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MDK im Dialog mit der Gesundheitspolitik

So wie die Politik geraten auch die Medizinischen Dienste der Krankenversicherungen (MDK) häufig ins Visier der Medien. Doch geschieht dieses immer zu Recht? Das war nur eine der Fragen des Dialogs zwischen MDK-VertreterInnen und mir als Mitglied des Gesundheitsausschusses. Über die Weiterentwicklung des MDK diskutierten am 17. September 2014 Vertreterinnen und Vertreter der Ersatzkassen in den Verwaltungsräten der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung mit mir als Gesundheitspolitik-Vertreterin in der Berliner vdek-Verbandszentrale.

Einige Medien stürzen sich nur zu gerne auf vermeintliche oder tatsächliche Einzelfallskandale. Jedem Vorwurf muss selbstverständlich nachgegangen werden. Häufig treten dabei die tatsächlichen Aufgaben des MDK in den Hintergrund. Wie überall gilt auch hier: Noch besser geht immer.

Der Medizinische Dienst als ein Herzstück des Gesundheitswesens

Kranken- und Pflegekassen benötigen den MDK, um ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen: Der Gesetzgeber beauftragt die Kranken- und Pflegekassen ausreichend medizinische und pflegerische Leistungen zu gewähren, so sie denn zweckmäßig und wirtschaftlich sind. Um diesem Auftrag nachzukommen brauchen Kranken- und Pflegekassen die medizinische und pflegerische Kompetenz eines GutachterInnendienstes. Dafür wurde der MDK als kassenartenübergreifende Arbeitsgemeinschaft gebildet. Im Interesse der Versichertengemeinschaft unterstützen die föderal organisierten MDK dabei, erstens bei der qualitativen Weiterentwicklung der gesundheitlichen Versorgung insgesamt, zweitens bei der sozialmedizinischen Begründung der Leistungsentscheidungen der Krankenkassen, drittens bei der Vermeidung von Maßnahmen, die unausgereift, unnötig gefährlich oder unwirtschaftlich sind. 

Zu den Kernaufgaben des MDK gehören die Einzelfallbegutachtungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKVen) zu Arbeitsunfähigkeit, Rehabilitationsleistungen, Verordnungen von Arznei-, Verbands-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankhausfallbegutachtung und Überprüfung der Krankenhausabrechnung. Kernaufgaben im Rahmen der sozialen Pflegeversicherungen (SPV) sind die Einzelfallbegutachtungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für Pflegebedürftigkeit, zur Empfehlung einer Pflegestufe, zur Prüfung des Vorliegens einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz, zu Vorschlägen zur Prävention und Rehabilitation, etc.. Die ExpertInnen des MDK stellten 2012 für die Pflegekassen insgesamt mehr als 1,5 Millionen Einzelfallbegutachtungen aus - davon 830.000 Erstbegutachtungen, rund 640.000 Höherstufungen, der Rest sind Widerspruchsbegutachtungen. Die GutachterInnen sind in ihrer medizinischen und pflegerischen Bewertung und der Empfehlung an die jeweiligen Kranken- und Pflegekassen unabhängig und nur ihrem Gewissen verpflichtet. Eine weitere Aufgabe ist die Qualitätssicherung von stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen. 

Der MDK im Koalitionsvertrag von Union und SPD

Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht neue Aufgaben und eine Änderung der MDK-Strukturen vor: Menschen müssen sich in der Krankenversorgung darauf verlassen können, nach neuestem medizinischem Stand und in bester Qualität behandelt zu werden. Als Gesetzgeber wollen wir deshalb die Qualität der stationären Versorgung verbessern. Wir haben mit dem am 5. Juni diesen Jahres verabschiedeten „Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der Gesetzlichen Krankenversicherung“ den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) beauftragt, Qualitätsrichtlinien zu formulieren, die zwingend einzuhalten sind. Dem MDK wurde die Überprüfung der Vorgaben des GBA zur internen und externen Qualitätssicherung übertragen. Dafür soll er zukünftig unangemeldet Kontrollen in den Krankenhäusern durchführen. 

Vorgesehen sind auch pflegerelevante Änderungen: „In den Entscheidungsgremien des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen sollen künftig Vertreter der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sowie der Pflegeberufe stimmberechtigt vertreten sein“. Wir wollen die Pflege-Transparenzvereinbarung weiterentwickeln, um Qualitätsunterschiede der Einrichtungen für die VerbraucherInnen deutlicher zu machen. Auch wollen wir „das Verfahren der Veröffentlichung der Ergebnisse der durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung und den Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. vorgenommenen Qualitätsprüfungen“ verbessern.

Den Dialog stärken und für mehr Transparenz sorgen

Dass die rund 7.800 Angestellten, ihre Verwaltungsräte und GeschäftsführerInnen des MDK daran interessiert sind, mehr zu diesen Koalitionsvertragsinhalten zu erfahren, ist verständlich. Noch wurde im Gesundheitsausschuss über die neuen Aufgaben und die Neustrukturierung nicht gesprochen.

Ich bin der Meinung, dass der MDK - bei aller Kritik - zur Emanzipation der Kassen im Gesundheitswesen beiträgt. Es gibt kein alleiniges Informationsmonopol von ApothekerInnen und ÄrztInnen. Er bietet Versicherten auch wichtige Leistungen wie Begutachtungen bei Behandlungsfehlern oder Informationen zu IGEL- und Serviceleistungen.

Auch ich habe im Rahmen meiner Entscheidungsfindung noch viele Fragen, u.a.:

  • Was wollen stimmberechtigte VertreterInnen „der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sowie der Pflegeberufe“ bewirken? Welche Organe, welche Gremien sind dafür die richtigen? Sind diese mit Hauptamtlichen oder mit Ehrenamtlichen zu besetzen?
  • Wie ist dem steigenden Transparenzbedürfnis der BürgerInnen, der Versicherten, der PatientInnen auch gegenüber dem MDK gerecht nachzukommen? Wie können KritikerInnen von der gutachterlichen Unabhängigkeit überzeugt werden?
  • Welche Rollen spielen die Sozialpartner? Welche Rolle die anstehenden Sozialwahlen? Haben die Kassen tatsächlich zu viel Einfluss bei der Besetzung von wichtigen Positionen im MDK? Wie ist die aktuelle Beteiligung von Frauen in den Gremien und wie kann sie erhöht werden? (MDK-Verwaltungsratssitzungen sind in der Regel öffentlich. Nehmen Sie doch einmal an einer teil.)

Pflegebegutachtungen als Voraussetzung für den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff

Mit der Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen wird die Aufgabe des MDK weiter wachsen. Daher ist es richtig, sich gesamtgesellschaftlich mit seiner Aufgabe und Funktion zu beschäftigten. Bei der Sicherstellung der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff noch in dieser Legislaturperiode haben die GutachterInnen des MDK derzeit eine wichtige Rolle: Im Sommer wurde im Rahmen eines bundesweiten Modellprojektes die Erprobung eines neues Begutachtungsverfahrens gestartet. Nicht mehr ausschließlich die körperlichen Defizite und daraus resultierend die Festlegung von drei Pflegestufen stehen im Mittelpunkt. Vielmehr wird bei der Begutachtung zum neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff der Grad an Selbstständigkeit und damit die Potentiale und Ressourcen des einzelnen Menschen in den Blick genommen. Es gilt, seine Selbstständigkeit und Teilhabefähigkeit sowie die ihn unterstützenden Strukturen zu stärken. Mit diesem auf körperliche und psychische sowie geistige Einschränkungen bezogenen Paradigmenwechsel ist die Einordnung in fünf Pflegegrade mit den dazugehörigen Leistungsansprüchen verbunden. In Pflegeeinrichtungen und bei der Pflege zu Hause werden MDK-GutachterInnen nach alten und neuen Regeln rund 4.000 Mal prüfen, wer welche Pflege benötigt. Diese erste Studie wird zeigen, ob die neuen Pflegegrade alltagstauglich sind. In einer zweiten Studie soll ermittelt werden, welchen Versorgungsaufwand die neuen Pflegegrade in stationären Pflegeeinrichtungen auslösen. Dazu werden rund 2.000 Pflegebedürftige aus rund 40 Pflegeheime einbezogen. Die Ergebnisse sollen Anfang 2015 vorliegen. Wir SozialdemokratInnen wollen dann zügig ein 2. Pflegestärkungsgesetz erarbeiten.