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Deutschland für alle und „Dresden für alle“ gegen die „Pegida“

Am 8. Dezember 2014 war ich zur Teilnahme am „Runden Tisch Pflege“ eingeladen. Der „Runde Tisch Pflege“ tagte in Dresden und so wurde mir gleich nach der Ankunft am Hauptbahnhof in Dresden deutlich, dass die Polizei mit vielen TeilnehmerInnen für die am Nachmittag angekündigten „Montagsdemo“ gerechnet hat. Denn 1200 BeamtInnen aus mehreren Bundesländern waren an diesem Tag im Einsatz. Und tatsächlich: Fast 20.000 Menschen sind am Montagabend in Dresden auf die Straße gegangen. Die einen, um weniger Zuzug von AusländerInnen zu fordern. Die anderen als Zeichen gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit.

Unter dem Motto „Dresden für alle“ haben sich am 8. Dezember rund 10.000 Menschen der achten Kundgebung des sogenannten Pegida-Bündnisses entgegengestellt und für eine weltoffene Stadt demonstriert.  In einem Sternlauf aus sechs Richtungen waren sie zum Rathaus gezogen, um ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus zu setzen. Zeitgleich hielt das Bündnis der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) nicht weit entfernt ihre achte Montagskundgebung in Folge ab. Das Bündnis tritt unter anderem für eine Verschärfung des Asylrechts ein. Auch hierzu kamen rund 10.000 Menschen, so viele wie noch nie. Zu großen Zwischenfällen zwischen den beiden DemonstrationsteilnehmerInnen kam es nicht.

An dem breiten Bündnis des Sternlaufs beteiligten sich unter anderem die christlichen Kirchen, das Islamische Zentrum, die Jüdische Gemeinde, der Ausländerrat, das Bündnis „Dresden Nazifrei“, die Dresdner Studierendenschaften und die Technische Universität.

Gegen fremdenfeindliche Agitation und islamfeindliche Hetze

Vorurteile und Ängste durch fremdenfeindliche Agitation und islamfeindliche Hetze zu schüren, ist leider keine Seltenheit in Deutschland, in Europa. Mich besorgt mit Blick auf anti-islamisch auftretende Gruppen in Deutschland die hohe Beteiligung an der Demonstration der selbsternannten „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) in Dresden am letzten Montagabend. Nach Polizeiangaben haben sich rund 10.000 Menschen für die Teilnahme an der sogenannten Abwehr der „Islamisierung des Abendlandes“ durch eine Verschärfung des Asylrechts anlocken lassen.

Undemokratische Haltungen und Denkweisen in der Bevölkerung, Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit schüren Ängste. Populistische Aussagen, Zahlenwischerei und fachlich unbelegtes Argumentieren einiger PolitikerInnen u.a. von der AfD in den Medien erzeugen leider oftmals den Eindruck als seien diese Behauptungen fundiert. Dem ist jedoch nicht so! Einen Faktencheck bestehen sie nicht! Die Realität bezeugt etwas anderes.

In Deutschland lebende AusländerInnen sorgen für ein erhebliches Plus in den Sozialkassen

Welche Notsituationen es auch sind, die Menschen dazu bewegen, ihre Heimat zu verlassen, eines ist doch wesentlich: Sie alle tun es nicht freiwillig. Für ihren Neustart hier brauchen sie Akzeptanz und Hilfe.  

Jüngste Studien belegen leider, dass mit steigenden Flüchtlingszahlen weltweit auch die Fremdenfeindlichkeit und Ablehnung in Deutschland steigt. Viele Deutsche haben immer noch eine widersprüchliche Haltung zur Zuwanderung. Knapp zwei Drittel der BürgerInnen sind der Auffassung, Zuwanderung führe zu zusätzlichen Belastungen in den sozialen Sicherungssystemen, zu Konflikten mit Einheimischen und zu Problemen in den Schulen. Diese Haltung ist falsch!

Eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung besagt: Die 6,6 Millionen Menschen ohne deutschen Pass sorgten 2012 für einen Überschuss von insgesamt 22 Milliarden Euro. Jede AusländerIn zahlt demnach pro Jahr durchschnittlich 3.300 Euro mehr Steuern und Sozialabgaben als er/sie an staatlichen Leistungen erhält. Das Plus pro Kopf ist in den vergangenen zehn Jahren um über die Hälfte gestiegen. Für einen weiteren Anstieg sind bessere Bildungspolitik und gesteuerte Zuwanderung die wichtigsten Voraussetzungen.

Ich meine: Um Wohlstand für alle in Deutschland lebenden Menschen zu generieren, sollten wir aufhören, Ängste zu schüren, müssen aufhören, die Attraktivität Deutschlands als Einwanderungsland zu überschätzen. Dieser Haltung liegt eine volkswirtschaftlich schädliche Grundannahme zu Grunde. Unterschätzt wird zeitgleich, wie wichtig eine Willkommenskultur ist.

Flüchtlinge belasten die Sozialkassen nicht

Auch das oft althergebrachte Argument Flüchtlinge belasteten die Sozialkassen entspricht nicht der Realität. Was ein Flüchtling vom Staat bekommt, ist im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Das Bundesverfassungsgericht erklärte einige der Regelungen 2012 für verfassungswidrig: Es sah das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht gewährleistet. Die Menschenwürde sei migrationspolitisch nicht zu relativieren, hieß es in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Erst 2014 wurden die Leistungen deshalb angehoben.

Flüchtlinge brauchen ein zu Hause - Asyl ist ein Menschenrecht

Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg befinden sich nach aktuellen Statistiken des UNHCR im Moment mehr als 50 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Davon kommen nur die wenigsten nach Europa - von den aus Syrien Geflüchteten suchen nur 4% in Europa Zuflucht. Die fünf größten Aufnahmeländer von Flüchtlingen aus Syrien sind immer noch der Libanon, die Türkei, Jordanien, der Irak und Ägypten.

Betrachtet Mensch das Verhältnis der AsylbewerberInnenzahlen zu der jeweiligen EinwohnerInnenzahl und setzt diese dann in Relation zur Größe der Bevölkerung im europäischen Vergleich, so zeigt sich, dass Schweden, die Schweiz, Belgien und Österreich aktuell die Liste der europäischen Staaten mit der größten Zahl an AsylbewerberInnen anführen. Große Mitgliedstaaten wie Deutschland liegen weit zurück. Es stimmt leider auch nicht, dass Deutschland mehr für Geflüchtete tue als andere EU-Staaten: Fakt ist, dass Deutschland im Jahr 2014 mehr als jeden dritten Asylantrag aufgrund des sogenannten Dublin-Verfahrens abgelehnt hat. Weil Deutschland von sogenannten sicheren Drittstaaten umgeben ist, kann es viele Flüchtlinge ohne weitere Prüfung dorthin zurückschicken - völlig unabhängig davon, ob ein Asylgrund vorliegt oder nicht. Fakt ist auch, dass Deutschland sehr viel weniger AsylbewerberInnen aus anderen EU-Ländern aufgrund der Drittstaatenregelung aufnehmen musste.

Europa braucht eine faire Einwanderungspolitik

Europa braucht eine einheitliche und faire Einwanderungspolitik. Europa ist bei vorhandenem politischem Willen in der Lage, mit der Einwanderung verbundene Probleme zu bewältigen. Wir brauchen in Europa ein System mit dem die Geflüchteten nach fairen Schlüsseln auf die einzelnen Länder verteilt werden. Dabei sollten neben der Bevölkerungsgröße auch Wirtschaftskraft, Fläche oder Arbeitslosenquote berücksichtigt werden.