„Ladies only“ hieß es am Freitag, dem 21. März 2014, dem diesjährigen Equal Pay Day, für meine dritte politische Tagesfahrt in diesem Jahr. Es ist mir bereits Tradition, dass ich im (frauenbewegten) März zu dieser BPA-Fahrt nur Frauen einlade.
So trafen sich am vergangenen Freitagmorgen 50 Frauen aus Tempelhof-Schöneberg, um das politische Berlin zu erobern. Empfangen wurden die Frauen morgens am Tempelhofer Rathaus von meiner Mitarbeiterin Manuela Harling, die die Gruppe den Tag über begleitet hat.
Erste Station der Tagesreise war der Deutsche Bundestag. Da das Plenum im Reichstagsgebäude tagte, konnten die Frauen den größten Teil der Debatte zum Thema „EU-Afrika-Gipfel“ verfolgen. Die Teilnehmerinnen hörten die Rednerinnen und Redner der verschiedenen Fraktionen und den zuständigen Staatssekretär mit ihren jeweiligen Standpunkten zur Ausrichtung und Zielsetzung des geplanten Gipfels.
Um 10.00 Uhr waren wir - die Gruppe und ich - verabredet, und jedes Mal ist die vereinbarte Zeit viel zu knapp. Die Frauen waren sehr diskussionsfreudig. Die Themen reichten vom Mindestlohn über die Volksabstimmung zum Tempelhofer Feld bis zur Rentenerhöhung. Beim Thema Mindestlohn waren sich die Frauen einig, dass das Einkommen aus einer Vollzeittätigkeit zum Leben reichen muss. Uneinigkeit herrschte allerdings bei Höhe und Zeitrahmen der Einführung. Einige wollten, dass der Mindestlohn sofort für alle gelten muss und anderen ist die Lohnhöhe von 8,50 Euro zu niedrig. Fakt ist aber: der gesetzliche flächendeckende Mindestlohn wird ab dem 01. Januar 2015 erstmalig für Deutschland greifen - ein gesetzlicher Meilenstein! Er wird für rund 4 Mio. Menschen eine Erhöhung bedeuten. Frauenpolitisch sehr relevant ist, dass davon auch Arbeitnehmerinnen profitieren werden, die derzeit als Minijobberinnen arbeiten.
Am 25 Mai findet in Berlin nicht nur die Europawahl sondern auch der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld statt. Es geht darum, ob am Rande des Feldes auf rund 50 Hektar Wohnungen und Gewerbebauten entstehen dürfen, oder wie es die Initiative will, in meiner Sprache, „kein Grashalm“ berührt werden darf. Der Senatsentwurf sieht vor, dass der Feldrand bebaut und damit der Wohnungsmarkt entspannt wird. Unbebaut bleibt auch im Senatsentwurf die große Fläche von 230 Hektar, die innerhalb des Taxiways liegt. Folge des Initiativ-Entwurfes ist: jedwede Veränderung auf dem Feld wird verhindert: benötigte Wohnungen werden nicht gebaut, schattenspendende Bäume werden nicht gesetzt, Toiletten für Besucherinnen und Besucher werden nicht errichtet, … .
Dritter großer Diskussionspunkt war die Rentenerhöhung. Bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 2014 steigen Westrenten um 1,67%, Ostrenten um 2,53%. Ich freue mich, wenn 25 Jahre nach den Wende auch „Westdeutsche“ sensibel sind für Ungleichheiten zwischen Ost und West. Die meisten wissen aber nicht, dass die Löhne und Gehälter in den so genannten neuen Bundesländern stärker gestiegen sind als im Westen. Das große von Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, mit Bravour vorgelegte Rentenpaket - Rente mit 63, Mütterrente, Erwerbsminderungsrente – bezieht sich auf Änderungen im System. Systemverändernde Regelungen bedürfen eines neuen Gesetzverfahrens.
Der Bundestagsfotograf erwartete uns schon sehnsüchtig auf der Dachterrasse des Reichstagsgebäudes, aber: Wenn Frauen erst einmal zu diskutieren anfangen! Viele der Teilnehmerinnen genossen zum ersten Mal die Möglichkeit auf die Kuppel zu steigen und Berlin von oben zu bewundern.
Da unsere politische (Frauen-)Tagesfahrt am Equal Pay Day stattfand, wurde natürlich auch die Kundgebung zum Equal Pay Day am Brandenburger Tor aufgesucht, und ein kurzes Schwätzchen mit der Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig gehalten.
Nach dem Mittagessen im Bistro DELI, im Haus des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, musste die Gruppe lediglich einmal „um die Ecke“ gehen, um zur nächsten Diskussion zu kommen.
Auf der Tagesordnung stand „Vortrag und Diskussion zur Frauenpolitik“. Nach einer Einführung über die Struktur des Ministeriums wurde ein Abriss über die deutsche, europäische und internationale Frauenpolitik gegeben und der Zusammenhang von deutscher Gleichstellungspolitik und europäischen Richtlinien versucht herzustellen. Viele ist nicht bewusst, dass wir viele unserer nationalen Gesetze europäische Vorgaben „zu verdanken“ haben. So gäbe es ohne EU-Antidiskriminierungsrichtlinie kein „AGG“, kein Allgemeines Gleichstellungsgesetz in Deutschland.
Nächster Punkt war eine Besichtigung und Diskussion im Willy-Brandt-Haus, der SPD-Parteizentrale. Die SPD führt ein offenes Haus, in dem es immer wieder Ausstellungen gibt. Das Atrium ist für jedermann und jedefrau geöffnet. Die Teilnehmerinnen „meiner“ Gruppe hatten den Vorteil, dass sie durch Kai Ihlefeld, Mitarbeiter der SPD-Parteizentrale, sehr kompetent eine Erläuterung zum Haus, zur Architektur und natürlich auch zur Willy-Brandt-Statue bekommen haben. Kai Ihlefeld, ein Schöneberger Genosse, nahm sich viel Zeit, um die Statue, die sich nicht von allein erklärt, anschaulich zu erläutern und ein Gruppenfoto zu machen. Zudem bekam die Gruppe einen kurzen Film über die Geschichte der SPD zu sehen. Anschließend bestand die Gelegenheit mit dem Referenten des Parteivorstandes, Jens Hartung, zu diskutieren. Ein großes Thema waren die politischen Geschehnisse in der Ukraine.
Letzter Tagesordnungspunkt bis es an den Ausgangspunkt der Reise zurück ging, war das Abendessen. Hier hatten alle Teilnehmerinnen noch einmal Gelegenheit, das Gehörte und das Gesehene Revue passieren zu lassen. Und wie immer: Ein gelungener Tag!