfen: „Es bringt was!“

Ein besonderes Projekt ist die angeleitete ehrenamtliche Arbeit im Gefängnis. Hier werden schwule Straftäter betreut und ihnen damit der Weg zurück in die Gesellschaft geebnet. Ein Ehrenamtlicher betreut einen Gefangenen und hilft ihm bei Problemen im Knast oder mit dem Leben draußen. So entstehen Bindungen, die häufig dazu führen, dass die sogenannten Freigänger (Männer im offenen Strafvollzug) die Beratungs- und Selbsthilfeangebote von Mann-O-Meter nutzen und sich besser gesellschaftlich integrieren. „Es bringt was“, sagt dazu einer unserer Gesprächspartner.

Maneo - Schwules Überfalltelefon & Opferhilfe

Maneo wurde 1990 als bundesweit erstes Anti-Gewalt-Projekt ins Leben gerufen und bietet neben der Dokumentation der Gewaltfälle eine umfassende Opferbetreuung. Maneo bietet Hilfe und Beratung für schwule und bisexuelle Jugendliche und erwachsene Männer in Berlin an, die Opfer von Gewalt wurden. Erfasst werden die homophoben Übergriffe und Gewalttagen, initiiert werden u. a. Anti-Gewalt-Trainings in Zusammenarbeit mit der Berliner Polizei. Regelmäßig klärt Maneo in Vor-Ort-Aktionen an Szenetreffpunkten über die Risiken vor Überfällen und Gewalt auf und ermutigt potenziell Betroffene, entsprechende Fälle zur Anzeige zu bringen.