Zum Lebensschatz älterer Menschen gehören eben nicht nur die berufliche Lebenserfahrung sondern auch die Erinnerung an einzelne Ereignisse wie der Tanz mit Klaus Wowereit, damals noch Volksbildungsstadtrat in Tempelhof. Dieses und noch viel mehr erfuhr ich auf der Sommertour „gesund-sozial-queer“ bei Kaffee und Keksen. Im Werkhaus Antirost treffen sich Männer und Frauen, die sich nicht zum alten Eisen zählen. Ganz im Gegenteil: Hier treffen sich Menschen, die neugierig sind und fit bleiben wollen, die nach ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben den Mut haben, Neues zu erproben, Wünsche und Träume zu verwirklichen und neue Kontakte zu knüpfen.
„Früher lernten die Mädels von mir, jetzt lerne ich von Ihnen“
Das Werkhaus Antirost ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Werkhaus. Hier gibt es eine Metall- und Holzwerkstatt, befindet sich eine Schneiderei, wird Acrylmalerei und Tiffany-Glasschmuck hergestellt. Helga Mond, Schneiderin, ist hier in ihrem Element: Sie unterrichtet in einem eigens für die Schneiderei reserviertem Raum immer wieder Schülerinnen und Schüler der Eckner-Oberschule und hilft ihnen bei ihren Abschlussarbeiten in Modedesign. Hier entstehen einzigartige individuelle selbstgeschneiderte Modelle. Eine der Schülerinnen, die hier früher Unterstützung suchte, ist nun Studentin für Modedesign. Sie kommt weiterhin und lehrt nun ihrerseits, wie frau Hüte macht.
Handwerkerdienst für schmale Geldbeutel
Die Senioren haben den Handwerkerdienst, ein sozialer Dienst für Ältere, Pflegebedürftige oder sozial Schwache auf die Beine gestellt. Gegen ein geringfügiges Entgelt werden Wohnungen renoviert und kleinere Reparaturen ausgeführt. Immer werden neue Mitstreiter aus allen Gewerken gesucht: Maler, Tischler, Fliesen- und Bodenleger, Elektriker etc. Unsere Handwerkertruppe übernimmt Kleinaufträge von Älteren, Pflegebedürftigen oder sozial Schwachen nur nach Absprache.
"Jung und alt für eine Welt"
Mehrere Seniorinnen und Senioren riefen 2004 das Projekt "Jung und alt für eine Welt" ins Leben. Ziel ist es in Sierra Leone Ausbildungs- und Arbeitsplätze für handwerkliche Berufe, zum Beispiel Schlosser und Schneiderinnen, zu schaffen. Zu diesem Zweck wurden unter anderem eine mobile Schlosserwerkstatt im Container eingerichtet und Nähmaschinen gespendet.
Wir haben gesehen: Es lohnt sich, die gesellschaftliche Ressource „Erfahrungswissen“ zu erhalten. Ältere Menschen werden nicht nur gebraucht, sondern sie möchten sich mit dem ganzen Schatz ihrer kulturellen und beruflichen Lebenserfahrung weiterhin einbringen, wollen ihre Erfahrungen für die Jüngeren nutzbar machen.
Das Werkhaus Anti-Rost
Das Werkhaus Anti-Rost ist ein seit 1987 existierender gemeinnütziger Verein, in dem jede/r Interessierte Mitglied werden kann. Im Werkhaus Antirost in der Rathausstraße 28 in Mariendorf können Bürgerinnen und Bürger im fortgeschrittenen Lebensalter selbstbestimmt kreative Tätigkeiten ausüben und in einer - oder auch mehreren - der zahlreichen Gruppen und Arbeitsbereiche tätig werden. Steht für die einen der aktive Übergang von der Berufstätigkeit in den Ruhestand im Vordergrund, nutzen andere das Werkhaus, um neue Fertigkeiten zu erlernen oder um sich lang gehegte Wünsche zu erfüllen. Dafür stehen diverse Gewerke wie z.B. Tischlerei, Schneiderei und Fotowerkstatt sowie ein Handwerkerdienst zur Verfügung. Auch werden Malerei und Bastelangebote angeboten. Die Gruppen werden von einigen der Senioren/innen angeleitet und koordiniert. Alle suchen sie Gemeinschaft und die Möglichkeit, tätig zu werden, ihre freie Zeit sinnvoll und abwechslungsreich zu gestalten. Das Werkhaus Anti-Rost wird gefördert und unterstützt vom Land Berlin und der Evangelischen Kirche in Berlin Tempelhof.
Sommertour „gesund-sozial-queer“
Der Besuch des Werkhaus Antirost fand am 15. August 2013 statt und ist Teil der SPD-Sommertour „gesund- sozial- queer. Die Mitglieder der SPD-Fraktion der BVV Tempelhof-Schöneberg Hermann Zeller, Sprecher für Sozialpolitik, Janis Hantke, Sprecherin für Gesundheitspolitik, Marijke Höppner, Sprecherin für Frauenpolitik, nahmen an diesem Besuch ebenfalls teil. Uns allen geht es darum, die Aufmerksamkeit für Gesundheits- , Sozial- und Queerprojekte zu stärken. Gerade diese Projekte sind vielfach die Garanten für eine selbstbestimmte und selbständige Lebensführung, für Teilhabe und Partizipation.