Hauptmenü

Versöhnung über den Gräbern - Arbeit für den Frieden

Die zentrale Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag fand am 17. November 2013 im Plenarsaal des Bundestages statt. Der Volkstrauertag mahnt zu Versöhnung und Frieden. Erinnert wird an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Berührend die Zeugnisse des Engagements von Jugendlichen aus ganz Europa, die sich über Grenzen hinweg gemeinsam für Frieden und Verständigung einsetzen. Die zentrale Rede hielt der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Andreas Voßkuhle. Das Totengedenken sprach Bundespräsident Joachim Gauck.

Gräberfelder - heute Stätten der Versöhnung
Der neue Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Markus Meckel (SPD), erinnerte daran, dass es seit Jahrhunderten ein Gebot der Gnade sei, jeden Menschen zu bestatten. Der Volkstrauertag habe nicht an Aktualität verloren - auch wenn der Erste Weltkrieg nun fast 100 Jahre und der Zweite Weltkrieg fast 70 Jahre zurückliegen. "Wir Deutschen haben in zwei Weltkriegen ganz Europa mit Gräbern überzogen. Da ist es ein faszinierender Gedanken, dass diese Gräberfelder heute Stätten der Versöhnung sein könnten." Gerade jungen Menschen erfahren durch die Arbeit an den Gräberstätten eindringlich, dass die Soldaten in ihrem Alter waren, als sie verwundet wurden oder fielen. Noch heute kommen auf dem Balkan und in Osteuropa immer neue Kriegsgräberstätten hinzu. Der Schrecken des Krieges bleibt präsent.

Über Grenzen hinweg gemeinsam für Frieden und Verständigung
Mehrere Jugendliche aus verschiedenen Ländern - aus Russland ebenso wie aus Belgien, aus Montenegro ebenso wie aus Deutschland - erläuterten, was es für sie bedeutet in Workcamps im Rahmen der Jugendarbeit des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. an den Kriegsgräberstätten tätig zu sein. Sie sprachen die ersten Sätze in ihren jeweiligen Muttersprachen. So wurde das über Grenzen hinweg geleistete gemeinsame Anliegen, ihr aktives Handeln für Frieden und Verständigung, für Freiheit, Gerechtigkeit und ein würdiges Leben für alle eindringlich spürbar.

Jedes Opfer ist uns wichtig. Jedes Opfer verdient unseren gleichen Respekt.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle spannte in seiner Rede einen Bogen von der Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813 bis zu heutigen Kriegen zum Beispiel in Syrien. Er erinnerte an die Schauplätze vergangener und gegenwärtiger Gewaltkonflikte. "Fast täglich erreichen uns erschütternde Berichte und Bilder von den unterschiedlichsten Kriegsschauplätzen." Die Schrecken des Krieges haben sich in den vergangenen 200 Jahren nicht verändert. Zwar leben die Europäer seit 60 Jahren überwiegend friedlich zusammen. Doch jeden Tag kommen erschütternde Bilder von den unterschiedlichsten Kriegsschauplätzen der Welt. Der Volkstrauertag ist zum Gedenken an die Kriegstoten des Ersten Weltkrieges als Zeichen der Solidarität derjenigen, die keinen Verlust zu beklagen hatten, mit den Hinterbliebenen der Gefallenen eingeführt worden. Die Nationalsozialisten missbrauchten ihn dann als "Heldengedenktag". Der Volkstrauertag ist aber kein Gedenken an „Helden“. Zu gedenken ist allen Opfern von Krieg und Gewalt. Beim alljährlichen Gedenken werde deshalb auch nicht nur um gefallene Soldaten getrauert: "Jedes Opfer ist uns wichtig. Jedes Opfer verdient unseren gleichen Respekt." Das Leben in Frieden und in Freiheit ist zu schützen. Rassismus und Intoleranz sind nicht zu dulden.

832 Kriegsgräberstätten in 45 Staaten
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. betreut heute im Auftrag der Bundesregierung die Gräber von etwa 2,5 Millionen Kriegstoten auf 832 Kriegsgräberstätten in 45 Staaten. Der Volksbund betreibt als einziger Kriegsgräberdienst der Welt eine eigene schulische und außerschulische Jugendarbeit sowie eigene Jugendbegegnungs- und Bildungsstätten. Er wird dabei unterstützt von mehr als einer Million Mitgliedern und Förderern sowie der Bundesregierung.
Kriegsgräberstätten sind unter besonderem rechtlichem Schutz stehende, auf unbegrenzte Dauer angelegte Friedhöfe, die den Lebenden eindringliche Mahnung zum Frieden sein müssen! Kriegsgräberstätten haben heute vielfältige Funktionen: Sie sind Orte internationaler Begegnung und Lernorte der Geschichte, sie sind aber auch immer noch Orte individueller Trauer oder kollektiven Gedenkens. Kriegsgräberstätten können als kultureller Gedächtnisspeicher oder touristischer Ort wahrgenommen werden. Sie sind Gegenstand wissenschaftlicher Forschung oder Anlass nationaler bzw. internationaler demokratischer Gedenkveranstaltungen. Leider werden Kriegsgräberstätten auch durch extremistische Gruppen als Orte politischer Demonstrationen missbraucht. Daher gehört die Sensibilisierung für die Gefahren extremistischer Weltanschauungen zum pädagogischen Programm und frühpräventiven Bildungsauftrag des Volksbundes.

Erste Feierstunde 1922 im Reichstag

Zum Gedenken an die Kriegstoten des Ersten Weltkrieges wurde der Volkstrauertag durch den 1919 gegründeten Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge eingeführt. Motiv war ein Zeichen der Solidarität derjenigen, die keinen Verlust zu beklagen hatten, mit den Hinterbliebenen der Gefallenen. Im Deutschen Reichstag in Berlin fand 1922 die erste offizielle Feierstunde statt. Der damalige Reichstagspräsident Paul Löbe (SPD) hielt eine im In- und Ausland vielbeachtete Rede, in der er einer feindseligen Umwelt den Gedanken an Versöhnung und Verständigung gegenüberstellte.