Das Berliner Abgeordnetenhaus setze sich in seiner „Aktuellen Stunde“ am 27. November mit dem Thema Gewalt an Frauen auseinander. Wie die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ina Czyborra, zu Recht bemerkte, ist Gewalt an Frauen ein alt bekanntes aber dennoch hochaktuelles Thema.
Das Abgeordnetenhaus begrüßte die Initiative der Bundesjustizministerkonferenz. Diese hatte beschlossen zu prüfen wie der Vergewaltigungsparagraf im Hinblick auf die Ratifizierung der so genannten Istanbul-Konvention – ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt – verändert werden kann. Derzeit ist eine Vergewaltigung nur dann strafrechtlich sanktioniert, wenn unmittelbare Ausübung von Gewalt oder Drohung durch den Täter und heftige körperliche Gegenwehr des Opfers nachgewiesen werden können. Diese Rechtsauslegung des §177 führt dazu, dass kaum eine Vergewaltigung angezeigt wird und die Verurteilungsrate auf unter 10 % gesunken ist. Hochaktuell war die Debatte auch, weil ein US-Unternehmen in Deutschland -unter anderem auch in Berlin- Seminare für Männer anbietet. Wer 2000€ zahlt, soll lernen wie man eine Frau „rumkriegt“ – notfalls auch mit Gewalt. Mehrere Staaten haben für die so genannten Pick-up-Artists Einreiseverbote erlassen und meines Erachtens wäre Bundesinnenminister de Maizière gut damit beraten diesen Beispielen zu folgen. Denn Vergewaltigungsübungsseminare brauchen wir in Deutschland ganz gewiss nicht.
Mehrere Rednerinnen wiesen auf das bundesweite Hilfetelefon mit der Rufnummer: 08000 / 116016 hin, das kostenfrei in 15 Sprachen an 24 Stunden pro Tag zu erreichen ist und auf das Berliner Angebot der Initiative gegen Gewalt (BIG), ebenfalls rund um die Uhr unter der Rufnummer 030/6110300 erreichbar. Hier können sich Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind hinwenden, aber auch jede und jeder andere Mensch, der Gewalt gegen Frauen erlebt und nicht weiß wie er oder sie helfen kann.
Gestritten wurde bei der Debatte, ob unser Antigewaltbereich mit Beratungsangeboten, Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen quantitativ ausreicht – das es qualitativ hochwertig ist, war hingegen Konsens und ist ein Lob für alle, die sich im Antigewaltbereich professionell engagieren.
Die Frauensenatorin Dilek Kolat wies darauf hin, dass es zu Engpässen in den Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen kommt, weil sich der Berliner Wohnungsengpass auch auf die Frauenhäuser und Zufluchtswohnungen auswirkt. Die Frauen bleiben länger in den Einrichtungen als nötig, da sie keine eigenen vier Wände finden können. Aus diesem Grund hat der Senat die Initiative ergreifen und unterstützt jetzt intensiv die Vermittlung von Wohnungen für die Frauen und Kinder, die in den Zufluchtsunterkünften ausharren müssen.
Das Thema Gewalt an Frauen wird das Berliner Abgeordnetenhaus auch weiter beschäftigen. Denn zusätzlich zur Debatte in der „Aktuellen Stunde“ wurden auch zwei Anträge ins Abgeordnetenhaus eingebracht. So werden sich in den kommenden Monaten die Fachausschüsse mit dem Antrag der Koalition „Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung auch strafrechtlich schützen!“ und dem Antrag von Grünen und Linken „Die anonyme, anzeigenunabhängige Spurensicherung endlich auch in Berlin einführen“ auseinandersetzen.
Manuela Harling, Wahlkreismitarbeiterin und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen in Tempelhof-Schöneberg