Immer wieder gerne lade ich BürgerInnen aus meinem Wahlkreis zu Kunst- und Architekturführungen durch die zum Deutschen Bundestag gehörenden Gebäude ein. Der Deutsche Bundestag bietet einen reichhaltigen Fundus an zeitgenössischer Kunst von nahezu allen bedeutenden KünstlerInnen Deutschlands. Am 5. April 2014 waren 25 BürgerInnen aus Tempelhof-Schöneberg meiner Einladung zur Kunst- und Architekturführung gefolgt, um einige dieser Schätze zu entdecken. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass das Reichstagsgebäude zu den meistbesuchten Gebäuden in ganz Deutschland gehört und das meistbesuchte Parlament der Welt beherbergt.
Kunst am Bau
"Um die bildende Kunst zu fördern", beschloss das Parlament 1950 bei allen Bauaufträgen des Bundes grundsätzlich einen Betrag von mindestens einem Prozent der Bausumme für Werke bildender KünstlerInnen auszugeben. Später fand eine Erhöhung auf zwei Prozent statt. Dank dieser gesetzlichen Regelung wurde das von den Nationalsozialisten zur Verödung gebrachte Kulturleben wieder mit neuen Impulsen versehen, konnte den in Not geratenen KünstlerInnen eine soziale Hilfe geboten, erneut ein Kunstmarkt geschaffen werden. Beim Bau der Parlamentsbauten im Spreebogen wurden etwa zwei bis drei Prozent der anrechenbaren Bausummen für Kunst zur Verfügung gestellt. Das Ergebnis ist beachtlich.
„Tisch mit Aggregat“ von Joseph Beuys
Ein ungewöhnliches Kunstwerk befindet sich gleich neben dem Plenarsaal: Der „Tisch mit Aggregat“ weckte die Fantasie und Interpretationsmöglichkeiten der Teilnehmenden. Der Tisch, die Batterie und die Kugeln (ursprünglich aus Lehm) sind Gegenstände und Material des täglichen Lebens, "arme" Materialien, die lange Zeit nicht museums- und kunstwürdig waren. Die sehr kundige Kunstführerin Katja Reissner erläuterte den Hintergrund des Kunstwerkes - die Ausstellung eines Beuys-Exponates war im Kunstbeirat des Bundestages nicht unumstritten. Zugleich betonte Reissner, dass sich Beuys einer klaren politischen Interpretation entziehe, aber natürlich nicht unpolitisch gewesen sei. Der Kunstbeirat berät den Bundestagspräsidenten über den Ankauf und die Ausstellung von Kunstwerken in den Gebäuden des Bundestages.
„Der Bevölkerung“ von Hans Haacke
Auch das Kunstwerk von Hans Haacke im Innenhof des Reichstages fand reges Interesse. Mir gefällt die politische Botschaft daran so gut: Es leuchtet die Inschrift „DER BEVÖLKERUNG“ in Neonlichtbuchstaben in einem wild wuchernden Biotop. Haacke nimmt dabei Bezug auf die Inschrift „DEM DEUTSCHEN VOLKE“ am Westportal des Reichstages. Die Bundestagsabgeordneten wurden vom Künstler aufgerufen, aus ihrem Wahlkreis einen Zentner Erde nach Berlin zu bringen und um die Leuchtbuchstaben auszustreuen.
Das Kunstwerk von Haacke steht für ein modernes und partizipatorisches Staatsverständnis. Für mich ist es Inspiration und Motivation für meine politische Arbeit zugleich. Ich nehme dieses Kunstwerk als stete Aufforderung daran zu denken, dass die von uns ParlamentarierInnen beschlossenen Gesetzes für alle in der Bundesrepublik lebenden BürgerInnen Wirkungen hat.
Archiv der Deutschen Abgeordneten
Auch KünstlerInnen der vier Alliierten erhielten die Gelegenheit, künstlerische Auftragsarbeiten umzusetzen. Der französische Künstler Christian Boltanski gestaltete im Untergeschoss der Ostseite das "Archiv der Deutschen Abgeordneten". Fast 5000 Kästen aus Metall sind mit den Namen der Abgeordneten beschriftet, die zwischen 1919 und 1999 demokratisch gewählt wurden. Die Abgeordneten, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden, sind mit einem schwarzen Streifen gekennzeichnet, auf dem der Hinweis "Opfer des Nationalsozialismus" und ein Todesdatum stehen. Eine einzelne schwarze Box kennzeichnet die Jahre der Nazi-Herrschaft von 1933 bis 1949.
Umstritten ist mittlerweile, dass die Abgeordneten der Reichstagswahl vom 5. März 1933 als demokratisch gewählt mit aufgeführt worden sind, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits viele KommunistInnen und SozialdemokratInnen von den Nazis verhaftet worden sind oder sich auf der Flucht befanden.
Aber gerade diese Kontroversen über die Kunstwerke im Reichstag machen das Spannungsfeld zwischen Kunst und Politik deutlich.
Wahlen am 25. Mai 2014
Abschließend wurde im SPD-Fraktionsraum über aktuelle Politik, insbesondere zu den anstehenden Europawahlen und den Kampf gegen horrende steigende Mieten diskutiert. Gut, dass es die Mietpreisbremse geben wird. Gut, dass eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes durch städtische Wohnungsbaugesellschaften und eine Genossenschaft beabsichtigt ist. Am 25. Mai können die BürgerInnen darüber abstimmen: Ich sage voller Überzeugung JA zum Gesetzentwurf aus dem Berliner Abgeordnetenhaus.