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M.A.H.D.I. e.V.: Vorbilder schaffen

Im Projekt „Vorbilder Schaffen“ werden jährlich schulische und akademische Erfolge von MigrantInnen und Menschen mit Migrationsbiografie honoriert. Auf einer großen Bühne werden AbiturientInnen und AkademikerInnen für ihre Leistungen ausgezeichnet. So fungieren sie als Vorbilder für nachwachsende Generationen. Bildung wird in ihrer Bedeutung herausgestellt - und Bildungsabschlüsse dank der „lebenden Beispiele“ als wirklich erreichbar dargestellt.

Diese wichtige Funktion erfüllt M.A.H.D.I.-e.V. (Muslime aller Herkünfte Deutscher Identität), eine im Jahr 2005 gegründete Jugendselbstorganisation. Die Idee des M.A.H.D.I.-e.V. kam einer kleinen Gruppe SchülerInnen und Studierende 2004. Sie erkannten die Notwendigkeit der Gründung einer Plattform, die gesellschaftskritische Ereignisse aufgreift und aktiv gegen negativ geprägte Meinungsbilder in der Wahrnehmung von MigrantInnen und Muslimen vorgeht. Mit dabei der damals 16 Jahre alte Mehdi Chahrour, heute Vorstandsvorsitzender des Vereins und Jurastudent. Der gemeinnützige MigrantInnenverein wird von uns Jugendlichen selbstorganisiert, ist somit vollständig autark. Die Finanzierung einzelner Projekte erfolgt durch Spendengelder und Kooperationspartner wie die Bundeszentrale für politische Bildung, dem Bündnis für Demokratie und Toleranz.  Die Mitglieder sind bezüglich ihrer oder der Herkunftsländer ihrer Eltern heterogen.

Gesamtgesellschaftliche Wandlungsprozesse gestalten

Das Audimax der Technischen Universität war an diesem Samstag, 29. November 2014, proppevoll. Zur bundesweiten Anerkennungsveranstaltung 2014 hatte M.A.H.D.I.-e.V. eingeladen, um 200 AbiturientInnen und AkademikerInnen auszuzeichnen. Auszuzeichnen den schulischen bzw. beruflichen akademischen Abschluss, aber auch auszeichnen dafür, dass diese jungen Menschen es trotz zum Teil widriger Umstände häufig als die ersten in ihren Familien geschafft haben, die Schul- und Berufsausbildung erfolgreich zu absolvieren. Mittlerweile sind weit über 1800 jungen Menschen ausgezeichnet worden. Diese jungen Menschen bestimmen unseren gesamtgesellschaftlichen Umwandlungs- und Gestaltungsprozess mit. Sie alle setzen sich für Chancengleichheit und für die Anerkennung hybrider Identitäten ein. Mir wurde erneut deutlich: In Deutschland wachsen junge Menschen muslimischen Glaubens heran, auf die wir alle stolz sein können. Diese in ihrem Glauben fest verankerten Menschen gehören zu Deutschland. Der Islam gehört zu Deutschland.

Zu den geladenen Gästen gehörten die Eltern und die FreundInnen, gehörten WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen. Die Politik war mit drei SozialdemokratInnen, Raed Saleh, SPD-Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus, und den beidenBundestagsabgeordneten Dr. Ute Finckh-Krämer aus Steglitz-Zehlendorf und Mechthild Rawert aus Tempelhof-Schöneberg vertreten. Dabei waren auch Hassan Saleh, Angehöriger des Diplomatischen Dienstes der Botschaft Libanons, und als Ehrengast der Profifußballer Änis Ben-Hatira, der seit 2011 bei Hertha BSC unter Vertrag steht.

Auszeichnungen für Zivilcourage

Als erstes wurden Menschen mit dem MAHDI-Preis ausgezeichnet, die Zeit und Kraft für das Wohl der Gemeinheit, insbesondere für das Miteinander über die Grenzen der Kulturen und Religionen hinweg, einsetzen. Überall gibt es großartige Beispielefürherausragendes zivilgesellschaftliches Engagement - sowohl auf Seiten der Mehr- als auch der Minderheitsgesellschaft. Wir müssen sie aber wahrnehmen!

Die jungen Mitglieder von MAHDI e.V. haben sich entschieden, Kübra Gümüsay, Christian Stahl, Irmela Mensah-Schramm und Ali Kurt Der Held vom Rhein mit dem MAHDI-Preis auszuzeichnen:

Kübra Gümüsay, 1988 in Hamburg geboren, ist eine deutsche Journalistin, Bloggerin und Netz-Aktivistin türkischer Herkunft. Wikimannia berichtet über sie: Laut Deutschlandradio gehört sie zu den prägenden Köpfen des Islam in Deutschland. Ihr seit 2008 geführter Blog ein Fremdwörterbuch über das Leben als kopftuch­tragende Muslima in Deutschland wird monatlich von bis zu 13.000 Internet-NutzerInnen angeklickt. 2011 wurde Ein Fremdwörterbuch für den Grimme Online Award nominiert. Das Medium Magazin zählt Gümüşay zu den "Top 30 bis 30" der vielversprechendsten journalistischen Nachwuchstalente Deutschlands. Die Bloggerin hatte mit Das Tuch bereits eine regelmäßige Kolumne in der taz. Buchveröffentlichungen werden erwartet.

Christian Stahl ist ein deutscher Journalist, der gerade sein neuestes Buch „In den Gangs von Neukölln“ herausgegeben hat. Über Jahre hat er das Leben von Yehya E. begleitet. Stahl setzt Vorurteilen etwas entgegen: Hier ist nicht ein arabischer junger Mann straffällig geworden sondern ein Berliner Junge. Christian Stahl, der seinen Preis durch einen Stellvertreter entgegen nehmen ließ, will mit diesem Buch einen differenzierten Beitrag zur Integrationsdebatte leisten. Stahl rechtfertigt die kriminellen Taten nicht. Aber das Buch - und auch das Leben von Yehya E. - kann auch als Kritik an einer verfehlten Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahrzehnte wahrgenommen werden.

Irmela Mensah-Schramm, Menschenrechtsaktivistin und pensionierte Lehrerin, wurde ausgezeichnet, weil sie mittlerweile fast 30 Jahren aktiv gegen Hass-Graffities im Berliner öffentlichen Raum vorgeht. Ihre Haltung wurde in ihrer Dankesrede deutlich: Hasssprüche verschwinden durch "sich darüber ärgern" nicht einfach. Sie gehe gegen Hassgraffiti vor und vernichte sie, weil sie den Hass vernichten möchte. Menschenverachtende Sprüche gehörten nirgendwo hin. Im Laufe der Zeit seien von ihr wohl an die 90.000 Hassparolen und Nazisymbole entfernt worden. Zu Dokumentationszwecken fotografiere sie die Hasssprüche und -symbole, um ihre Mitmenschen damit aufzurütteln.

Ali Kurt Der Held vom Rhein war im Februar dieses Jahres in den Rhein gesprungen, um eine Sechsjährige vor dem Ertrinken zu retten. Bei diesem Versuch kam er ums Leben. Seine Leiche konnte erst 13 Tage nach dem Drama aus dem Wasser geborgen werden. Die Anerkennungsmedaille nahm sein Schwager stellvertretend für den dreifachen Familienvater entgegen. In der Laudatio wurde auch Tugçe Albayrak gedacht, die ihre Zivilcourage mit ihrem Leben bezahlte. Auch sie verdient unser aller Dankbarkeit und Respekt.

Raed Saleh: Alle sind Berlinerinnen und Berliner. Der Islam gehört zu Deutschland.

Ausgrenzung, Diskriminierung, antimuslimischen Rassismus sind ebenso abzulehnen wie Antisemitismus, das erklärte Raed Saleh, SPD-Fraktionsvorsitzender, in seiner Rede unmissverständlich. Anzustreben sei ein Deutschland, in dem deutsche Identitäten sich durch eine gleichgestellte Vielfalt auszeichnen. Bildungssysteme seien so zu gestalten, dass sie für jede und für jeden gleiche Chancen bieten.

Mit Zuversicht und Stolz die Treppe rauf

Es war ein Vergnügen in die Gesichter der jungen Menschen zu schauen, als diese in ihren Talaren einzeln die Treppe zur großen Bühne heraufschritten: Raed Saleh und Ute Finckh-Krämer überreichten den AkademikerInnen ihre Medaille und das Anerkennungsschreiben und Hassan Saleh und ich den erfolgreichen AbiturientInnen. Es war für alle ein bleibendes Erlebnis.