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Rede zur 2./3. Lesung Pflegestärkungsgesetz I

Gesagt. Getan. Gerecht. Wir verbessern mit dem Pflegestärkungsgesetz I die Situation der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und der Menschen, die in der Pflege arbeiten.

Meine Rede zur zweite und dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Leistungsausweitung für  Pflegebedürftige, Pflegevorsorgefonds (Fünftes SGB XI-Änderungsgesetz – 5. SGB XI-ÄndG, Drucksachen 18/1798, 18/237918/2909).

 


61. Sitzung am 17. Oktober 2014

Mechthild Rawert (SPD): 

Sehr geehrter Herr Präsident!

Liebe Bürgerinnen, liebe Bürger!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Gesagt. Getan. Gerecht.“ Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben im SPD-Regierungsprogramm und dann auch in unserem gemeinsamen Koalitionsvertrag versprochen, die Situation der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und der Menschen, die in der Pflege arbeiten, zu verbessern. Und jetzt halten wir unsere Versprechen. Ich freue mich, Ihnen über den Erfolg der ersten Stufe der Reform der sozialen Pflegeversicherung zu berichten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben mit dem Pflegestärkungsgesetz I viele Menschen bessergestellt. Dieses Gesetz ist Teil eines größeren Pflegereformvorhabens in dieser Legislaturperiode. Hierzu gehören das Pflegezeitgesetz - das übrigens sehr viel besser ist, als Sie es gerade dargestellt haben, Frau Zimmermann -, das Pflegeberufegesetz und vor allen Dingen das Pflegestärkungsgesetz II mit dem neuen Begriff der Pflegebedürftigkeit und einem neuen Begutachtungsverfahren. Wer jetzt noch Begrifflichkeiten wie „Minutentakt“, „zu wenig Zeit“ benutzt und beklagt, Pflege beschränke sich nur auf das Saubermachen, der muss wissen: Das ist ein vorübergehender Zustand. Wir ändern vieles schon mit diesem Gesetz.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir verfolgen einen politischen roten Faden und setzen langjährige Forderungen der SPD um.

(Beifall der Abg. Hilde Mattheis (SPD)

Hier ist zu nennen: Wir schaffen deutliche Verbesserungen für Pflegebedürftige. Wir stärken die häusliche Pflege. Wir berücksichtigen sehr viel stärker die individuellen Bedarfe. Wir sorgen für eine bessere Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf; denn wir wissen, dass ein jedes Unternehmen nur dann wirtschaftlichen Erfolg hat, wenn es sich tatsächlich um das große Thema „Vereinbarkeit von Beruf, Familie, Kinderbetreuung und Pflege“ kümmert. 

(Beifall bei der SPD)

Wir sorgen auch für eine materielle Aufwertung der Pflegeberufe und für gute Arbeit in der Pflege. Wir sorgen für mehr Teilhabe pflegebedürftiger Menschen. Zweifeln Sie nicht   Frau Scharfenberg, Sie haben es erwähnt  : Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden in einer älter werdenden Gesellschaft in einer neuen Legislaturperiode die Finanzierung der Pflege noch auf andere Füße stellen   mit der Bürgerversicherung. 

(Beifall bei Abgeordneten der SPD   Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir nehmen euch beim Wort!   Weitere Zurufe vom BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies ist ein Gebot der Solidarität. Jetzt erfüllen wir aber unseren Koalitionsvertrag.

Wir denken Pflege vom Menschen her. Eine häusliche, eine ambulante oder eine stationäre pflegerische Versorgung und Beratung müssen sich immer verfeinern. Wir sind nah dran an den Menschen in ihren vielfältigen Lebenswelten und ihren differenzierten Betreuungs- und Pflegebedarfen. Ich denke zum Beispiel an die Bedürfnisse von Migrantinnen und Migranten, von Menschen mit Behinderungen, von Schwulen, Lesben und transidenten Menschen, von Menschen mit eingeschränkten Alltagsfähigkeiten. Sie alle haben ein Bedürfnis und ein Recht auf eine diskriminierungsfreie qualifizierte Pflege. Um die Würde als Mensch zu stärken   wir alle sind daran interessiert, dass sie nicht verloren geht  , müssen wir Freiheit und, soweit als möglich, auch selbstbestimmte Entscheidungen von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen ermöglichen. Dazu bedarf es aber des Abbaus von Zugangsbarrieren. Hierzu leisten wir mit diesem Pflegestärkungsgesetz I einen wichtigen Beitrag.

Wir alle, unsere ganze Gesellschaft, müssen es ermöglichen, dass Pflegebedürftige sich zugehörig und aufgehoben fühlen. Unser Ziel ist ein verstärktes Zugehörigkeitsgefühl. Die UN-Behindertenrechtskonvention nennt es ein „enhanced sense of belonging“.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD   Jens Spahn (CDU/CSU): Was?)

Ich habe es gerade gesagt, Herr Spahn. Das heißt „verstärktes Zugehörigkeitsgefühl“.

Außerdem wollen wir mehr Geschlechtergerechtigkeit. Die scheinbare Selbstverständlichkeit, dass Frauen auch in Zukunft die Hauptlast der Pflegearbeit tragen, ist trügerisch   nicht aus Mangel an Liebe der Frauen zu ihren Familien, sondern aufgrund von zunehmender Erwerbstätigkeit und höherer Mobilität. 

Ich bin froh über die vielen Leistungsverbesserungen im Pflegestärkungsgesetz I, über den Ausbau und die flexiblere Inanspruchnahme von Kurzzeit- und Verhinderungspflege und der Tages- und Nachtpflege, über die Zunahme der niedrigschwelligen Angebote, über die Erhöhung des Wohngruppenzuschlags und über   darauf bin ich als Sozialdemokratin besonders stolz   die bessere Förderung des barrierefreien Umbaus der eigenen Wohnung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Denn Barrierefreiheit ist Voraussetzung dafür, dass Menschen zu Hause, in ihrer vertrauten Umgebung, bleiben können. Wir werden so den Alltag und die Organisation der häuslichen Pflege verbessern.

Ja, Pflegende und Pflegebedürftige haben ein Recht auf bessere Lebensqualität. Wir als Politik werden dafür sorgen, dass dieses Recht für die ambulante, die teilstationäre und die stationäre Versorgung gilt. Wir haben hier alles umfassend im Blick. Daher dieser erste positive Schritt; der zweite folgt in Kürze.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Wir haben gut verhandelt. Die SPD hat sich für die Anerkennung der Tariflöhne bei Pflegesatz- und Pflegegüteverhandlungen sehr stark gemacht. Niemand darf mehr eine Bezahlung nach Tarif als unwirtschaftlich ablehnen, und niemand darf eine entsprechende Vergütung nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen als unwirtschaftlich ablehnen. 

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich bin dem Bundesministerium für Gesundheit dankbar für diese Ergänzung, zumal ich selber auch schon bei öffentlichen und kirchlichen Trägern gearbeitet habe und daher weiß, wie bedeutsam es ist, hier das Arbeitsrecht einzuhalten. 

Wir haben durchgesetzt, dass vereinbarte Tariflöhne tatsächlich bei den Beschäftigten anzukommen haben und nicht zwischendurch kleben bleiben dürfen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir setzen uns also für die konsequente tarifliche Bezahlung auch in der Pflege ein.

Auch Pflegeeinrichtungen profitieren von diesem Gesetz durch weniger Bürokratie.

Vorhin ist gesagt worden, wir würden hier einen Markt entwickeln, der unreguliert ist. Wir werden zeitnah eine Evaluation vorlegen; denn niemand ist daran interessiert, dass sich ein Markt von personenorientierten Dienstleistungen tatsächlich unreguliert entwickelt. Auch hier wird das Arbeitsrecht in jedem Fall gelten. Dazu ist die Evaluation da.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zusammenfassend: Niemand soll glauben: Das war’s schon. Jetzt kommt das Pflegestärkungsgesetz I. Dann kommt das Pflegezeitgesetz. Dann kommt das Pflegeberufegesetz. 

Vizepräsident Johannes Singhammer: 

Liebe Frau Kollegin Rawert, denken Sie an die Redezeit.

Mechthild Rawert (SPD): 

Ich bin beim letzten Satz. - Dann kommt vor allen Dingen noch das Pflegestärkungsgesetz II. Wir sorgen auch für eine sichere und nachhaltige Finanzierung.

(Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU): Langer Satz!)

Ich freue mich darauf, dass wir in zwei Wochen gemeinsam weiter daran schaffen, damit es auch insgesamt zügig vorangeht.

Dankeschön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)